Gegen die Sphinx ums Halbfnale

Die Form von Milos Raonic lässt sich nur schwer einschätzen
© getty

Alexander Zverev spielt am Freitag um seinen ersten Einzug in ein ATP-Masters-1000-Halbfinale. Zverevs Gegner ist ein Mann, der sich nur schwer einschätzen lässt: Milos Raonic.

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Die hervorragende Nachricht für alle Fans von Alexander Zverev während der letzten Wochen ist: Man weiß ziemlich genau, was man bekommt. Und das ist im Regelfall Weltklasse-Tennis, nicht nur bei seinem letztlich souveränen Triumph in München, wo Zverev lediglich gegen Jan-Lennard Struff Probleme hatte. In Madrid hat sich Deutschlands Nummer eins ebenfalls von seiner besten Seite gezeigt, Marin Cilic und Tomas Berdych besiegt. Und einen dermaßen starken ersten Satz gegen Pablo Cuevas hingelegt, dass wohl nicht einmal der in Argentinien geborene Sandplatz-Spezialist damit gerechnet hätte, am Ende doch von der Müdigkeit seines Gegners zu profitieren.

Milos Raonic hingegen ist vielen Tennis-Beobachtern ein Rätsel. Der Kanadier hat 2016 das Kunststück vollbracht, das Jahr mit nur einem Turniersieg, noch dazu bei einem der 250er-Kategorie in Brisbane, auf Position drei der Weltrangliste zu beenden. Im Moment wird Raonic auf Platz sechs geführt, die Ergebnisse in der laufenden Saison lassen wenig Rückschlüsse auf die tatsächliche Verfassung des 26-Jährigen zu. Vor allem auf die physische. In Delray Beach konnte Raonic im Finale gegen Jack Sock nicht antreten, zuletzt in Madrid verlor er deutlich gegen David Goffin. Immerhin: In Istanbul hat Milos Raonic gezeigt, dass er mit der Asche per Du sein kann, eine Final-Niederlage gegen Marin Cilic ist keine Schande.

Hohe Ziele

Alexander Zverev ist Cilic von den Voraussetzungen nicht unähnlich, vor allem die Reichweite und die Stabilität beim Rückschlag könnten für den gebürtigen Hamburger den positiven Ausschlag geben. Zverev positioniert sich gerne mit Respektabstand zur Grundlinie, das Tempo, das er von ganz weit hinten mit seiner Rückhand generieren kann, ist indes mindestens erstaunlich. Zverev hat, wie es seiner Natur entspricht, die allerhöchsten Ziele, etwa die Teilnahme am ATP-Finale in London. In der entsprechenden Wertung liegt der Deutsche vor Raonic, der Einzug in sein erstes Halbfinale bei einem ATP-Masters-1000-Turnier wäre in dieser Hinsicht also doppelt wertvoll.

Für Milos Raonic ist Alexander Zverev einer jener Spieler, die das Fenster, das sich durch einen mittelfristigen Rückzug der Großen Vier für große Siege auftun könnte, gleich wieder schließen könnten. Der Einzug in das Wimbledon-Finale 2016 hat gezeigt, dass der Kanadier knapp dran an einem Major sein könnte, der Match-Verlauf gegen Andy Murray eher bewiesen, dass knapp dran eben noch nicht gut genug ist. Die Generation um Zverev, Nick Kyrgios, zuletzt auch Borna Coric und natürlich Dominic Thiem holt jedenfalls mit Riesenschritten auf.

Die Bilanz gegen Top-Ten-Spieler fällt für Zverev im Jahr 2017 leicht negativ aus, neben zwei Niederlagen gegen Rafael Nadal verlor die deutsche Nummer eins in Rotterdam gegen Thiem. Dagegen steht neben dem Erfolg gegen Cilic in Madrid auch jener gegen Stan Wawrinka in Miami, quasi die zweite große Sphinx im Herren-Tennis. In Rom hat Alexander Zverev nach einem etwas stotternden Start am Donnerstag den italienischen Fans die Euphorie über Fabio Fogninis Erfolg gegen Andy Murray gleich wieder ausgetrieben, Milos Raonic wiederum Tommy Haas bei dessen letzten Auftritt im Foro Italico verabschiedet. Das Treffen auf dem Center Court im Foro Italico (nicht vor 14:00 Uhr, bei uns im Live-Ticker) wird das erste zwischen den Beiden sein.

Das ATP-Turnier in Rom im Überblick

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