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WM - Die denkwürdigsten Spiele der Geschichte der Weltmeisterschaft: Vom Maracanazo zum Mineirazo

Von Mark Doyle
Die Geschichte der WM hat einige denkwürdige Spiele zu bieten.
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Einige WM-Spiele sind nach wie vor für ihre sportliche Qualität oder besondere Gesten der Fairness in Erinnerung, während andere als Synonym für Kontroversen und legendäre Foulspiele gelten. Eine Auswahl der denkwürdigsten Begegnung bei Weltmeisterschaften findet Ihr hier.

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Wenn die Weltmeisterschaft eines garantiert, dann ist es Drama!

Das Turnier sorgt immer für Spannung, was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass es sich um den Höhepunkt eines Fußballerlebens handelt. Es steht nie so viel auf dem Spiel wie bei einer Weltmeisterschaft.

Einige Spiele stechen jedoch nochmals hervor, was nicht immer nur am hochklassigen Sport liegt, sondern auch an den Begleitumständen. Und manchmal sogar an beidem. Ein Streifzug durch die WM-Geschichte.

In der 79. Minute ließ Ghiggia seinen Gegenspieler Bigode stehen und traf zum Sieg für Uruguay.
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Brasilien - Uruguay 1950: Endstand 1:2 (entscheidendes Gruppenspiel)

Der legendäre brasilianische Dramatiker Nelson Rodrigues sagte einmal: "Überall gibt es eine unheilbare nationale Katastrophe, so etwas wie ein Hiroshima. Unsere Katastrophe, unser Hiroshima, war die Niederlage gegen Uruguay im Jahr 1950."

Eine sicherlich überspitzte Aussage, die jedoch einen Einblick in die Auswirkungen des "Maracanazo" (sinngemäß "Schock von Maracanã") auf die nationale Psyche gibt.

Die Brasilianer waren äußerst zuversichtlich, dass die Seleção die Weltmeisterschaft im eigenen Land gewinnen würde. Eine Zeitung erklärte die Seleção am Morgen des Spiels gegen Uruguay zum "Weltmeister", da die Celeste Brasilien nur mit einem Sieg im letzten Spiel der Mini-Liga, mit der die Weltmeisterschaft 1950 endete, noch überholen konnte.

Brasilien, das Uruguay im Jahr zuvor bei der Copa América mit 5:1 besiegt hatte, reichte ein Unentschieden, um zum ersten Mal den Pokal zu gewinnen, und ging durch Friaca in der 47. Minute in Führung.

Juan Alberto Schiaffino glich jedoch Mitte der zweiten Halbzeit aus, bevor Alcides Ghiggia mit dem berüchtigtsten Tor der brasilianischen Fußballgeschichte den Weltmeistertitel für Uruguay holte.

An diesem Tag waren etwa 220.000 Menschen im Maracanã-Stadion, doch nach dem Schlusspfiff waren nur die Jubelschreie der Sieger zu hören. Die ganze brasilianische Nation befand sich in einem Schockzustand. Mindestens zwei Menschen im Stadion nahmen sich das Leben und im ganzen Land gab es eine Reihe von Selbstmordmeldungen.

Die Seleção fing praktisch von vorne an und änderte sogar die Farbe ihrer Trikots in die berühmte Kombination aus gelbem Hemd und blauen Hosen, die wir heute kennen. Der Schmerz über den "Maracanazo" ging jedoch nie ganz weg. Einige Spieler haben sich nie davon erholt.

Augusto, Juvenal, Bigode und Chico spielten nie wieder für die Nationalmannschaft, während der brasilianische Torhüter Moacir Barbosa zum Sündenbock für die Niederlage gemacht wurde, da er nach Ansicht der Presse den entscheidenden Treffer von Ghiggia hätte verhindern müssen. Zizinho machte die ständige Kritik der Medien und die anhaltende Besessenheit von Maracanazo sogar dafür verantwortlich, dass sein Mannschaftskamerad 50 Jahre später an einem Herzinfarkt starb.

"Rahn müsste schießen!" - der Rest ist Geschichte.
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Ungarn - Bundesrepublik Deutschland 1954: Endstand 2:3 (Finale)

Das Wankdorfstadion sollte am 4. Juli 1954 Schauplatz einer Krönung sein. Stattdessen wurde es zum Schauplatz des "Wunders von Bern".

Ungarn war als haushoher Favorit in das Endspiel der Weltmeisterschaft gegangen. Die "Mighty Magyars" galten als die beste Fußballmannschaft, die der Sport je gesehen hatte. Sie waren der amtierende Olympiasieger und seit 32 Spielen ungeschlagen. Außerdem hatten sie ihren Finalgegner, die Bundesrepublik Deutschland, in der Gruppenphase mit einem 8:3-Sieg, bei dem Sandor Kocsis vier Treffer erzielte, regelrecht überrollt.

Als man in Bern durch den verletzten Ferenc Puskas und Zoltan Czibor bereits nach acht Minuten mit 2:0 in Führung ging, schien sich ein weiterer klarer Erfolg anzubahnen. Doch Mitte der ersten Halbzeit glich Westdeutschland durch Max Morlock und Helmut Rahn aus.

Die Außenseiter schienen den Regen zu genießen, der über Bern niederging - "Fritz-Walter-Wetter", wie es wegen der Vorliebe des deutschen Kapitäns für nasse Spiele genannt wurde - und sorgten mit einem zweiten Rahn-Tor sechs Minuten vor Schluss für die Sensation.

Das Spiel war jedoch sehr umstritten, denn Ungarn behauptete, dass dem zweiten deutschen Tor ein Foul vorausgegangen und dass der Ausgleichstreffer von Puskas zu Unrecht wegen Abseits nicht anerkannt worden sei.

Es gab auch spätere, unbestätigte Behauptungen, dass den deutschen Spielern mit oder ohne ihr Wissen leistungssteigernde Substanzen verabreicht worden seien (obwohl es damals noch keine Dopingbestimmungen gab).

Andere behaupteten, die Sieger hätten lediglich davon profitiert, dass sie revolutionäre neue adidas-Schuhe mit Schraubstollen trugen, die sich an verschiedene Spielböden anpassen ließen.

Wie dem auch sei, die deutschen Spieler wurden als Helden gefeiert und dafür gelobt, dass sie das Vertrauen einer Nation wiederhergestellt hatten, die noch immer mit den Folgen des Zweiten Weltkriegs zu kämpfen hatte. Es wurde sogar ein Film über das "Wunder von Bern" gedreht.

In Ungarn hingegen wurde behauptet, dass der Schock und die Wut über die Niederlage die Saat für die Unzufriedenheit mit dem damaligen kommunistischen Regime gelegt habe, die schließlich zum Aufstand von 1956 führte.

Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass das Finale der Fußballweltmeisterschaft 1954 eines der dramatischsten und einflussreichsten Spiele aller Zeiten war.

Als "Schlacht von Santiago" ging die Partie zwischen Chile und Italien in die WM-Geschichte ein.
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Chile - Italien 1962: Endstand 2:0 (Gruppenspiel)

David Coleman bezeichnete die Begegnung zwischen Chile und Italien bei der Weltmeisterschaft 1962 als "die dümmste, entsetzlichste, ekelhafteste und schändlichste Darbietung von Fußball, die es in der Geschichte des Spiels je gegeben hat".

Dem konnte man nur schwerlich widersprechen. Bei dem Spiel in Santiago gab es nur zwei Rote Karten - beide für Italien -, aber die Polizei musste viermal eingreifen, um den Frieden zu wahren.

Das böse Blut begann schon vor dem Spiel, als zwei italienische Journalisten mit ihrer Beschreibung Chiles als Land der "Unterernährung, des Analphabetismus, des Alkoholismus und der Armut" für Aufruhr im Gastgeberland sorgten.

Ihre chilenischen Kollegen konterten mit der Behauptung, die Italiener seien Faschisten, Gangster und Kiffer. Dass das Gruppenspiel also einen gewissen Reiz haben würde, war früh klar. Was dann aber folgte, war wirklich schockierend.

Das erste Foul wurde bereits nach zwölf Sekunden begangen und Giorgio Ferrini wurde nach nur acht Minuten des Feldes verwiesen. Er wehrte sich jedoch vehement gegen diese Entscheidung und musste von der Polizei vom Platz begleitet werden.

Kurz vor der Pause sah Mario David die Rote Karte und wieder einmal war die Hölle los: Leonel Sanchez brach Humberto Maschio mit einem der zahlreichen Schläge die Nase, die er während des folgenden Handgemenges erhielt.

Chile gewann das Spiel zwar durch späte Tore von Jaime Ramirez und Jorge Toro, aber das waren nur Fußnoten in dem, was als "Schlacht von Santiago" bekannt wurde.

War der Ball drin oder nicht? Bis heute führt diese Frage zu hitzigen Diskussionen.
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England - Bundesrepublik Deutschland 1966: Endstand 4:2 n.V. (Finale)

Für England-Fans ist Kenneth Wolstenholmes Kommentar zu den letzten Sekunden der Weltmeisterschaft 1966 längst zur Fußball-Folklore geworden. "Und da kommt Hurst. Er hat... einige Leute sind auf dem Spielfeld, sie denken, es ist alles vorbei! Jetzt ist es das!"

Geoff Hursts fulminanter Abschluss beim berühmten 4:2-Sieg gegen die Bundesrepublik Deutschland war aus mehreren Gründen historisch. Erstens hatte noch nie ein Spieler einen Hattrick in einem WM-Finale erzielt, und dieses Kunststück ist bis heute unerreicht. Zweitens wurde England zum ersten - und bisher einzigen - Mal in der Geschichte des Landes Weltmeister.

Für die meisten Neutralen war der denkwürdigste Moment des Spiels jedoch nicht Hursts drittes Tor, sondern sein zweites.

Beim Spielstand von 2:2 gab Hurst einen Schuss ab, der an die Latte prallte. Der Ball prallte zurück auf den Rasen, bevor er geklärt werden konnte. Schiedsrichter Gottfried Dienst war sich nicht sicher, ob der Ball die Linie überquert hatte, und wandte sich an Linienrichter Tofiq Bahramov, der ihn anwies, das Tor zu geben.

Diese Entscheidung ist bis heute eine der umstrittensten im Fußball, denn sie entschied das Endspiel zugunsten Englands (die Deutschen drängten auf den Ausgleich, als Hurst in den letzten Sekunden erneut traf).

Die englischen Fans werden sagen, dass Bahramov den Ball klar vor Augen hatte, als er die Linie überquerte, und dass die Reaktion von Roger Hunt bezeichnend war, denn der Stürmer hob sofort die Hände, um das "Tor" zu feiern, anstatt zu versuchen, den Abpraller zu verwerten.

Einige Wissenschaftler sind jedoch anderer Meinung. In einem Jahrzehnte später an der Universität Oxford durchgeführten Experiment wurde behauptet, die Videotechnik habe gezeigt, dass "nur" 97 Prozent des Balls die Linie überquert hätten.

Wie sehr müssen sich die Deutschen wünschen, sie hätten 1966 den VAR gehabt...

Nach dem 1:0-Sieg der Brasilianer tauschten Pelé und Bobby Moore ihre Trikots.
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Brasilien - England 1970: Endstand 1:0

Es bleibt eines der schönsten Bilder der WM-Geschichte: Pelé und Bobby Moore tauschen am Ende eines gigantischen Spiels ihre Trikots. Der Inbegriff des Sportsgeistes. Brasilien hatte sich an diesem Tag durchgesetzt, denn Pelé lieferte den Assist für Jairzinho und entschied damit ein Gruppenspiel, das bei sengender Hitze in Guadalajara stattfand.

Die meiste Zeit wurde das Seleção-Duo jedoch von einem perfekt getimten Tackling nach dem anderen von Moore frustriert. Und dann war da noch das Nicht-Tor des Jahrhunderts. Als Jairzinho eine perfekte Flanke schlug, gab es nie einen Zweifel daran, wer am Ende der Flanke stehen würde. Pelé war zwar nicht sehr groß, aber er konnte springen wie ein Lachs und überwand Alan Mullery, um den Ball ins Tor zu köpfen... Zumindest dachte er das.

Laut Mullery hatte Pelé sogar "Gol!" gebrüllt, als der Ball vom Boden abprallte und ins Netz ging. Doch der englische Torwart Gordon Banks bekam den Ball nicht nur zu fassen, er schaffte es sogar, ihn über die Latte zu lenken.

Selbst Pelé war beeindruckt. "Ich konnte nicht glauben, was ich gesehen hatte", gab er später zu. "Aber ich bin froh, dass er meinen Kopfball gerettet hat, denn diese Aktion war der Beginn einer Freundschaft zwischen uns, die ich immer schätzen werde." Und genau so war es auch mit Moore, mit dem Pelé später zusammenspielte.

Brasilien-England 1970 war vielleicht nicht das spannendste Spiel der WM-Geschichte, aber es bleibt eines der berühmtesten, denn an diesem Tag in Mexiko herrschte auf dem Spielfeld ein Respekt, der aus Gegnern Freunde machte und die beiden Mannschaften unzertrennlich verband.

Karl-Heinz Schnellinger schoss das WM-Halbfinale 1970 in die Verlängerung, doch am Ende jubelte Italien.
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Italien - Bundesrepublik Deutschland 1970: Endstand 4:3 n.V. (Halbfinale)

Lange Zeit sah es so aus, als würde das Spiel des Jahrhunderts ein Paradebeispiel für Catenaccio werden. Italien war im WM-Halbfinale 1970 in Mexiko-Stadt gegen Westdeutschland in der achten Minute in Führung gegangen und hatte diese in typischer Manier verteidigt. Doch dann geschah etwas Seltsames.

Wenige Sekunden vor Schluss wurde die italienische Abwehr, angeführt vom legendären Giacinto Facchetti, durchbrochen, und zwar nicht von irgendjemandem. Es war der Innenverteidiger der AC Mailand, Karl-Heinz Schnellinger, der mit seinem einzigen Länderspieltor das Spiel in die Verlängerung schickte. "Ausgerechnet Schnellinger!", schrie der deutsche Kommentator Ernst Huberty.

Was dann folgte, war die wohl dramatischste halbe Stunde Fußball, die eine Weltmeisterschaft je gesehen hat. In der Verlängerung fielen fünf Tore, da alle taktischen Spielpläne über den Haufen geworfen wurden und beide Mannschaften aufgrund der brütenden Hitze stark ermüdet waren.

Gerd Müller brachte die Deutschen in Führung, die sie nach Toren von Tarcisio Burgnich und Gigi Riva wieder ausgleichen konnten.

Doch nur gut 60 Sekunden nach dem 3:3 durch Müller und noch während die Wiederholung des Ausgleichstreffers vom Bayern-Stürmer gezeigt wurde, erzielte der viel gescholtene Gianni Rivera, der sich während des gesamten Turniers mit Sandro Mazzola abwechselte, mit einem hübschen Seitfallzieher den Siegtreffer.

Die deutschen Spieler waren nach dem Schlusspfiff niedergeschlagen, vor allem Franz Beckenbauer, der seit der 65. Minute mit einem ausgekugelten Arm in einer Schlinge gespielt hatte. Die Bild schrieb hinterher dennoch: "Wir können unserer Mannschaft gratulieren, denn sie hat nicht verloren, auch wenn das Ergebnis etwas anderes aussagt."

Eine herausragende brasilianische Leistung krönte Carlos Alberto mit dem Treffer zum 4:1 im WM-Finale 1970.
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Brasilien - Italien 1970: Endstand 4:1 (Endspiel)

Man kann nicht umhin, ein gewisses Mitgefühl für die italienische Mannschaft bei der Weltmeisterschaft 1970 zu empfinden. Nur vier Tage nach dem Sieg über die Bundesrepublik Deutschland im "Spiel des Jahrhunderts" mussten sie gegen die größte internationale Mannschaft antreten, die der Fußball je gesehen hat.

Brasilien war eine wunderschöne und extravagante Mannschaft voller Superstars, allen voran Pelé, der zwölf Jahre nach seiner ersten Weltmeisterschaft eine dritte gewinnen wollte.

"Ich habe mir vor dem Spiel gesagt, dass er nur aus Haut und Knochen besteht, wie alle anderen auch", erzählte der italienische Nationalspieler Tarcisio Burgnich später. "Aber ich habe mich geirrt."

In der Tat, nur 18 Minuten nach Beginn des Spiels in Mexiko-Stadt brachte Rivellino den Ball in den Strafraum, und Pelé überwand Burgnich und erzielte mit einem wuchtigen Kopfball die Führung.

Italien gelang zwar der Ausgleich durch Roberto Boninsegna, der kurz vor der Pause eine Unachtsamkeit in der brasilianischen Abwehr ausnutzte, doch in der zweiten Halbzeit drehte die Seleção auf.

Gerson traf mit einem herrlichen Linksschuss aus der Distanz, Jairzinho verwertete einen Abschlag von Pelé und war damit der erste Spieler, der in jedem einzelnen Spiel einer Weltmeisterschaft ein Tor erzielte, bevor Carlos Alberto eines der schönsten Tore aller Zeiten markierte.

Brasiliens Auftritt im Azteken-Stadion beim 4:1-Sieg gilt bis heute als die vielleicht schönste Darbietung des "schönen Spiels" in der Fußballgeschichte.

Der Treffer von Gerd Müller bescherte der deutschen Mannschaft 1974 den WM-Titel.
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Bundesrepublik Deutschland - Niederlande 1974: 2:1 (Endspiel)

Der niederländische Mittelfeldspieler Johan Neeskens verwandelte im Finale der WM 1974 einen Elfmeter nach nur zwei Minuten. Der erste westdeutsche Spieler, der den Ball berührte, war Torwart Sepp Maier, der ihn aus dem Netz fischte.

Ein solches frühes Tor hätte ein Traumstart sein müssen, doch Johnny Rep bedauert immer noch, dass die Niederländer zuerst getroffen haben, und das so schnell. Warum? Weil die Spieler sofort mehr daran interessiert waren, "sich über die Deutschen lustig zu machen", als ein zweites Tor zu erzielen.

Willem van Hanegem gab später in seinem Buch "Brilliant Orange" sogar zu, dass der Zweite Weltkrieg eine Rolle bei seinem Wunsch gespielt hatte, den Gegner langsam in die Knie zu zwingen: "Es war mir egal, ob wir nur 1:0 gewannen, solange wir sie nur demütigten."

Johan Cruyff und Co. hatten die Welt mit ihrer Art des "totalen Fußballs" in ihren Bann gezogen, aber sie sollten für ihre Hybris (oder, je nachdem, mit wem man spricht, für ihren Durst nach einer Art symbolischer Rache auf dem Fußballplatz) bestraft werden.

Mitte der ersten Halbzeit bekamen die Deutschen einen Elfmeter zugesprochen, der von Paul Breitner verwandelt wurde, Kurz vor der Pause gingen sie in Führung, die sie nicht mehr abgaben, als Gerd Müller sich drehte und ins untere Eck schoss.

Es war das 68. und letzte Tor in der unglaublichen Karriere von Gerd Müller, der 62 Länderspiele bestritten hat, nachdem er und einige seiner Mannschaftskameraden in einen Streit mit dem Deutschen Fußball-Bund verwickelt waren, der darin gipfelte, dass die Spieler sich weigerten, an einem feierlichen Abendessen nach dem Finale teilzunehmen.

Doch mit seinem Siegtreffer, bei dem Müller seine Fähigkeiten im Strafraum wunderbar zur Geltung brachte, wurde Deutschland nur zwei Jahre nach dem Gewinn des Europameistertitels Weltmeister. Für die Niederlande war es die schmerzlichste aller Niederlagen. "Es war unsere Schuld", gestand Rep später.

Paolo Rossi traf beim spektakulären Sieg gegen Brasilien dreimal.
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Italien - Brasilien 1982: Endstand 3:2 (zweite Gruppenphase)

Paolo Rossis Autobiografie trägt den Titel "Ich habe Brasilien zum Weinen gebracht", und das ist wahr. Obwohl es wahrscheinlich ist, dass viele Neutrale auch eine Träne vergossen haben, als Italien die Seleção bei der Weltmeisterschaft 1982 aus dem Turnier warf, was Zico "den Tag, an dem der Fußball starb" nannte.

Brasilien war mit einer der talentiertesten und offensivsten Mannschaften aller Zeiten nach Spanien gereist und sie wurden ihrem Ruf gerecht: Sie gewannen ihre ersten vier Spiele in zwei Gruppenphasen und schossen dabei 13 Tore, während sie nur drei kassierten. Sie waren der Traum eines jeden Puristen.

In Barcelona trafen sie jedoch auf einen inspirierten Rossi. Brasilien brauchte nur ein Unentschieden, um aufgrund der besseren Tordifferenz ins Halbfinale einzuziehen, und reagierte zweimal auf die Tore von Rossi, durch Socrates und Falcao.

Als Rossi seinen Hattrick vollendete, hatten die Südamerikaner jedoch keine Antwort mehr parat - den Ausgleichstreffer in letzter Sekunde vereitelte Dino Zoff.

Der 40-jährige Torhüter konnte den Pokal in die Höhe stemmen, während Rossi auch den Goldenen Schuh und den Goldenen Ball erhielt. Brasilien '82 reihte sich in die Liste der besten Mannschaften ein, die nie eine Weltmeisterschaft gewonnen haben, neben Ungarn '54 und den Niederlanden '74.

Wenige Augenblicke später kam es zu einer verhängnisvollen Kollision zwischen Toni Schumacher und Patrick Battiston.
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Bundesrepublik Deutschland - Frankreich 1982: 5:4 n.E. (Halbfinale)

Der Held eines der größten Spiele aller Zeiten war auch der Bösewicht. Harald Schumacher hielt zwei Elfmeter beim Sieg der Bundesrepublik Deutschland im Elfmeterschießen gegen Frankreich im Jahr 1982. Dabei hätte er gar nicht auf dem Platz stehen dürfen.

In der 60. Minute eines packenden Halbfinalspiels in Sevilla stürmte Schumacher von der Linie und brachte Patrick Battiston zu Fall, indem er sich in seinen Gegenspieler drehte und diesen schlicht und ergreifend umcheckte. Unglaublich, dass Schiedsrichter Charles Corver nicht einmal einen Elfmeter gab, geschweige denn die Rote Karte, die das Foul eindeutig verdient gehabt hätte.

Battiston hatte nicht nur zwei Zähne verloren, er war auch bewusstlos geworden und später ins Koma gefallen - durch die rohe Gewalt des Angriffs, der auch drei gebrochene Rippen und beschädigte Wirbel zur Folge hatte. Michel Platini gab später zu, dass er dachte, Battiston sei an diesem Abend auf dem Spielfeld gestorben.

Glücklicherweise erholte sich der Verteidiger vollständig und trug dazu bei, dass Frankreich nur zwei Jahre später seine erste große internationale Trophäe, die Europameisterschaft, gewinnen konnte.

Platini vertrat sogar die Ansicht, dass die Niederlage gegen Westdeutschland nach einer so beeindruckenden Leistung und dem Schock, Battiston auf der Trage vom Platz getragen zu sehen, der eigentliche Grund für den späteren Erfolg gewesen sei.

"Kein Film der Welt hätte so viele widersprüchliche Emotionen bieten können wie Sevilla '82", erklärte die Nummer 10 später. "Indem wir verloren haben, wurden wir zu einer großartigen Mannschaft."

Das 2:1 über England bei der WM 1986 ist das Spiel, mit dem Maradona für immer zeigt, wie nahe bei ihm Genie und Wahnsinn beieinanderliegen.
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Argentinien - England 1986: 2:1 (Viertelfinale)

Jorge Valdano hat inzwischen darauf hingewiesen, dass das Viertelfinalspiel Argentiniens gegen England bei der Weltmeisterschaft 1986 kein besonders gutes Spiel war, zumindest in der ersten Halbzeit. Dennoch erlangte es wegen eines Mannes mythischen Status: Diego Maradona.

Innerhalb von vier Minuten sorgte der Argentinier für zwei der denkwürdigsten Momente der Fußballgeschichte. Der erste war die "Hand Gottes", als die kleine Nummer 10 den englischen Torhüter Peter Shilton nach einem missglückten Klärungsversuch von Steve Hodge überwand, indem er den Ball mit der Hand ins Netz beförderte.

"Wir haben es alle gesehen", sagte der ehemalige englische Flügelspieler John Barnes gegenüber GOAL. "Wir alle auf der Bank - die Spieler, die Trainer, der Manager - wir alle haben es ganz deutlich gesehen. Wir wussten alle, dass er den Ball mit der Hand berührt hatte, und wir konnten einfach nicht glauben, dass der Schiedsrichter es nicht gesehen hatte."

Ali Bin Nasser hat immer behauptet, dass seine Sicht behindert war und dass er von seinem Kollegen Bogdan Dochev im Stich gelassen wurde, was er später Ole erzählte: "Ich hatte meine Zweifel, aber als ich sah, dass der Linienrichter in Richtung Mittelkreis lief, habe ich das Tor gegeben, weil ich verpflichtet war, die FIFA-Regeln zu befolgen [dass die Entscheidung des Offiziellen mit dem besseren Blickwinkel Vorrang haben sollte]."

Dann folgte ein Sololauf von solch überwältigender Qualität, dass er unübertroffen bleibt: Maradona nahm den Ball im Bereich der Mittellinie auf, übersprang einen Gegner nach dem anderen, umkurvte Shilton und schlenzte den Ball ins Tor.

Barnes kam von der Bank, um die geschockten Engländer wieder aufzurichten, und nach seiner Flanke verkürzte Gary Lineker mit einem schönen Kopfball. Doch Argentinien hielt dagegen und zog ins Halbfinale des Turniers ein, das es schließlich auch gewann.

Einige Spieler, darunter auch Shilton, sind immer noch verbittert über die "Hand Gottes" und behaupten, dass Maradona sein zweites Tor nicht erzielt hätte, wenn England nach dem ersten Treffer nicht so verblüfft gewesen wäre. Doch Barnes ist da anderer Meinung.

"Er war der beste Spieler der Welt", so die Liverpooler Legende gegenüber GOAL. "Er ist über die halbe Länge des Spielfelds gelaufen! In diesem Spiel ging es nur um Maradona."

Nach einem vermeintlichen Tritt gegen Simeone sah Beckham im Achtelfinale 1998 die Rote Karte.
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Argentinien - England 1998: Endstand 4:3 i.E. (Achtelfinale)

Für David Beckham war das Schlimmste an seiner berüchtigten Roten Karte gegen Argentinien in Frankreich 1998, dass er mit ansehen musste, wie einige seiner Mannschaftskameraden unter dem Druck des Elfmeterschießen zusammenbrachen.

"Da wurde mir erst richtig bewusst, was ich getan hatte", sagte er der Sun. "Ich habe mir immer wieder gedacht, dass ich einer der Elfmeterschützen gewesen wäre, wenn ich da draußen gewesen wäre. Der Rest der Mannschaft hat so viel ohne mich gemacht, und ich habe sie im Stich gelassen." Mit nur einem Tritt gegen Diego Simeone, der in Saint-Etienne am Boden lag.

In Wahrheit handelte es sich um eine leichte Berührung, aber wie Simeone hinterher zugab, ließ er sich keine Gelegenheit entgehen, einen Gegner des Feldes zu verweisen.

"Ich denke, jeder hätte diese Situation genauso ausgenutzt", sagte der Mittelfeldspieler dem Observer. "Manchmal wird man des Feldes verwiesen, manchmal auch nicht. Leider hat die englische Mannschaft in diesem Fall einen Spieler verloren."

Bemerkenswerterweise hätte die Mannschaft von Glenn Hoddle ein wahrhaft fesselndes Achtelfinalspiel fast ohne Beckham gewonnen. Und sie hätten es wohl auch tun müssen, denn Sol Campbell wurde 10 Minuten vor Ende der regulären Spielzeit ein Tor aberkannt, weil Alan Shearer den argentinischen Torhüter behindert haben soll.

Es war wirklich ein Spiel, das alles zu bieten hatte, einschließlich zweier Elfmeter innerhalb der ersten neun Minuten, die beide von den legendären Nummern 9 Gabriel Batistuta und Alan Shearer verwandelt wurden.

Der jugendliche Michael Owen stellte sich der Weltöffentlichkeit mit einem der größten Alleingänge der WM-Geschichte vor, als er die argentinische Abwehr durchbrach und mit der für einen so jungen Spieler unnachahmlichen Ruhe und Präzision abschloss. Javier Zanetti erzielte jedoch kurz vor der Pause nach einem genialen Spielzug den Ausgleich, bevor die zweite Halbzeit und das gesamte Spiel ganz im Zeichen Beckhams stand.

Der Star von Manchester United wurde von der englischen Presse und Öffentlichkeit verunglimpft. Ein aufgebrachter Landsmann hängte sogar ein Bildnis von Beckham vor einem Londoner Pub auf, während der Mirror eine spezielle Dartscheibe mit dem Gesicht des Mittelfeldspielers druckte.

Beckham bewies jedoch eine bemerkenswerte Entschlossenheit, indem er nicht nur die bitteren Rückschläge wegsteckte, sondern auch zum Nationalhelden wurde, indem er sein Land zur Weltmeisterschaft 2002 führte, nicht zuletzt dank seines legendären Freistoßes gegen Griechenland im letzten Qualifikationsspiel Englands.

Schiedsrichter Byron Moreno machte sich mit seinen Entscheidungen im WM-Achtelfinale 2002 keine Freunde in Italien.
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Südkorea - Italien 2002: Endstand 2:1 n.V. (Achtelfinale)

Das Treffen zwischen Südkorea und Italien hat etwas Außergewöhnliches bewirkt. Es hat zwei geteilte Nationen für kurze Zeit zusammengeführt.

Südkorea erhielt vor dem Achtelfinalspiel öffentliche Unterstützung von seinen nördlichen Nachbarn, während die Fans, die am 18. Juni 2002 nach Daejeon kamen, die Azzurri an eine ihrer demütigendsten WM-Niederlagen erinnerten.

"Again 1966" hieß es auf den Tribünen, eine Anspielung auf die Niederlage Italiens gegen Nordkorea im Goodison Park 38 Jahre zuvor. Unglaublich, dass die Taeguek Warriors diesen Schocksieg wiederholen konnten - und das unter sensationellen Umständen.

Südkorea verschoss zunächst einen Elfmeter durch Ahn Jung-hwan und kassierte dann den Führungstreffer durch Christian Vieri. Die pragmatische italienische Mannschaft von Giovanni Trapattoni wurde jedoch dafür bestraft, dass sie versuchte, das Spiel irgendwie zu Ende zu bringen, als Seol Ki-Hyeon fünf Minuten vor Schluss den Ausgleich erzielte.

Francesco Totti wurde daraufhin zum Ärger der Azzurri mit einer zweiten Gelben Karte wegen Simulierens des Feldes verwiesen, was für Unruhe sorgte. Ein Elfmeterschießen schien unvermeidlich, da sich die Italiener immer weiter in die Defensive zurückzogen, doch drei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit machte Jung-hwan seinen Fehler vom Elfmeterpunkt wieder gut, indem er eine Flanke im Zweikampf mit Paolo Maldini per Kopf zum Golden Goal verwandelte.

Tumulte brachen aus. Millionen von Koreanern strömten auf die Straßen, um die Überraschung zu feiern, während in Italien Aufruhr herrschte.

Schiedsrichter Byron Moreno wurde sofort zu einer der berüchtigtsten Figuren in der italienischen Fußballgeschichte, während der launische Präsident von Perugia, Luciano Gaucci, behauptete, dass Jung-hwan nie wieder für den Verein spielen würde, und der Gazzetta dello Sport mitteilte: "Ich habe nicht die Absicht, jemandem ein Gehalt zu zahlen, der den italienischen Fußball ruiniert hat".

Südkorea erreichte nach einem weiteren umstrittenen Sieg in der Runde der letzten Acht, diesmal gegen Spanien, das Halbfinale, während Jung-hwan nie wieder nach Perugia zurückkehren sollte.

Nicht, dass er jemals etwas bereut hätte. "Es gibt kein Gesetz, das besagt, dass ich gegen Italien kein Tor schießen darf", sagte er später gegenüber FIFA+. "Wenn ich zurückblicke, würde ich meine gesamte Karriere für dieses Tor eintauschen."

Der Treffer von Grosso versetzte Deutschland in einen Schockzustand.
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Deutschland - Italien 2006: Endstand 0:2 (Halbfinale)

Selten waren 118 Minuten torloser Fußball so fesselnd. Die Begegnung zwischen Deutschland und Italien in Dortmund 2006 hatte Spannung und Qualität. Alles, was es brauchte, um eines der größten Spiele der WM-Geschichte zu werden, war ein Moment der Magie. Italien hat zwei herbei gezaubert.

In Italien haben die Momente vor und nach dem Treffer von Fabio Grosso inzwischen Kultstatus. Zum einen hat Kommentator Fabio Caressa perfekt eingefangen, wie der Passgeber Andrea Pirlo am Rande des deutschen Strafraums in Ballbesitz kommt und wartet und wartet und wartet, bevor er sich entschließt, einen No-Look-Ball in den Lauf von Grosso zu spielen.

"Da ist Pirlo.... Pirlo... Pirlo... Immer noch Pirlo...."

Nachdem Grosso den Ball an Jens Lehmann vorbei ins deutsche Tor geschossen hat, bricht die Hölle los, denn Italiens ungeliebter Held schreit: "Ich kann es nicht glauben! Ich glaube es nicht! Ich kann es nicht glauben!"

Deutschland drängt in der Folge mit aller Macht auf den Ausgleich, doch der unvergleichliche Fabio Cannavaro köpft eine Flanke weg und stürmt dann aus dem italienischen Strafraum, um seinen eigenen Befreiungsschlag zu erobern und einen glorreichen Konter einzuleiten, an dessen Ende Alessandro Del Piero die Wiedergutmachung für seinen Fehlschuss im Finale der Euro 2020 gelingt.

Und Caressa? Er schreit seinen Co-Kommentator Beppe Bergomi an: "Wir fahren nach Berlin! Wir fahren nach Berlin! Wir fahren nach Berlin!"

Mit einem Handspiel auf der Torlinie verhalf Suarez Uruguay zum Halbfinaleinzug 2010.
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Uruguay - Ghana 2010: 4:2 i.E. (Viertelfinale)

"Die Hand Gottes gehört jetzt mir", erklärte Luis Suarez nach dem Viertelfinalsieg Uruguays gegen Ghana im Jahr 2010. "Ich habe die beste Parade des Turniers gemacht." Und wohl auch der umstrittenste in der Geschichte.

Suarez' Entscheidung, einen Kopfball von Dominic Adiyiah zu blocken, ist nach wie vor ein großes Diskussionsthema, und das nicht nur unter den Fans von Uruguay und Ghana.

Schließlich stand es in einer unglaublich spannenden Begegnung 1:1, nachdem Diego Forlan den spektakulären Führungstreffer von Sully Muntari mit einem abgefälschten Freistoß ausgeglichen hatte, und es waren nur noch wenige Sekunden bis zur Verlängerung.

Wäre Suarez nicht dazwischen gegangen, wäre Uruguay mit Sicherheit ausgeschieden. Stattdessen überlebten die Uruguayer und gewannen im Elfmeterschießen mit 4:2, wobei Fernando Muslera zwei Elfmeter parierte.

Suarez war jedoch der Held und der Bösewicht des Spiels. Er hatte unbestreitbar sein Land gerettet und sich selbst geopfert, damit Uruguay mit dem ultimativen Akt des Zynismus weiterkommen konnte. Doch damit hat er Ghana nicht nur um den Einzug ins Halbfinale gebracht, sondern auch um einen Platz in der Geschichte - als erste afrikanische Nation, die jemals die Runde der letzten Vier erreicht hat.

Ghanas Trainer Milovan Rajevac wetterte gegen die "Ungerechtigkeit" der Niederlage seiner Mannschaft und bezeichnete Suarez als "Betrüger", während sein uruguayischer Kollege Oscar Tabarez argumentierte, dass die Spielregeln eingehalten worden seien.

"Es gab ein Handspiel im Strafraum, es gab eine Rote Karte, und Suarez wurde aus dem Spiel genommen", so der Trainer. "Zu sagen, dass Ghana um das Spiel betrogen wurde, ist zu hart."

Die ghanaischen Fans werden dem nicht zustimmen, nicht zuletzt, weil ein völlig reueloser Suarez auf der Kamera zu sehen war, wie er feierte, nachdem Asamoah Gyan den fälligen Elfmeter an die Latte geknallt hatte.

Mit einem traumhaften Flugkopfball traf van Persie 2014 gegen Spanien.
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Spanien - Niederlande 2014: Endstand 1:5 (Gruppenspiel)

Arjen Robben stand wie alle anderen in Salvador unter Schock. "Wow! Einfach nur wow!", rief er aus. "Das war ein unglaubliches Tor. Wer würde schon versuchen, von dort aus ein Tor zu schießen?"

Das war eine gute Frage. Als Daley Blind kurz vor der Halbzeitpause des WM-Gruppenspiels 2014 der Niederlande gegen Spanien einen Ball in Richtung Robin van Persie schlug, erwarteten alle, dass der Stürmer versuchen würde, den Ball herunterzupflücken. Stattdessen warf sich van Persie in die Luft und schlug Iker Casillas mit dem wohl schönsten Flugkopfball aller Zeiten.

Es war nicht nur ein ästhetisch ansprechendes Tor, sondern auch von enormer Bedeutung. Spanien war zu diesem Zeitpunkt in Führung. Doch van Persies Ausgleichstreffer brachte La Roja ins Wanken und beflügelte die Niederländer, die sich in der zweiten Halbzeit austobten.

Van Persie traf erneut, Robben erzielte einen Doppelpack und Stefan de Vrij war ebenfalls erfolgreich, sodass die Niederlande ein wenig Revanche für die Finalniederlage gegen Spanien vier Jahre zuvor nehmen konnten.

Es wurde vermutet, dass wir gerade den Tod des "Tika-Taka" miterlebt hatten, des präzisen Passspiels, mit dem die Spanier drei große internationale Turniere in Folge gewonnen hatten, und so war es auch.

Vincente Del Bosques sichtlich verblüffte Mannschaft wurde gleich im nächsten Spiel von Chile geschlagen, was für den amtierenden Welt- und Europameister das Ausscheiden in der Gruppenphase bedeutete. Es war, wie die Schlagzeile der Marca am Tag nach der 0:2-Niederlage lautete, "das Ende".

Van Persies himmlischer Kopfball war der Auslöser für das sensationell frühe Aus.

Die Entrüstung bei den brasilianischen Fans war nach dem Debakel gegen Deutschland 2014 groß.
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Brasilien - Deutschland 2014: Endstand 1:7 (Halbfinale)

Mats Hummels verriet nach dem 7:1-Rekordspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Brasilien bei der WM 2014, dass sich die Spieler in der Halbzeitpause darauf geeinigt hatten, nicht zu protzen.

"Wir haben nur klar gemacht, dass jeder konzentriert bleiben muss", erklärte der Verteidiger, "und nicht versuchen darf, sie zu demütigen". Doch dafür war es viel, viel zu spät. Zur Pause lag Deutschland dank der Tore von Thomas Müller, Miroslav Klose - der damit zum besten Torschützen der WM-Geschichte avancierte -, Toni Kroos (zwei) und Sami Khedira bereits mit 5:0 in Führung.

Nach der Pause ließ die Mannschaft von Joachim Low zwar etwas nach, doch dank des Doppelpacks von André Schürrle war es dennoch der höchste Sieg in einem WM-Halbfinale. Für Brasilien war es die schwerste Heimniederlage aller Zeiten und die schwerste seit der Weltmeisterschaft 1950. Vom Maracanazo zum Mineirazo ...

Viele Fans verließen das Estadio Mineirao noch vor der Pause. Diejenigen, die geblieben sind, haben ihre Mannschaft in der Pause ausgepfiffen. In der zweiten Halbzeit bejubelten einige sogar die Tore der Deutschen.

Mehrere Fans warfen ihre Trikots entrüstet von sich, andere verbrannten ihre Trikots, während ein Mann auf bizarre Weise begann, an seiner Fahne zu knabbern.

"Von dem Moment an, als entschieden wurde, dass die Weltmeisterschaft in Brasilien ausgetragen wird, war klar, dass es eine enorme emotionale Belastung sein würde", erklärte der ehemalige Mittelfeldspieler Mauro Silva gegenüber GOAL. "Eine Weltmeisterschaft zu spielen ist überall schwierig, aber in Brasilien, mit all den Erwartungen der Fans, würde es noch schwieriger werden. Die Seleção hatte einen Blackout."

Chadli sorgte im WM-Achtelfinale 2018 nach 0:2-Rückstand noch für den Sieg gegen Belgien.
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Belgien - Japan 2018: Endstand 3:2 (Achtelfinale)

"Wir müssen Japan gratulieren", sagte Belgiens Trainer Roberto Martinez. "Sie haben ein perfektes Spiel gemacht." Und trotzdem haben sie verloren. Obwohl sie gut 20 Minuten vor Schluss mit 2:0 führten.

Tatsächlich sah es lange Zeit so aus, als ob Japan eine der großen WM-Sensationen landen würde, nachdem sie den hoch favorisierten belgischen Gegner kurz nach der Halbzeit mit zwei schnellen Toren durch Genki Haraguchi und Takashi Inui überrumpelt hatten.

Ein Kopfballtreffer von Jan Vertonghen, den Eiji Kawashima eigentlich hätte parieren müssen, entschied das Spiel.

Nur fünf Minuten später erzielte Marouane Fellaini nach einer Flanke von Eden Hazard den Ausgleich, bevor Nacer Chadli in der Schlussphase nach einem genialen belgischen Konter und einer schönen Vorlage von Romelu Lukaku den Siegtreffer erzielte.

Martinez lobte verständlicherweise die Entschlossenheit seiner Spieler, doch ein "am Boden zerstörter" Akira Nishino konnte sich nicht erklären, wie Japan die glorreiche Chance verpasst hatte, zum ersten Mal das Viertelfinale einer Weltmeisterschaft zu erreichen, und bezeichnete die Niederlage als "eine Tragödie".

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