Unwürdiges Verhalten, später Konter: Warum Marco Reus beim BVB ein problematisches Politikum bleiben dürfte

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Marco Reus stand zuletzt bei Borussia Dortmund am Pranger und konterte die vehementen Vorwürfe gegen ihn erst spät. Der 34-jährige Routinier geht wie im Vorjahr mit einer ungeklärten Zukunft in die Rückrunde mit dem BVB.

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Das vergangene Jahr endete für Marco Reus mit schlechten Nachrichten, doch das neue wird aller Voraussicht nach mit einer sehr guten beginnen: Der 34-Jährige und seine Frau erwarten in diesen Tagen ihr zweites Kind.

Gegen die schlechten Nachrichten hatte Reus zuletzt etwas unternommen, allerdings erst im neuen Jahr. Der ehemalige Kapitän war nach dem enttäuschenden 1:1 von Borussia Dortmund gegen Mainz 05 zum Jahresabschluss von der Bild als Rädelsführer eines Putschversuchs gegen BVB-Trainer Edin Terzic ausgemacht worden. Das Boulevardblatt berief sich dabei auf Quellen "aus dem engsten Klub-Umfeld".

"Es gab keinen Putschversuch. Weder von mir noch von anderen Spielern", konterte Reus die Vorwürfe in einem am Montag erschienenen Interview mit Sport1. "Das zu lesen, war schon hart. Und es hat mich auch wütend gemacht." Der Offensivspieler beklagte zudem, dass mit dieser Meldung "eine Grenze überschritten" worden sei - "und deshalb will ich das nicht so stehen lassen".

Merkwürdig ist jedoch der Zeitpunkt und das Zustandekommen dieses Konters. Wenn Reus die Berichterstattung dermaßen gegen den Strich ging, was angesichts der ungeheuren Anschuldigung freilich nachvollziehbar ist, warum dauerte es dann mit seiner Replik darauf ganze 19 Tage?

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BVB: Verhalten von Marco Reus nach Auswechslung war unwürdig

Noch an Heiligabend hatte der BVB über seine Kanäle in den sozialen Medien ein Video verbreiten lassen, in dem Reus an vorderster Front zur Dortmunder Anhängerschaft sprach und sich für die Unterstützung im abgelaufenen Jahr bedankte. Just zu diesem Moment stand Reus jedoch am Pranger und der Vorwurf der Bild unwidersprochen im Raum.

Natürlich ist Reus nicht gezwungen, sich von medialen Gerüchten treiben zu lassen und über jedes Stöckchen zu springen, das ihm hingehalten wird. Doch seine Aussagen bei Sport1 belegen ja, wie sehr ihn der Bild-Bericht gestört hat. Da wäre es in Zeiten eigener Social-Media-Konten durchaus denkbar und vielleicht sogar notwendig gewesen, mit einem proaktiven Beitrag Stellung zu beziehen. Stattdessen benötigte es eine handelsübliche Interviewanfrage und die entsprechende Nachfrage während des Gesprächs, ehe Reus auf die Thematik vehement reagiert.

Ein wenig passte es auch ins damalige Bild: Reus würdigte Terzic bei seiner Auswechlsung beim 1:1 in Augsburg keines Blickes, gegen Mainz saß er prompt 90 Minuten auf der Bank - und war eben einen Tag später plötzlich der angebliche Chef eines angeblichen Putschversuchs. Eine Eigendynamik, für die er gewiss nichts konnte. Sein Verhalten beim FCA war, nachdem er in diesem Spiel eine allenfalls durchschnittliche Leistung zeigte, allerdings unwürdig.

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BVB: Marco Reus dürfte bei Borussia Dortmund ein problematisches Politikum bleiben

Das sieht Reus mittlerweile auch ein, wie er im Interview reumütig zugab. "Ich habe aber mitbekommen, dass meine Reaktion nach meiner Auswechslung beim Spiel in Augsburg anscheinend diesen Eindruck erweckt hat", sagte er, angesprochen auf ein möglicherweise belastetes Verhältnis mit Terzic. "Das ist völliger Bullshit. Natürlich war ich enttäuscht, dass ich vom Feld musste. Und meine Enttäuschung hätte ich nicht so zeigen dürfen, das war nicht gut. In solchen Momenten muss ich meine Emotionen besser im Griff haben."

Wäre dies also erledigt, möchte man meinen. Doch Reus dürfte beim BVB ein problematisches Politikum bleiben. Wie schon im Vorjahr läuft sein Vertrag zum Saisonende aus. Mit jedem Tag, an dem seine Zukunft nicht geklärt ist, besteht potentiell die Möglichkeit, dass es Schlagzeilen um ihn geben wird - erst Recht, wenn er parallel dazu nur auf der Bank sitzen sollte.

Das war im ersten Halbjahr der Saison immerhin nicht allzu häufig der Fall. In 17 seiner 22 Pflichtspiele stand Reus in der Anfangsformation, seine Leistungskurve fiel jedoch mit zunehmender Dauer der Saison ab. Einen Freifahrtschein hat er längst nicht mehr. Vor allem mit Julian Brandt duelliert sich Reus für die Rolle auf der Zehn, auf die auch Giovanni Reyna und Leih-Rückkehrer Jadon Sancho rücken könnten. Sind alle fit, was in Dortmund jedoch nur selten der Fall ist, wird die Luft dünn.

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BVB: Marco Reus und die erneut ungeklärte Zukunft

Frag nach beim Reus des Vorjahres. Da saß er in den acht letzten Bundesligapartien stets auf der Bank, für den Durchmarsch an die Tabellenspitze waren andere verantwortlich. Doch die Fragen nach Reus, seinem auslaufenden Vertrag und Gerüchten um einen Transfer nach Saudi-Arabien waren, angespitzt von Aussagen seines Beraters, stets ein großes Thema und trugen nicht unbedingt zu Ruhe im Klub bei.

"Borussia Dortmund ist mein Verein und wird mein erster Ansprechpartner sein", sagte Reus nun wenig überraschend, schob etwaige Gespräche aber auf die lange Bank. "Wenn es irgendwann an der Zeit ist, das Thema Zukunft anzugehen", dann werde das "zu gegebener Zeit, wie im vergangenen Jahr auch" geschehen, so seine Auskunft. "Ich bin da sehr locker und verspüre aktuell keinen Druck, das Thema angehen zu müssen."

Im Vorjahr dauerte es bis Ende April, ehe seine Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr bekannt gegeben wurde. Es ist nicht besonders wahrscheinlich, dass Reus seine Entscheidung zu Großteilen davon abhängig machen wird, wie oft er in den nächsten viereinhalb Monaten bis Saisonende noch zum Einsatz kommt. Zumal er sich in der YouTube-Show "Unspoken" kürzlich als "der ungeduldigste Mensch der Welt" bezeichnete. Und es noch dazu aktuell recht unklar ist, ob der BVB überhaupt noch einmal mit ihm verlängern möchte.

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BVB: Marco Reus will Karriere bei Borussia Dortmund beenden

In der Show wagte der 48-malige Nationalspieler, der Ende Mai 35 wird, eine Vorschau auf die Zeit nach der Karriere und ließ tief blicken: "Dieser Moment, nach meiner Karriere in ein tiefes Loch zu fallen. Emotional, aber auch nicht hundertprozentig zu wissen: Was kommt dann?"

Woanders kann man sich Reus nur schwer vorstellen, wenngleich auch in diesen Tagen bereits erste Wechselgerüchte auftauchen. Bereits im Vorjahr äußerte er jedoch seinen Wunsch, die Karriere in Dortmund zu beenden. Doch was dann kommt - diese Frage wird nur er für sich selbst beantworten können.

Die Qualifikation zur Champions League wäre für den Verein das notwendige wie versöhnliche Ende der Saison. Für Reus würde ein solches zugleich die Chancen auf eine Weiterbeschäftigung erhöhen. Ob am Ende beides klappt, ist derzeit vollkommen offen.

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BVB: Die drei Bundesligaspiele von Borussia Dortmund im Januar 2024

DatumWettbewerbGegner
13. Januar, 18.30 UhrBundesligaSV Darmstadt 98 (A)
20. Januar, 15.30 UhrBundesliga1. FC Köln (A)
28. Januar, 17.30 UhrBundesligaVfL Bochum (H)
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