Basketball - Denis Wucherer im Interview: "Bruce Willis stand noch, während ich halb unter der Theke lag"

Von Thomas Lehmitz-Artmann
Denis Wucherer ist derzeit Experte bei Magenta Sport.
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Sie sind Experte bei MagentaSport. Bei der Euroleague-Serie Bayern gegen Barcelona (3-2 für Barcelona) ist die litauische Legende Sarunas Jasikevicius sehr hart und lautstark mit seinen Spielern umgegangen.

Wucherer: Ich habe mir die verschiedensten Arten von Coaching genau angeschaut. Manche Trainer fordern ihre Spieler körperlich und manche auf mentaler Ebene. Oft ist es schwerer, die mentale Herausforderung zu meistern. Rund um die Uhr den Schuldigen zu suchen und pausenlos wie unter Strom die Spieler zu kritisieren.

Wie bei Jasikevicius.

Wucherer: Bei Jasikevicius ist mir aufgefallen, dass das zu viel ist. Die Frage muss gestellt werden, ob dieser Stil die Spieler nicht mental satt und aufgebraucht werden lässt. Bei jedem Fehler wird ausgewechselt und in den Senkel gestellt wird. Jeder in der Halle weiß, dass du gerade den Fehler gemacht hast. Dann ist es gerade spät in der Saison schwer, noch einmal alles aus seinem Körper herauszuholen, wenn der Kopf das einfach nicht will. Ich finde, das ist ein falscher Stil, weil die Spieler selber genau wissen, wenn sie einen Fehler gemacht haben. Irgendwo passiert immer ein Fehler.

Trotzdem hat Barcelona den FC Bayern besiegt.

Wucherer: In Spiel fünf hatte ich dann den Eindruck, dass er nicht mehr so häufig gewechselt hat und seine gut bezahlten Spieler einfach machen ließ. Das hat sich dann ausgezahlt.

Hatten Sie als Spieler auch mal diese mentale Herausforderung?

Wucherer: Bei Ettore Messina in Treviso. Es war für mich zwar ein kurze Zeit, aber ich habe mich so auf einen der größten Trainer Europas gefreut. Aber er hat die Spieler mental extrem herausgefordert. Wir hatten Angst, Fehler zu machen. Selbst im Training. Als wir dann gegen Mailand verloren haben, kam es mir so vor, als ob alle froh waren, dass die Saison und die mentale Belastung endlich vorbei war. Die Erleichterung war größer als die Enttäuschung.

Lernt man daraus?

Wucherer: Ich reflektiere immer auch meine eigene Arbeit. Letzte Saison habe ich festgestellt, dass ich ein Fan vom Alba-Berlin-Spiel bin. Nicht nur der Basketball, sondern auch das Coaching von der Seite. Ruhig und besonnen mit Grundvertrauen in die Spieler. Aber auch die Art von Jasikevicius oder Bayern-Trainer Andrea Trinchieri hat Vorteile. Vielleicht braucht mein eigener Stil ein bisschen mehr davon.

Sarunas Jasikevicius ist für seine oft lautstarke Art des Coachings bekannt.
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Sarunas Jasikevicius ist für seine oft lautstarke Art des Coachings bekannt.

Wucherer: "Alba war in allen Belangen besser"

Der Coaching-Stil in der NBA wirkt ruhiger als der europäische.

Wucherer: Absolut. Bei 82 Spielen und dem ständigen Reisen, wenn du dich da so aufführen würdest, wie ein Jasikevicius oder Trinchieri oftmals, dann wäre der Job schnell vorbei. Gesundheitlich würde man das nicht durchstehen. Der Druck auf europäischen Coaches ist nicht ohne, das würde in der NBA nicht gehen. Verbale Aussetzer wie von Obradovic gegen Gigi Datome und diese Art, das passt nicht nach Amerika.

Ist das nicht auch Show?

Wucherer: Vielleicht manchmal eine eigene Agenda. Nach dem Motto: Es ist nicht meine Schuld. Wenn der Spieler getan hätte, was ich gesagt habe, hätten wir gewonnen.

Alba führt momentan im BBL-Finale mit 2-0 gegen den FC Bayern. Ist die Serie nach Spiel 3 schon vorbei?

Wucherer: Es deutet vieles darauf hin. Bayern war zeitweise einfach deutlich unterlegen und Berlin war die bessere Mannschaft in allen Belangen. In der Offensive mit schneller Entscheidungsfindung und flüssigem Spiel sowieso.

Und Defensiv?

Wucherer: Die Verteidigung von Alba findet nicht genug Beachtung. Es gab kaum gute Abschlüsse für die Münchner. Trotzdem traue ich den Bayern eine Reaktion zu. Zwar bin ich Fan vom Alba-Spiel, aber der Schachmeister Trinchieri kann mit seiner Mismatch-Jagd auch erfolgreich sein.

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