Novak Djokovic vor den Australian Open: Fragen und Antworten zum Einreise-Chaos

Von Thomas Weber
Novak Djokovic Mitte November bei den ATP Finals in Turin.
© getty

Novak Djokovics Einreise nach Australien wird mehr und mehr zum Chaos. Wie ist der aktuelle Stand? Und wie geht es weiter? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Warum hat das Gericht pro Djokovic entschieden?

Das Gericht hatte mehrere Gründe, die Visumsentscheidung aufzuheben. Wichtig anzumerken ist allerdings, dass der von Richter Anthony Kelly vorgelesenen Entscheidung eine Zustimmung zur Aufhebung sowohl von Djokovic als auch von Regierungsseite vorausging.

Hauptgrund dafür, dass die Regierung zustimmte, war, dass Djokovic bei seiner ursprünglichen Festsetzung am Flughafen eine Frist bis 8.30 Uhr Ortszeit eingeräumt wurde, auf die Annullierung seines Visums zu reagieren, die endgültige Entscheidung seitens der Behörden allerdings bereits um 7.42 Uhr fiel. "Dem Antragsteller wurde die Chance entzogen, sich bis 8.30 Uhr zu äußern", sagte Richter Anthony Kelly dazu.

Dieses Eingeständnis der australischen Regierung führte dazu, dass Djokovics Visumsentzug rückgängig gemacht wurde und er somit einreisen durfte. Allerdings kann die Regierung dennoch weiter gegen Djokovic vorgehen (siehe unten). Sollte Djokovic ausgewiesen werden, könnte er dagegen aber erneut Einspruch erheben. "Wenn man so will, ist der Einsatz nicht gesunken, sondern gestiegen", erklärte Richter Kelly.

Übrigens wurde mit der Entscheidung auch der Visums-Entzug der bereits abgereisten tschechischen Spielerin Renata Voracova rückgängig gemacht.

Djokovic: Was hat es mit der Corona-Erkrankung auf sich?

Für Richter Kelly gab es offenbar einen weiteren Grund, die Visumsentscheidung aufzuheben: die Korrektheit von Djokovics Ausnahmegenehmigung. So gab der Richter an, dass Djokovic Beweise für eine medizinische Ausnahmegenehmigung von einem "Professor und einem äußerst qualifizierten Arzt" vorgelegt habe. Auch ein von der Regierung Victorias unabhängiges Expertengremium habe ihn bestätigt. "Was mehr hätte dieser Mann noch tun können?", fragte Kelly rhetorisch.

Hintergrund dürfte ein positiver PCR-Test von Djokovic im Dezember sein. Laut Gerichtsprotokollen, aus denen der Guardian zitiert, gab der Serbe an, am 16. Dezember vom positiven Ergebnis erfahren zu haben. Bereits sechs Tage später sei ein erneuter PCR-Test negativ ausgefallen, gab Djokovic zudem vor Gericht an. Vom positiven Test gibt es Bilder auf Twitter, nach denen das Ergebnis um 20.19 Uhr bestätigt wurde.

Was daran für Irritationen sorgt: Ebenfalls in den sozialen Medien kursieren Bilder und Meldungen von Aktivitäten Djokovics am 17. und 18 Dezember. Unter anderem posierte die Nummer eins der Herrentenniswelt offenbar kurz nach seinem positiven Befund bei einer Präsentation ohne Maske mit Kindern und gab zudem L'Equipe ein Interview.

Diese Fotos könnte die australische Regierung bei einer Argumentation für einen eventuellen erneuten Visumsentzug natürlich für sich nutzen.

Außerdem ist Djokovic, der im Juni 2020 schon einmal an Corona erkrankt war, nicht geimpft. Das gab Djokovic bereits an der Grenze zu. Das geht aus einem vom Guardian zitierten Transkript vom Gespräch Djokovics mit den Grenzbehörden hervor.

Daraus geht auch hervor, warum er eine Ausnahmegenehmigung bekam. Die Anzahl der in seinem Blut vorhandenen Antikörper sei entscheidend gewesen. "Ich schickte die Blutanalyse für meine Antikörper ein und hatte eine ausreichende Menge, und mir wurde die Einreise nach Australien gewährt, und ich erhielt die Unterlagen, die meine medizinische Befreiung und die Reiseerklärung von der Bundesregierung unterstützten", zitiert der Guardian Djokovic.

Djokovic siegt vor Gericht: Wie geht es jetzt weiter?

Weiterhin steht ein Visumsentzug im Raum, weil Einwanderungsminister Alexander Hawke das Recht hat, dies Kraft seines Amtes durchzusetzen. Dass Hawke davon Gebrauch machen könnte, hatte die Regierung bereits im Gerichtsverfahren angedeutet.

Bestätigt wurde das am Montag durch einen Sprecher des Einwanderungsministers: "Nach der heutigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs [...] liegt es im Ermessen von Einwanderungsminister Hawke, die Annullierung des Visums von Herrn Djokovic im Rahmen seiner persönlichen Annullierungsbefugnis gemäß Abschnitt 133C(3) des Migrationsgesetzes zu erwägen. Der Minister prüft die Angelegenheit derzeit und das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen", zitiert der Guardian aus dem Statement.

Sollte Hawke in der Tat von seinem Recht Gebrauch machen und Djokovic ausweisen, dürfte dieser eigentlich für drei Jahre nicht mehr einreisen, allerdings muss diese Klausel bei einem Entzug des Visums nicht angewendet werden.

Mit einer Entscheidung ist nicht vor Mittwoch zu rechnen, eine Deadline für Hawkes Entscheidung gibt es nicht. Dennoch dürfte die Regierung in Down Under an einem schnellen Ende dieser jetzt schon zum PR-Chaos ausgewachsenen Geschichte interessiert sein.