NFL

Buffalo Bills vor den Wochen der Wahrheit: Contender oder Pretender?

Von Jan Dafeld
Josh Allen spielt bislang eine überraschend solide Saison.
© getty

Die Buffalo Bills zählen mit einer Bilanz von 9-3 sowie drei Siegen aus den letzten drei Spielen aktuell zu den heißesten Teams der NFL. Auch Quarterback Josh Allen überzeugt mehr und mehr. Doch zählt das Team wirklich schon zu den besten Teams der AFC? Die nächsten Spiele werden zeigen, was tatsächlich in Buffalo steckt. Das Spiel der Bills gegen die Baltimore Ravens könnt ihr am Sonntag ab 19 Uhr live auf DAZN sehen.

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Als die Bills im September mit drei Siegen aus den ersten drei Spielen in die Saison starteten, zeigte sich kaum jemand allzu beeindruckt von den Leistungen des Teams. Buffalo hatte gegen drei der schlechtesten Teams der NFL gewonnen, hieß es, die New York Jets und die Cincinnati Bengals waren obendrein nur haarscharf bezwungen worden.

Nach ihrem 26:15-Erfolg über die Dallas Cowboys befinden sich die Bills Anfang Dezember allerdings inmitten ihrer zweiten über drei Spiele andauernden Siegesserie der Saison - und die Wahrnehmung des Teams beginnt sich mehr und mehr zu verändern.

Buffalo gehört ohne Frage zu den positiven Überraschungen der Saison. Die vergangenen drei Siege wurden allesamt mit mindestens elf Punkten Vorsprung eingefahren, ihre Saison-Vorhersage der Buchmacher von sieben Siegen haben die Bills bereits einen Monat vor Saisonende locker übertroffen.

Buffalo Bills: Offense zuletzt merklich verbessert

Neben der ohnehin stark besetzten Defense überzeugt über die letzten Wochen zudem auch mehr und mehr die Offense. Während ihrer Siegesserie erzielten die Bills im Schnitt mehr als 27 Punkte pro Match. "Unser Ansatz ändert sich von Woche zu Woche", erklärt Offensive Coordinator Brian Daboll den eigenen Erfolg. "Wir schauen uns an, was gegnerische Teams gerne tun, schauen auf uns selbst und unser Personal und, was wir damit erreichen können."

Über die vergangenen Wochen waren die Schlüsse dieser Herangehensweise vor allem in zwei Aspekten zu erkennen: Die Bills spielten mehr in 11-Personnel und deutlich mehr No-Huddle-Offense: In den vergangenen drei Spielen warf Quarterback Josh Allen 38 No-Huddle-Pässe für 265 Passing Yards, drei Touchdowns sowie 89 Rushing Yards und einen Rushing Touchdown. Kein anderer Signal Caller kommt über den gleichen Zeitraum auch nur annähernd auf diese Zahlen.

Dieser No-Huddle-Plan unterstreicht Dabolls Woche-für-Woche-Ansatz: Laut Matthew Fairburn von The Athletic waren die Broncos vor dem Spiel gegen die Bills das zweitschlechteste Team der NFL gegen No-Huddle, die Cowboys waren das siebtschlechteste. Eine Schwäche, die der 44-Jährige sich zu Nutzen machte. Auch die Ravens, der nächste Gegner der Bills, sind ein unterdurchschnittliches Team gegen No-Huddle, Buffalo dürfte also noch mindestens eine weitere Woche an seiner neu gefundenen Philosophie festhalten.

"Wir haben sehr viel mehr schnelle und No-Huddle-Sachen gemacht", bestätigt auch Tight End Dawson Knox. "Das fordert Defenses. Sie können nicht gut wechseln, müssen länger auf dem Feld bleiben und werden so schneller müde, als sie es gewohnt sind."

Neben der eindrucksvollen Arbeit von Daboll fußt ein Großteil der Verbesserung der Bills-Offense jedoch auch schlicht und ergreifend auf einem erhöhten Talent-Level der Unit: Center Mitch Morse, der in der Offseason als Free Agent verpflichtet wurde, hat die Offensive Line stabilisiert, mit John Brown (Free Agent), Cole Beasley (Free Agent) und Dawson Knox (Rookie) stießen zudem Buffalos drei führende Receiver im Sommer allesamtneu zum Team.

Buffalo Bills: Josh Allen mehr als ein unterdurchschnittlicher Quarterback?

Allerdings: Trotz der zuletzt fraglos gemachten Fortschritte in der Offensive sollte man im Staat von New York noch nicht zu sehr in Euphorie verfallen. Über die gesamte Saison betrachtet rangiert Buffalos Offense gemäß DVOA nach wie vor nur im Mittelfeld der Liga. Auch Allen, der über die vergangenen sieben Spiele elf Touchdowns bei nur einer Interceptions geworfen hat, ist fast allen Advanced Statistics zufolge in dieser Saison ein eher unterdurchschnittlicher Quarterback.

Der 23-Jährige bleibt ein gefährlicher Runner und hat im Underneath-Passing-Game beeindruckende Fortschritte gemacht. Alles darüber hinaus lässt jedoch noch zu wünschen übrig: Allen bringt weniger als 28 Prozent seiner tiefen Pässe (mehr als 20 Air Yards) an den Mann und ist laut Pro Football Focus in diesem Bereich der schlechteste Quarterback der NFL.

Allen nimmt das, was ihm Dabolls Scheme bietet, meist gut mit, viel mehr leistet er darüber hinaus allerdings auch (noch) nicht. Das ist bei einem jungen Quarterback absolut vertretbar und auch erwartbar, gegen stärkere Gegner könnte sich diese Eindimensionalität in dieser Saison aber noch zu einem Problem entwickeln.

Buffalo Bills: Schweres Restprogramm vor der Brust

Träumereien vom Division-Sieg scheinen daher trotz der eindrucksvollen Bilanz von neun Siegen und nur drei Niederlagen noch zu früh zu kommen. Um die Patriots tatsächlich noch zu entthronen, müssten die Bills ihre verbliebenen vier Spiele (inklusive des direkten Aufeinandertreffens mit Tom Brady und Co.) allesamt gewinnen und New England obendrein noch ein weiteres Spiel verlieren, da der entscheidende Tiebreaker (Bilanz gegen die direkte Konkurrenz) in jedem Fall an die Patriots gehen wird.

Die Frage, ob Buffalo tatsächlich so gut ist, wie es seine Bilanz vermuten lassen könnte, bleibt nach wie vor im Raum. Mit den Tennessee Titans (damals noch ohne Ryan Tannehill) haben die Bills bislang erst einen Sieg gegen ein Team mit einem Winning Record einfahren können, mit den Cleveland Browns und den Philadelphia Eagles kamen zwei der eigenen Niederlagen zudem gegen Teams mit einer negativen Bilanz zustande.

Die anstehenden Spiele haben es nun in sich: Vor dem Division-Duell mit den Patriots in Woche 16 treffen die Bills am kommenden Sonntag mit den Ravens auf das derzeit heißeste und gefährlichste Team der NFL, anschließend geht es für Allen und Co. in Pittsburgh gegen eine zumindest sehr unangenehme Defense.

Sind die Bills also doch nur ein leicht verbessertes Team, das von einem sehr angenehmen Spielplan profitierten konnte? Oder kann Buffalo tatsächlich zum Favoritenkreis in der NFL gezählt werden? Die kommenden drei Wochen sollten (endlich) eine Antwort auf diese Fragen liefern.

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