"Einer der größten Spieler in der Geschichte" des BVB: Marco Reus zeigt, wie viel Fußball er noch zu geben hat

Von Oliver Maywurm
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Am Freitag verkündete Marco Reus, dass seine Ära beim BVB am Saisonende nach zwölf Profijahren im Klub endet. Tags darauf verzückte er sein Wohnzimmer noch einmal mit einem Fabel-Auftritt.

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"Dortmunder Jungs, Dortmunder Jungs, wir sind alle Dortmunder Jungs", hallte es durch den Signal-Iduna-Park, als Marco Reus beim 5:1-Sieg von Borussia Dortmund gegen den FC Augsburg am Samstagnachmittag in der 66. Minute ausgewechselt wurde. Einen Tag, nachdem der 34-jährige Offensivmann angekündigt hatte, seinen Vertrag nicht zu verlängern und den BVB im Sommer zu verlassen, stellte er eindrucksvoll unter Beweis, wie viel er einer Bundesligamannschaft immer noch geben kann. Und wie viel Bock er noch auf Fußball hat.

Die Fans dankten es ihrem Liebling, indem sie ihm mehrfach zeigten, wie viel er ihnen bedeutet. "Unbeschreiblich", sagte ein sichtlich ergriffener Reus nach dem Spiel bei Sky zu den Reaktionen von den Rängen. "Das ist mit nichts zu ersetzen. Ich bin unglaublich dankbar. Ich habe keine Worte."

Schon vor dem Spiel war Reus von den Zuschauern gefeiert worden. Und im Spiel spielte er dann so inspiriert und ansteckend spielfreudig auf, wie man es in Dortmund schon so unzählige Male von ihm gesehen hat. Reus sprühte vor Tatendrang, lieferte zwei Assists und krönte seine Leistung mit dem wunderschönen Tor zum zwischenzeitlichen 4:1: Der 18-jährige Debütant Kjell Wätjen spielte einen traumhaften Pass genau in den Lauf von Reus, der Routinier blieb vor Augsburg-Torhüter Tomas Koubek eiskalt und überwand ihn per Lupfer.

Marco Reus, BVB, Augsburg
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Debütant Kjell Wätjen legt traumhaft für Traumtor von Marco Reus auf

Wie besonders dieses Tor war, obwohl es rein sportlich für die Hausherren ja eigentlich um nichts mehr ging und die Partie zuweilen schon an einen Sommerkick vom 34. Spieltag erinnerte, zeigte auch die Reaktion der Vereinsoberen auf der Tribüne: Neu-Geschäftsführer-Sport Lars Ricken, wie Reus ein Dortmunder Junge, jubelte, als habe der BVB gerade den Einzug ins Champions-League-Finale geschafft. Berater Matthias Sammer strahlte über das ganze Gesicht und auch Noch-Vereinsboss Hans-Joachim Watzke feierte den Treffer für seine Verhältnisse sehr euphorisch.

Und dann bot Reus' Tor ja auch noch aus einer anderen Perspektive eine besondere Geschichte. Vorlagengeber Wätjen lief erstmals für die Profis des BVB auf, bot nach anfänglicher Nervosität ein gutes Spiel. In der Frühphase sei die Aufregung doch sehr groß gewesen, gab der deutsche U17-Europameister hinterher bei Sky zu. "Aber dann spiele ich den Ball auf Marco tief und danach war alles okay", so Wätjen, für den Reus "ein Vorbild" ist. "Ich bin schon als Kind hier mit eingelaufen, unter anderem mit Marco. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll."

Reus gab das Lob indes zurück an den Youngster: "Kjell hat ein unfassbares Spiel gemacht, geiler Kicker. Schön, dass er mir das Ding auflegt."

Dass Wätjen und Reus gemeinsam in der Startelf standen, lag derweil in der immensen Rotation von Trainer Edin Terzic zwischen den beiden Champions-League-Halbfinalspielen gegen Paris Saint-Germain begründet. Lediglich Torwart Gregor Kobel blieb im Vergleich zum 1:0-Hinspielsieg am Mittwoch in der Startelf, die zehn Feldspieler tauschte Terzic allesamt aus.

Kjell Wätjen, BVB, Augsburg
© imago images

BVB vs. FC Augsburg: Zehn Wechsel? Kein Problem!

Von fehlender Eingespieltheit war allerdings von Beginn an mal rein gar nichts zu sehen. Dortmund dominierte schwache Augsburger streckenweise nach Belieben, hatte die Partie zu jeder Zeit voll unter Kontrolle. Der Sieg hätte letztlich sogar noch höher ausfallen können, zum Beispiel wäre Reus kurz vor seiner Auswechslung beinahe noch ein zweites Tor gelungen, lediglich die Latte stand dem Doppelpack im Weg.

Als Reus schließlich den Platz verließ, herrschte Gänsehautstimmung. Ausführlich wurde er mit Sprechchören von den Anhängern gefeiert und nach dem Spiel beklatschte ihn die Südtribüne, vor der er am Freitag sein emotionales Abschiedsvideo aufgenommen hatte, minutenlang. "Das hat er sich mehr als verdient. Das, was Marco heute hier nochmal geleistet hat, war großartig", betonte Sportdirektor Sebastian Kehl und lobte: "Er ist einer der größten Spieler in der Geschichte des Vereins."

Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass Reus dem BVB extrem fehlen wird - dieser Samstagnachmittag hätte ihn geliefert. Und aus neutraler Sicht ertappt sich wahrscheinlich jeder Fußball-Romantiker bei der Hoffnung, dass Reus auch kommende Saison noch irgendwo in der Bundesliga zu sehen ist. "Ich liebe es, auf dem Platz zu stehen, daher will ich meine Karriere noch nicht beenden, sondern weiterspielen", betonte Reus nach dem Gala-Auftritt gegen Augsburg erneut, dass er sich noch das eine oder andere Jahr im Profi-Fußball sieht.

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Marco Reus beim BVB: Erfährt seine Ära einen märchenhaften Abschluss?

Eine Rückkehr zu Ex-Klub Borussia Mönchengladbach stand dabei vor einigen Wochen mal zumindest ansatzweise im Raum, wurde aber auch schnell wieder dementiert. Reus belegte gegen den FCA jedenfalls, dass er sehr vielen Bundesligamannschaften auch über diesen Sommer hinaus mit dann 35 Jahren noch sehr gut zu Gesicht stehen könnte.

Ferner wurde auch über ein mögliches Engagement in den USA spekuliert. Auf seine Zukunft wollte Reus nun aber noch nicht näher eingehen: "Wir haben am Dienstag (Rückspiel gegen PSG, d. Red.) eine Riesenchance, etwas Großes zu schaffen. Diesem Ziel müssen wir alles unterordnen - und das gilt natürlich auch für mich", sagte er. Denn auch wenn es sich nach Abpfiff am Samstag irgendwie schon ein bisschen nach Abschied anfühlte, ist die Saison 2023/24 ja bekanntlich noch nicht vorbei.

Vielmehr winkt das märchenhafte Ende von insgesamt fast 22 Reus-Jahren beim BVB, sollte man am 1. Juni im Londoner Wembley-Stadion den Champions-League-Pokal in die Höhe stemmen. "Bis jetzt schon", entgegnete Reus daher mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht auf die Frage, ob dieser Tag der wichtigste in seiner Geschichte bei der Dortmunder Borussia gewesen sei.

"Ich hoffe, dass wir uns am 1. Juni noch in Wembley sehen und dann hoffentlich noch mehr Grund zum Feiern haben." Es wäre die absolute Krönung für den Dortmunder Jungen.

Marco Reus: Seine Bilanz beim BVB

WettbewerbSpieleToreAssists
Bundesliga29211992
Champions League702420
DFB-Pokal391415
Europa League1653
DFL-Supercup53-
Europa-League-Qualifikation34-
gesamt425169130
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