NBA

Shooting-Star an der kurzen Leine

Von Adrian Fink
Klay Thompson befindet sich derzeit in Hochform
© getty

Vater Mychal ist sein Mentor, Steph Curry sein kongenialer Partner. Klay Thompson darf sich bereits Weltmeister nennen und ist auf dem besten Weg in die Shooting-Guard-Elite der Liga. Kürzlich haben ihn die Golden State Warriors mit einem Maximalvertrag ausgestattet - und Thompson ist dabei, sein hohes Gehalt auch zu rechtfertigen.

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14 Sekunden sind noch auf der Uhr. Die Warriors liegen mit 89:90 in Portland zurück. Stephen Currys Einwurf landet in den Händen von Andre Iguodala, der die Verantwortung an Klay Thompson in der Zone weitergibt. Trotz einiger Screens wird der Warrior Wes Matthews nicht richtig los. Deshalb entscheidet sich Thompson für einen Mix aus Floater und Fadeaway - und trifft. Big Play!

Als den Trail Blazers im Anschluss ein Turnover unterläuft, ist der dritte Sieg im dritten Spiel für die Warriors eingetütet und Steve Kerr mit seinem Schützling mehr als zufrieden: "Das macht Klay aus. Er ist nicht nur ein Jump-Shooter, sondern auch einer, der in die Zone kommen und dort seine Länge und Kraft nutzen kann, um solche Würfe loszuwerden."

Der Wurf steht sinnbildlich für die Entwicklung, die Thompson in seiner kurzen NBA-Karriere bereits genommen hat. Der 24-Jährige ist keineswegs nur ein reiner Shooter - vielmehr gehört er schon jetzt zu den komplettesten Shooting Guards der Liga.

MVP an der High School

Angefangen hat seine Erfolgsgeschichte in Kalifornien, wo er bereits in der High School zum MVP der Trinity League gewählt wurde. Danach führte ihn sein Weg an die Washington State University, wo er sich in seinen drei Spielzeiten mit 1.644 Punkten zum dritterfolgreichsten Scorer in der Geschichte der Universität wirft.

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"Meine schönste Erinnerung an die WSU ist meine Junior-Saison. Da haben wir Washington beherrscht", erinnert sich Thompson an seine Anfänge zurück, in der er zwei Mal in das First-Team aller Collegespieler gewählt wurde. Nach drei Jahren steht dann mit der NBA die nächste Station an - 2011 wählen ihn die Warriors an 11. Stelle im Draft aus.

Dabei sahen sie über einen Ausrutscher hinweg, der Thompson das letzte Regular-Season-Spiel seiner College-Karriere kostete: Kurz vor dem Saisonende stellte ein Polizist in seinem Auto 1,95 Gramm Marihuana sicher, der Shooting Guard wurde verhaftet und für das nächste Spiel suspendiert.

Der Vater als Mentor

Besonders Vater Mychal ging danach hart mit Klay ins Gericht: "Er soll die Mannschaft anführen und tut dann sowas Dummes. Ich habe ihm gesagt, dass er damit zeigt, wie verantwortungslos er ist. Er wird Leute um sich rum haben, die sowas tun, aber er muss denen klar machen, dass er das nicht braucht."

Mychal kann seinem Sohn solche Ratschläge aus erster Hand geben, weil er als zweimalige NBA-Champion (1987 und '88 mit den Lakers) weiß, wie es in der Liga abläuft. Auch wegen der professionellen Einstellung in der Familie vertrauten die Warriors wohl darauf, dass die Verhaftung Thompsons eine einmalige Sache war.

Alle drei Söhne Mychals sind im Profisport aktiv: Mychel brachte es 2011 für Cleveland auf ein paar Einsätze in der NBA, mittlerweile ist er bei den Santa Cruz Warriors in der D-League aktiv. Trayce, der jüngste im Bunde, gehört seit 2013 zum erweiterten Kader der Chicago White Sox in der MLB.

Vermeintlich an der kurzen Leine

Auch Klay hat von den Lektionen (und den Genen) seines Vaters profitiert: Auf dem Court half Mychal seinem Sohn, dessen Spiel zu perfektionieren und forderte zum Beispiel von Klay, mehr Drives in sein Spiel zu integrieren, um mindestens zwei Freiwürfe pro Viertel zu bekommen.

Kurzzeitig kursierte das Gerücht, dass sich der Einflüss des Vaters aber nicht nur auf den Basketball-Court bezieht. So werde sein Gehalt etwa gar nicht erst an Klay selbst, sondern auf das Konto seiner Eltern überwiesen, damit der Sohn nach der aktiven Karriere genug Kleingeld in der Tasche habe - und sich nicht mit unnötigem Luxus beschäftige.

Neben dem Geld für die Miete erhalte der 24-Jährige wöchentlich bloß ein Taschengeld von 300 Dollar. Als Klay vergangenes Jahr von der Liga eine Strafe über 35.000 Dollar auferlegt wurde, kürzte ihm der Vater sogar diese Summe: "Er wird es verstehen, wenn er diese Woche etwas weniger Geld bekommt", merkte der ehemalige NBA-Star süffisant an. Thompson dementierte allerdings, dass sein Vater über seine finanziellen Mittel haushalten könne. "Mein Vater macht gerne Scherze. Mehr ist aber nicht dahinter."

Neuer Vertrag - neuer Rekord

Ob sich Klay demnächst über eine Erhöhung des Taschengelds freuen darf? Immerhin hat er Ende Oktober seinen Vertrag bei den Dubs auf den letzten Drücker verlängert und erhält Medienberichten zufolge über vier Jahre rund 70 Millionen Dollar - ein Maximalvertrag.

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"Wir sind begeistert, einen der besten jungen Spieler der NBA auch für die nächsten Jahre bei uns unter Vertrag zu haben", freute sich GM Bob Myers, und auch Thompson zeigte sich begeistert: "Es ist mit Worten nicht leicht auszudrücken, wie glücklich und aufgeregt ich bin, für eine lange Zeit vor den besten Fans der NBA spielen zu können. Dieses Team hat eine strahlende Zukunft vor sich."

Splash Brothers

Und die Verlängerung scheint Thompson noch einen Schub gegeben zu haben. In der ersten Woche der Saison wurde er zum "Player of the Week" im Westen gekürt, im ersten Spiel nach der Vertragsverlängerung markierte er direkt 41 Zähler (Career High) und zerlegte die Lakers gemeinsam mit Backcourt-Partner Stephen Curry in ihre Einzelteile.

Wenn Thompson von der vielversprechenden Zukunft der Warriors spricht, ist dieser natürlich ein großer Faktor, schließlich ergänzen sich beide zum vielleicht besten Backcourt der Liga. "Es ist der beste Shooting-Backcourt, den dieser Sport bisher gesehen hat", adelte Ex-Trainer Mark Jackson die beiden schon im letzten Jahr etwas überschwänglich.

Von jenseits der Dreierlinie haben beide allerdings schon jetzt einige Bestmarken aufgestellt. So verbesserte Curry den Dreier-Rekord während einer Regular Season 2012/13 auf 272, Thompson verwandelte in seinen ersten drei Saisons so viele Dreier wie kein Spieler vor ihm.

Wer von beiden der bessere Schütze ist, kann Thompson nicht sagen: "An manchen Tagen besiege ich Steph. An anderen besiegt er mich."

Warriors wie im Rausch

Für die Warriors spielt es keine Rolle, denn beide sind langfristig Teil ihrer Mannschaft. Während Curry bereits als Superstar in der Liga etabliert ist, befindet sich Klay mittlerweile auch auf dem Weg Richtung All-Star Game: In der laufenden Saison legt er durchschnittlich über 23 Punkte und drei Rebounds auf.

Nicht zuletzt dank Thompson haben die Warriors einen starken Saisonstart hingelegt und belegen mit einer 8:2-Bilanz derzeit den dritten Platz im Westen. "Sie spielen so schnell und schießen, bevor du eine Möglichkeit hast, dich zu wehren", analysierte Kobe Bryant den Gegner nach der letzten Niederlage.

Es ist noch früh in der Saison, aber es scheint, als könnten es die Warriors unter Steve Kerr in diesem Jahr weit bringen. Und wenn zu einem tiefen Playoff-Run kommt, wäre es keine Überraschung, wenn der Ball in den entscheidenden Situationen wieder in Thompsons Händen landet.

Klay Thompson im Steckbrief

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