Radsport: Deutscher Rennstall Bora-hansgrohe verpflichtet Giro-Sieger Primoz Roglic

SID
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Giro-Sieger Primoz Roglic fährt ab der kommenden Saison für Bora-hansgrohe. Für den deutschen Rad-Rennstall ist der Königstransfer nicht ohne Risiko.

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Irgendwann wollte Ralph Denk nicht mehr schweigen und wagte sich aus der Deckung. Die Gerüchteküche hatte tagelang gebrodelt, die Medienanfragen waren auf den Teamchef von Bora-hansgrohe eingeprasselt, nun sprach der Radsport-Macher Klartext: "Wir sind die, die Primoz Roglic verpflichtet haben", sagte er und erklärte damit nicht weniger als einen Angriff auf den Sieg bei der Tour de France 2024.

Am Samstagnachmittag hatte Giro-Sieger Roglic seine Entscheidung eigentlich selbst mitteilen wollen, nun aber preschte sein künftiger Arbeitgeber vor. Denks Ungeduld ist verständlich: Die Verpflichtung des slowenischen Topfahrers ist der wohl größte Transfer in der Geschichte des deutschen Rennstalls neben dem von Weltmeister Peter Sagan im Jahr 2015 - der sich damals zumindest in den ersten drei von fünf Jahren auszahlte.

Es sei nicht weniger als "ein Meilenstein", sagte der 49 Jahre alte Denk, dass in Roglic einer der erfolgreichsten Radsportler der vergangenen zehn Jahre zur kommenden Saison zu Bora-hansgrohe wechselt. Der 33 Jahre alte Ex-Skispringer gewann dreimal in Folge die Spanien-Rundfahrt (2019 bis 2021), er triumphierte in diesem Jahr beim Giro d'Italia und ist Olympiasieger im Einzelzeitfahren.

"Das ist genau das, was uns bei den Grand Tours gefehlt hat. Primoz kann diese Lücke schließen", schwärmte Denk von seinem neuen Superstar, über dessen Vertragslaufzeit er keine Angaben machte. Das Menschliche habe eine große Rolle gespielt - "wir konnten ihm das Gefühl geben, dass wir an ihn glauben."

Vor acht Jahren hatte es Denk bereits einmal versucht, den Slowenen zu überzeugen. Im Biergarten in Salzburg wollte er ihn zum damaligen Team NetApp holen. Was 2015 scheiterte, ist dem Teamchef nun gelungen - zu stark veränderten Konditionen.

"Wenn man bei dem Angebot vor acht Jahren eine Null hintendran malen würde, würde es immer noch nicht reichen", sagte Denk und legte den Finger damit in die Wunde. Denn Edelverdiener Roglic dürfte die Gehaltsstruktur im Team der deutschen Spitzenfahrer Lennard Kämna, Max Schachmann und Emanuel Buchmann gehörig durcheinanderwirbeln.

Ein Aspekt der insbesondere aufgrund von Roglics fortgeschrittenem Alter Fragen aufwirft. Im kommenden Sommer ist Roglic fast 35 - nur der Belgier Firmin Lambot war bei seinem Tour-Sieg 1922 älter. "Wir haben das rauf und runter diskutiert", gestand auch Denk: "Aber Primoz ist nicht nur sehr professionell, sondern er liebt auch, was er tut. Und diese Verliebtheit wird ihm auch helfen, dass er in relativ hohem Alter Höchstleistungen bringen kann."

Sollte Denk Recht behalten, bleibt der aus "Rücklagen und Eigenkapital" finanzierte Transfer eine große Chance. Für Bora-hansgrohe wie für Roglic, der beim niederländischen Spitzenteam Jumbo-Visma auch angesichts der nahenden Mega-Fusion mit Soudal-Quick Step entbehrlich schien.

An der Seite von Tour-Dominator Jonas Vingegaard und weiterer Topstars hätte sich Roglic in den kommenden Jahren wohl kaum die Möglichkeit geboten, sich den Traum vom Toursieg endlich zu erfüllen, der vor drei Jahren dramatisch geplatzt war. Damals entriss ihm Landsmann Tadej Pogacar das Gelbe Trikot des Gesamtführenden auf der vorletzten Etappe.

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