FC Bayern: Yann Sommer als Ersatz für Manuel Neuer? Der mögliche Transfer aus drei Perspektiven

Von Maximilian Lotz
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Yann Sommer gilt bei der Suche nach einem Ersatz für den verletzten Manuel Neuer weiterhin als Wunschkandidat, doch der Poker zwischen dem FC Bayern München und Borussia Mönchengladbach gestaltet sich schwierig. Was würde ein möglicher Sommer-Deal bedeuten? Die Causa Sommer aus drei Perspektiven.

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Nach 45 nahezu beschäftigungslosen Minuten im Testspiel gegen Arminia Bielefeld räumte Yann Sommer seinen Platz im Tor. Es war sein erster Auftritt im Gladbacher Trikot seit die Spekulationen um einen Wechsel zum FC Bayern München nach der Verletzung von Manuel Neuer in der Winterpause Fahrt aufgenommen haben.

Und Stand jetzt war es noch nicht Sommers letzter Einsatz für die Borussia. Denn der Poker um Sommer gestaltet sich schwierig, ein Deal ist trotz des öffentlichen Machtworts von Gladbachs Sport-Geschäftsführer Roland Virkus noch nicht vom Tisch.

Aber was würde der mögliche Transfer für die Bayern, Gladbach und Sommer selbst bedeuten? SPOX beleuchtet die drei Perspektiven.

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Yann Sommer zum FC Bayern? Gladbach pokert

Virkus hatte einem Sommer-Wechsel zu den Bayern eigentlich öffentlich einen Riegel vorgeschoben. "Wir werden Yann Sommer nicht abgeben. Das haben wir den Bayern auch so mitgeteilt", sagte Virkus der Rheinischen Post. Doch dieses Machtwort bröckelte anschließend immer mehr und könnte ein Teil des Pokers gewesen sein.

Die Bild berichtete, dass die Absage in einem anschließenden Telefonat zwischen beiden Klubs nicht so endgültig geklungen habe. Es ist am Ende alles eine Frage der Ablöse für den Schweizer, dessen Vertrag in Gladbach zum Saisonende ausläuft. Einem jüngsten Bericht der Bild zufolge könnten die Fohlen schon ab einer Summe von sechs Millionen Euro schwach werden, sofern damit ein Nachfolger finanziert werden kann.

Das Problem: Für Gladbachs Wunschkandidat Jonas Omlin ruft dessen Klub HSC Montpellier acht Millionen Euro Ablöse auf. Ursprünglich soll Gladbach acht bis zehn Millionen Euro für Sommer gefordert haben. Doch die Träume von diesem satten Geldregen dürften die Bayern wohl kaum erfüllen, die Schmerzgrenze des Rekordmeisters soll bei 4,5 Millionen Euro liegen. Eine Annäherung im höheren einstelligen Millionenbereich wäre für die Fohlen aber immer noch ein guter Deal, zumal Sommers Vertrag nur noch bis Saisonende läuft.

Rein sportlich würde ein Abgang Sommers eine große Lücke in Gladbachs Team reißen. Seit acht Jahren steht der Schweizer bei den Fohlen zwischen den Pfosten. Und aus Gladbacher Sicht hätten noch weitere Jahre dazukommen sollen. Gerne hätte die Borussia den Vertrag verlängert. Laut Blick soll dem 34-Jährigen seit längerem ein neues Angebot mit einer Laufzeit bis 2026 vorliegen.

In dem 21-jährigen Jan Olschowsky, der in der Hinrunde sein Bundesliga-Debüt feierte, haben die Fohlen zudem noch einen potenziellen Sommer-Erben im eigenen Stall. Dass die Gladbacher allerdings im Sommer-Poker einen möglichen Bayern-Wechsel so eng mit der eigenen Suche nach einem neuen Keeper verknüpfen, zeigt jedoch auch, dass ihnen das Risiko, nur mit dem unerfahrenen Olschowsky und Routinier Tobias Sippel (34) in die restliche Saison zu gehen, doch zu groß ist.

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Yann Sommer als Neuer-Ersatz? Bayerns Gratwanderung

Aus Sicht der Bayern passt Sommer ins Anforderungsprofil eines (kurzfristigen) Ersatzmanns für Neuer. Er kennt die Bundesliga bestens, bestritt seit seinem Wechsel 2014 vom FC Basel zu Borussia Mönchengladbach 335 Pflichtspiele für die Fohlen, sammelte dazu in der Champions League Erfahrung (34 Spiele).

Vor allem im anstehenden Achtelfinalkracher gegen Paris Saint-Germain dürften die Bayern auf Sommers Reaktionsschnelligkeit auf der Linie hoffen. Über fußballerische Fähigkeiten verfügt er ebenfalls, aktuell liegt seine Passquote in der Bundesliga bei 81 Prozent, an Neuers 87 Prozent kommt er allerdings nicht ganz heran.

Mit seinen 34 Jahren ist Sommer nicht unbedingt ein Mann für die langfristige Zukunft, dennoch sollen die Münchner den Schweizer mit einem Vertrag bis 2025 ausstatten wollen. Neuer, der am 27. März 37 Jahre alt wird, ist aktuell bis 2024 gebunden.

Aber im Moment ist noch nicht abzuschätzen, in welcher Verfassung Neuer nach seinem Unterschenkelbruch wieder zurückkehrt und ob er noch das Weltklasseniveau früherer Tage erreichen kann - auch wenn er als Kämpfer bekannt ist. Laut kicker soll Neuer mit den Physios einen detaillierten Reha-Plan erstellt haben - mit dem klaren Ziel, zur Saison 2023/24 sein Comeback zu feiern. Als Nummer eins, versteht sich.

Die Suche nach einem kurzfristigen Ersatz ist aus Bayern-Sicht daher auch eine Gratwanderung mit Blick auf die komplizierte Keeper-Konstellation in naher Zukunft. So oder so könnten nach dieser Spielzeit die Karten neu gemischt werden, schließlich endet dann auch die Leihe von Alexander Nübel, dessen vorzeitige Rückkehr aus Monaco bis zuletzt auch als Option diskutiert wurde.

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Mit Sommer dürften für den Moment die Rollen klar verteilt sein. Als Neuer-Ersatz ginge er zunächst als neue Nummer eins bei den Bayern in die restliche Saison, in der es in allen drei Wettbewerben aus Sicht der Münchner noch möglichst lange um Titel gehen sollte.

Bisher war im Falle eines Neuer-Ausfalls Sven Ulreich gefragt, auch in dieser Saison. Der 34-Jährige vertrat Neuer zuletzt nach dessen Schulterverletzung im Herbst in sieben Pflichtspielen. Noch vor der WM wurde sein zum Saisonende auslaufender Vertrag bis 2024 verlängert - ein Vertrauensbeweis seitens der Münchner, der nun allerdings durch das Interesse an Sommer wieder aufgeweicht wurde.

"Ich vertraue Ulle, das habe ich schon betont", bekräftigte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann zwar zum Abschluss des Trainingslagers in Doha nochmals - schob aber auch hinterher: "Generell haben wir trotzdem die Pflicht, noch einen Torwart zu holen. Unabhängig davon, ob er die Nummer eins ist oder die Nummer zwei." Die Youngster Johannes Schenk (19) und Tom Ritzy Hülsmann (18), der jetzt im Trainingslager dabei war, sind aktuell noch keine Kandidaten für höhere Aufgaben.

Wie sich die Bayern zur neuen Saison auf der Torhüterposition aufstellen, ist aktuell noch Zukunftsmusik und zudem abhängig von verschiedenen Faktoren. Stand jetzt kehrt Nübel im Sommer von seiner Leihe aus Monaco zurück. Doch schon im Zuge der diskutierten vorzeitigen Rückholaktion hat Nübel klargemacht, dass ihm die Perspektive wichtig ist. Sich bei den Bayern nur als Nummer zwei auf die Bank zu setzen, kommt für Nübel jedenfalls nicht infrage.

In Yann Sommer würde zusätzliche Konkurrenz um den Platz im Bayern-Tor dazugekommen. Lothar Matthäus geht jedenfalls davon aus, dass sich Sommer seiner Rolle bewusst ist. "Die Bayern haben einen klasse Keeper, der zudem im Sommer, wenn Neuer zurückkehrt, kein Theater macht. Für alle Parteien erscheint mir das ein sehr guter Transfer zu sein", schrieb Matthäus kürzlich in seiner Sky-Kolumne.

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Yann Sommer zum FC Bayern? Später Karrieresprung nicht ohne Risiko

Gemessen an seiner Körpergröße ist Yann Sommer die kleine Lösung. Für die Bayern war das bei der Suche nach einem Ersatz für Neuer aber offenbar kein K.o.-Kriterium. "Muss jeder Torwart 1,90 Meter groß sein? Yann Sommer ist ja mit seinen 1,83 jetzt nicht der Allergrößte. Und das kann man kompensieren als Torhüter mit einer exzellenten Sprungkraft", sagte Bayerns Vorstandsboss Oliver Kahn zum Saisonstart in einer Sky-Dokumentation.

Im Tor wächst der Schweizer regelmäßig über sich hinaus - zuletzt beim Gastspiel seiner Gladbacher in München, als Sommer mit 19 abgewehrten Torschüssen einen Bundesliga-Rekord aufstellte. Diese Bestmarke dürfte im Trikot der Bayern wohl eher nicht fallen, schließlich steht die Abwehr des Rekordmeisters in der Bundesliga in der Regel nicht derart unter Dauerbeschuss.

Dennoch bietet sich für Sommer mit dem möglichen Schritt nach München die Chance auf einen späten Karrieresprung. Bei den Bayern hätte Sommer, der mit dem FC Basel viermal Schweizer Meister und zweimal Pokalsieger wurde, die Aussicht, seine Trophäensammlung noch etwas auszubauen. Dazu müsste er sich aber auch auf höchstem Niveau beweisen. Doch der Reiz und die Motivation sind offenbar hoch, intern soll Sommer laut Sky seinen Wechselwunsch bereits Anfang des Jahres hinterlegt haben, als die Gerüchte um ein Bayern-Interesse konkreter wurden.

Sommers Fähigkeiten sind unbestritten und weckten auch schon anderweitig Begehrlichkeiten. Im vergangenen Jahr buhlte Manchester United intensiv um die Dienste des Schweizer Schlussmanns. Sommer entschied sich aber für einen Verbleib in Gladbach - auch um seinen Stammplatz in der Schweizer Nationalmannschaft so kurz vor der WM in Katar nicht zu gefährden.

Im Hinblick auf die EM 2024 könnte der Konkurrenzkampf mit BVB-Keeper Gregor Kobel um die Nummer eins im Kasten der Nati noch weiter zunehmen. Zwar könnte Sommer mit einem starken Halbjahr nun bei den Bayern punkten, doch wenn Neuer zum Saisonstart dann wieder fit ist, bliebe Sommer wohl nur die Bank, was seinen Status in der Nationalmannschaft gefährden könnte.

Auch ein erneuter Wechsel könnte für Sommer nach einem halben Jahr in München durchaus wieder ein Thema werden. Der Blick mutmaßte bereits, dass das Interesse von Manchester United wieder aufflammen könnte, da hinter dem Verbleib von David de Gea weiterhin ein Fragezeichen steht. Dann könnte auch für die Bayern wieder eine Ablöse herausspringen - aber das ist erst ein Thema für den kommenden Sommer.

Steckbrief Yann Sommer
Geburtstag:17. Dezember 1988
Geburtsort:Morges
Nationalität:Schweiz
Größe:1,83 Meter
Position:Torwart
Starker Fuß:rechts
Vereine:FC Concordia Basel, FC Basel, FC Vaduz, Grasshopper-Club Zürich, Borussia Mönchengladbach

 

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