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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 11 in der NFL

Justin Fields
© getty
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5. Der Rebuild der Bears: Das spannendste Projekt in der NFL?

Komplette Transparenz: Ich bin ein großer Fan von Rebuilds.

Rebuilds sind einer der spannendsten Prozesse in der NFL in meinen Augen, weil wir über mehrere Jahre einen echten, ehrlichen Einblick in die Strategie eines Regimes bekommen.

Was sie wertschätzen, was sie priorisieren, wie sie Football offensiv wie defensiv denken, und wie sie diese Denkweise an die aktuellen Trends in der NFL anpassen - schlicht und ergreifend deshalb, weil Rebuilds unweigerlich mit dem Ansammeln von Ressourcen einhergehen, und Teams sind nie so ehrlich mit uns, wie mit den Entscheidungen, die sie mit ihren Kader-Ressourcen treffen.

Wie mit so vielen Dingen in der NFL gibt es auch hier verschiedene Wege, die zum Erfolg führen können.

Fokussiert man sich auf den Pass-Rush, um auf diese Art und Weise den gesamten Floor des eigenen Teams anzuheben? Welche Art Wide Receiver werden bevorzugt, wenn man seine Receiver-Gruppe komplett neu zusammenstellt? Sind es mehr die Yards-after-Catch-Waffen, wie das, was die Jets sich aufgebaut haben? Oder doch eher die Big-Body-Receivertypen, die in Green Bay hoch im Kurs stehen?

Und dann ist selbstredend eine Frage immer entscheidend, und kann jeden noch so gut durchgeführten Rebuild ad absurdum führen, wenn sie nicht, respektive falsch, beantwortet wird: Wie löst man die Quarterback-Position?

Der Rebuild der Bears als Outlier

Hier können Rebuilds in sehr unterschiedliche Richtungen gehen. Die Lions kommen in ihrem Rebuild jetzt an diese Weichenstellung, an der sie den Quarterback finden müssen - andernfalls wird das Dan-Campbell-Regime in einem Jahr stark angezählt sein. Die Giants müssen diese Frage perspektivisch beantworten, die Falcons ebenso.

Hier kommen die Bears ins Spiel, gewissermaßen als Outlier in dieser Diskussion. Und das waren sie bereits vor dieser Saison, ich habe oft genug darüber geschrieben und gesprochen: Ein Team, das vielleicht seinen Quarterback der Zukunft hat, vor dessen zweiter Saison und seiner ersten echten als Starter aber mit neuem Coaching Staff einen drastischen Rebuild einleitet.

Das ist ein Drahtseilakt, der in der Frühphase der Saison Desaster-Potenzial andeutete. Und ich will hier nicht sitzen und sagen, dass Fields jetzt plötzlich der sichere Franchise-Quarterback der Zukunft ist, nachdem man vor vier Wochen noch legitim darüber sprechen musste, ob er noch eine Chance hat, das Ruder herumzureißen.

Aber was ich klar sagen würde, ist das: Fields hat über die letzten Wochen genug gezeigt, dass es sich lohnt, um ihn herum zu investieren und zu schauen, wie weit er individuell kommen kann, wenn die Umstände drastisch verbessert werden.

Die Bears haben ihre Offense radikal umgestellt, um sie mehr um Fields' Athletik aufzubauen. In gewisser Weise ist das auch ein Eingeständnis dahingehend, dass Fields als Passer noch nicht so weit ist, und das würde ich ganz klar so unterschreiben.

Aber es ist auch Teil einer ehrlichen Selbstevaluierung, dass man, auch um Fields' Entwicklung zu unterstützen, ihm mehr Qualität zur Seite stellen muss. Fields ist elektrisierend als Runner, aber 18 Runs wie im Spiel gegen Atlanta? Das ist nicht nachhaltig umsetzbar. Fields kassierte vier Sacks sowie dementsprechend zweistellige Tackles, und er ist jetzt an der Schulter angeschlagen. Chicago muss sich offensiv weiterentwickeln, Fields muss sich als Passer weiterentwickeln.

Was machen die Bears mit ihren Ressourcen?

Hier kommt der Rebuild-Aspekt wieder mehr in den Fokus, und es ist einfacher, Quervergleiche zu finden. Denn wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, was für einen Effekt es hatte, wenn ein junger Quarterback einen Elite-Receiver zur Seite gestellt bekommen hat - für die Offense, aber auch für die Entwicklung des Quarterbacks selbst.

Josh Allen bekam Stefon Diggs, Kyler Murray bekam DeAndre Hopkins, Joe Burrow bekam Ja'Marr Chase, Jalen Hurts bekam A.J. Brown, Tua Tagovailoa bekam Tyreek Hill - und keiner dieser Moves passierte im ersten Jahr des Quarterbacks.

Auch passierte keiner dieser Moves via Free Agency, womit es gleich ans Eingemachte geht: Die Chase-Burrow-Situation war durch die Dynamik aufeinanderfolgender Drafts in gewisser Weise einzigartig; all die anderen aufgeführten Receiver-Wechsel kamen via Trade.

Die Bears werden massiv Cap Space haben, signifikant mehr als jedes andere Team. Aber man muss sich realistisch fragen, welche Qualität auf den Markt kommt - und ob es nicht lohnenswerter sein kann, einen vielleicht woanders unzufriedenen Receiver via Trade loszueisen, und den Cap Space in einen neuen Vertrag zu investieren?

Cap Space 2023 - Die Top 5 Stand jetzt

TeamPrognostizierter Cap Space
1. Chicago Bears116,4 Mio. Dollar
2. Atlanta Falcons68,1 Mio. Dollar
3. New England Patriots53,9 Mio. Dollar
4. New York Giants53,5 Mio. Dollar
5. Seattle Seahawks46 Mio. Dollar

Zahlen via Spotrac

Wer das sein könnte? Vielleicht geben die Bengals Tee Higgins ab, mit den Verträgen von Burrow und Chase am Horizont? Gehen die Bucs in den kompletten Rebuild und traden Mike Evans? Brandin Cooks dürfte erneut ein Trade-Kandidat sein, und dann gibt es vielleicht wieder Kandidaten, die man jetzt noch gar nicht auf dem Zettel hat.

Das sind Details für einen späteren Zeitpunkt, was ich hier spannend finde, ist, dass es eine Blaupause gibt, die in der Vergangenheit erfolgreich war, und die Chicago ebenfalls anpeilen kann. Beziehungsweise, ich würde es noch stärker formulieren: Anpeilen sollte.

Die Bengals als Vorbild für Chicago?

Natürlich kann man zwei Franchises sowie deren Situationen nie komplett miteinander vergleichen. Die Eagles und Bills waren jeweils in ihrer Kaderentwicklung schon signifikant weiter, als sie ihrem jeweiligen Quarterbacks einen echten Nummer-1-Receiver zur Seite gestellt haben.

Die Cardinals hatten, trotz einer desolaten 2018er Saison mit dem Nummer-1-Overall-Pick am Ende, nie so richtig einen strukturierten Umbruch eingeleitet, die Dolphins hatten zumindest eine starke Defense, ehe sie innerhalb einer Offseason offensiv so richtig aufrüsteten.

Vielleicht sind die Bengals am ehesten eine sinnvolle Parallele. Cincinnati durchlief einen klaren Neustart, trennte sich von langjährigen Säulen wie Andy Dalton, A.J. Green, Geno Atkins und Carlos Dunlap. Und auch die Bengals mussten sich in mehreren Mannschaftsteilen neu aufstellen.

Die Bengals nutzten ihren hohen Zweitrunden-Pick 2020, nachdem sie Joe Burrow ausgewählt hatten, für Tee Higgins; ein Jahr später drafteten sie Ja'Marr Chase mit dem Nummer-5-Overall-Pick. Die darauf folgende Offseason nutzten sie, um die Offensive Line generalzuüberholen, während die Defense schrittweise mit soliden Veterans via Free Agency verstärkt wurde.

Wenn man den Vergleich zu den Bengals noch etwas enger knüpft, ist auch klar, dass die Timeline nicht ganz passt - weil Cincinnati Burrow im ersten Jahr direkt zum Starter machte und ab Jahr 1 um ihn herum in die Offense investierte, waren die Bengals vor dem dritten Jahr in ihrem Roster Building natürlich weiter, als es die Bears nach dieser Saison sein werden. Das war immer Teil der Kalkulation mit Chicagos Rebuild, ein Jahr nachdem man Fields gedraftet hatte. Ein Rebuild, für den Fields nichts konnte, und den er auch nicht verhindern konnte.

Nochmal: Eine klare Blaupause gibt es nicht, weil jede Situation einzigartig ist. Aber wenn ich aktuell auf den Bears-Kader schaue - könnten Darnell Mooney und Chase Claypool das Äquivalent zu Cincinnatis Tee Higgins und Tyler Boyd sein? Wächst die Offensive Line gerade zusammen? Was könnte ein echter Nummer-1-Receiver, kombiniert mit weiteren Draft-Investments in die Offensive Line für Fields' Entwicklung bewirken?

Der entscheidende Takeaway von dem, was Fields über die letzten Wochen gezeigt hat, ist der, dass es jetzt an der Zeit ist, genau das herauszufinden.