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NBA - Dirk Nowitzki im Interview: "LeBron James fühlt sich nicht respektiert"

Von Frederik Harder
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© getty / Darren Carroll/NBAE
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Dirk Nowitzki über Luka Doncic: "War auch für mich überraschend"

Einer der Spieler, der in dieser Diskussion ebenfalls genannt werden muss, ist Luka Doncic, auch wenn es nur für die erste Playoff-Runde reichte. Sie haben ihn noch auf dem Feld erlebt. Wie haben Sie seine Entwicklung wahrgenommen?

Nowitzki: Vor seiner zweiten Saison dachte ich, dass es schwer für ihn sein wird, erneut auf einem solch hohen Level zu spielen, weil sich die Verteidigungen besser auf ihn einstellen und versuchen ihn abzustellen. Im ersten Jahr hatte er noch den Überraschungseffekt auf seiner Seite. Dass er es schafft, ein noch besseres Jahr hinzulegen, war auch für mich überraschend.

Was zeichnet sein Spiel besonders aus?

Nowitzki: Er ist beim Lesen des Spiels noch cleverer geworden. Wie er die Pick'n'Roll-Coverages schlägt, zum Korb zieht, seine Kraft und Größe einsetzt und auch in schwierigen Situationen nicht die Übersicht verliert, diese Konstanz mit 21 ist der absolute Wahnsinn! Für mich war es am Anfang immer das Schwierigste, Konstanz in mein Spiel zu bringen. Nach einem guten Spiel wirst du vom Coach und den Medien gelobt, freust dich total und bist auf einem emotionalen Hoch. Es war für mich schwer, zwei Tage später wieder eine gute Leistung zu zeigen. Die ganzen Lobeshymnen, die auf ihn einprasseln, steckt er ganz locker weg und arbeitet weiter hart. Das ist mehr als beeindruckend.

Würden Sie sich wünschen, die Uhr fünf Jahre zurückzudrehen, um mit Doncic länger zusammenspielen zu können?

Nowitzki: Da müssten wir die Uhr mehr als fünf Jahre zurückdrehen, eher zehn, dann hätten wir richtig Spaß zusammen. Ich hatte allerdings auch in meiner Karriere sehr viel Glück, habe mit Steve Nash und Jason Kidd zusammengespielt, zwei der besten Point Guards aller Zeiten, die immer für mich gespielt haben. Als Big Man brauchst du Leute, die dich in Szene setzen, Doncic oder James Harden brauchen das nicht. Trotzdem wäre das natürlich eine schöne Sache gewesen, aber immerhin konnten wir uns in diesem einen Jahr noch ein wenig kennenlernen.

Kommt es vor, dass Doncic oder auch Kristaps Porzingis Sie um Rat fragen?

Nowitzki: Wir texten gelegentlich, wenn es mal ein besonders gutes oder ein schlechtes Spiel gab, bei dem die Körpersprache nicht so gepasst hat. Dann frage ich nach: 'Wie geht's der Mannschaft? Was ist los?' Aber es ist natürlich schwer, seine Meinung abzugeben, wenn man nicht jeden Tag dabei ist. Wir sind vor der Corona-Pause viel gereist, sodass ich auch nicht alle Spiele gesehen habe. Aber ich habe Luka nach seinen Leistungen in der Bubble geschrieben, dass ich stolz auf ihn bin.

Dirk Nowitzki spielte in seiner letzten Saison an der Seite von Luka Doncic.
© getty
Dirk Nowitzki spielte in seiner letzten Saison an der Seite von Luka Doncic.

Dirk Nowitzki über Coaching: "Da lasse ich mir die Tür offen"

Wäre es in ein paar Jahren interessant, die Jungs zu coachen?

Nowitzki: Als mich Steve gefragt hat, ob ich Lust hätte, mit ihm als Coach zu den Brooklyn Nets zu gehen, hat es schon ein bisschen gekribbelt. Aber das Timing stimmte noch überhaupt nicht, ich bin erst eineinhalb Jahre raus und es macht gerade sehr viel Spaß mit meiner Familie und den Kids. Jetzt kam noch das Home-Schooling dazu und da bin ich sehr involviert. Wenn ich ein paar Jahre Abstand gewonnen habe, würde mich das schon interessieren. In welcher Funktion, ist ziemlich offen. Ich habe immer gesagt, dass ich eigentlich nicht die Mentalität eines Coaches habe, aber da lasse ich mir die Tür offen. Tim Duncan hat es dieses Jahr ja auch probiert als Assistant Coach.

Was fehlte den Mavericks dieses Jahr noch, um den nächsten Schritt zu machen? Wäre ein Spieler wie Marcus Smart sinnvoll, der die Verteidigung auf ein anderes Level heben könnte?

Nowitzki: Auf jeden Fall. Es fehlte ein tough guy, ein physischer Spieler auf dem Flügel, der alles verteidigen und hart anpacken kann, auch mal ein bisschen dreckig spielt und vorangeht. Auf den großen Positionen können sie auch noch ein oder zwei Verstärkungen gebrauchen. Porzingis war am Schluss verletzt, Maxi hat eine super Saison gespielt und sich durchgesetzt, Dwight Powell hat sich leider die Achillessehne gerissen. Da waren wir etwas dünn besetzt, auch wenn es Boban Marjanovic gut gemacht hat, wenn er eine Chance bekam. Ansonsten ist das eine gute, junge Truppe. Wenn sie sich weiter von Jahr zu Jahr verbessern, wird es in den nächsten zehn Jahren Spaß machen, ihnen zuzuschauen.

In den vergangenen Monaten standen auch viele Themen abseits des Feldes im Fokus. Sie waren während Ihrer Karriere in viele soziale Projekte wie NBA Cares involviert. Wie wichtig sind die Zeichen, die die NBA in den USA gegen Rassismus und für soziale Gerechtigkeit setzt und wie kommen diese an?

Nowitzki: Viele Sportligen haben sich klar positioniert, da gehört die NBA natürlich dazu und geht mit gutem Beispiel voran. Die Liga macht ihre Spieler mündig und ermutigt sie dazu, ihre Plattform zu nutzen für soziale Gerechtigkeit. Im Moment gibt es wichtigere Dinge als den Basketball, aber dennoch hat die NBA mit der Bubble eine gute Lösung gefunden. Es gab viele Zweifler und Kritiker, aber es wurde für die Sicherheit aller Beteiligten - ob Spieler, Familien oder Schiedsrichter - gesorgt. In einem schweren Klima haben sie das gut hinbekommen.

Dirk Nowitzki über das Leben nach der Karriere: "Komme gut zurecht"

Es war für alle eine schwere Saison, angefangen mit dem Tod von Kobe Bryant. Wie sind Sie, der sich in einer ähnlichen Phase nach dem Karriereende befand, damit umgegangen?

Nowitzki: Das war unglaublich tragisch, die gesamte Basketballgemeinde vermisst ihn. Es ist sehr schwer, damit umzugehen, da nicht nur er sein Leben verloren hat, sondern auch seine Tochter und weitere Familien. Ich denke sehr oft an ihn. Nach Tragödien reflektiert man sich selbst noch mehr und versucht Sachen bewusster wahrzunehmen. Das war auch bei mir der Fall. Durch Corona war die Zeit da, mehr mit der Familie zu machen und sich virtuell mit Freunden zu verknüpfen, die man jahrelang nicht gesehen hat.

Zum Abschluss: Wie hatten Sie sich Ihr erstes Jahr nach dem Karriereende vorgestellt und wie war es in der Realität?

Nowitzki: Ich komme gut damit zurecht, in Rente zu sein. Ich dachte, dass ich es ein bisschen mehr vermissen werde. Ich habe 21 Jahre alles gegeben, mental und physisch. Jeden Sommer habe ich mit Holger (Geschwindner, Anm. d. Red.) wochen- und monatelang trainiert. Ich war einfach reif für die Rente und habe mich auf die Zeit danach gefreut - auf die Familie, das Reisen auf der ganzen Welt, keine Rücksicht mehr auf das Essen nehmen zu müssen. Ich muss keine Diäten mehr machen und kann hier und da einen Wein genießen. Wenn tolle Spiele im Fernsehen laufen und Luka wie in Spiel 4 gegen die Clippers den Stepback-Dreier mit dem Buzzer reinhaut, dann denkt man schon: 'Dieses Gefühl wirst du nie mehr haben.' Aber im Endeffekt habe ich alles erlebt und war in der glücklichen Lage, so lange zu spielen. Ich habe versucht, Abstand zu gewinnen. Gebt mir noch ein oder zwei Jahre, dann werde ich es ein bisschen mehr vermissen.

Die Auszeichnungen von Dirk Nowitzki

AuszeichnungJahr
NBA Champion2011
NBA Finals MVP2011
NBA MVP2007
NBA All-Star14x (2002-2012, 2014, 2015, 2019)
All-NBA First Team4x (2005-2007, 2009)
All-NBA Second Team5x (2002, 2003, 2008, 2010, 2011)
All-NBA Third Team3x (2001, 2004, 2012)
NBA Three-Point Shootout Champion2006
NBA Teammate of the Year2017
FIBA World Cup MVP2002
FIBA World Cup Scoring Champion2002
FIBA EuroBasket MVP2005
FIBA EuroBasket Top Scorer3x (2001, 2005, 2007)
Europas Spieler des Jahres6x (2002-2006, 2011)
Silbernes Lorbeerblatt2011
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