French Open: Rafael Nadal - Der König bleibt der König

Rafael Nadal, der König von Paris
© getty

Wenn die Einsätze in Roland Garros am höchsten sind, dann spielt Rafael Nadal sein bestes Tennis. So auch im Finale am Sonntag gegen Dominic Thiem, in dem der Spanier seinen elften Titel bei den French Open holte.

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Er gewann seinen ersten French Open-Titel gleich als Debütant, 2005, noch im Teenageralter. Er gewann nach dem Senkrechtstart immer wieder und immer weiter, er wurde in seinen Zwanzigern zum strahlenden Regenten von Paris, zum einsamen Machthaber. Und auch jenseits der Dreissig ist Rafael Nadal unwiderstehlich in seinem Sturm und Drang, in seiner zeit- und alterslosen Klasse.

Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, gewann der bullige Mallorquiner am Sonntagnachmittag seinen bereits elften Titel bei den Offenen Französischen Meisterschaften - leidenschaftlich, aber in den wichtigen Momenten eiskalt und hochkonzentriert, wehrte der 32-jährige mit seinem 6:4, 6:3, 6:2-Sieg die engagierte Attacke des Österreichers Dominic Thiem ab.

Genugtuung für Nadal

Das Fazit der Ausscheidungsspiele unterm Eiffelturm war schlicht und ergreifend dies: Der König bleibt der König - und der Rest der Tenniswelt nur Zuschauer seiner faszinierenden Herrschaft. "Es ist ein Gefühl des großen Glücks und der Genugtuung", sagte Nadal, der nach dem fünften verwandelten Matchball die Fäuste zum Himmel reckte und sich ausnahmsweise nicht in den geliebten Sand plumpsen ließ, "dieser Sieg hier, das wird nie Routine."

13 Jahre nach der fulminanten Premiere in seinem persönlichen Tennisparadies ließ Nadal auch den nächsten Herausforderer abblitzen: Vor zwölf Monaten hatte er den ambitionierten Schweizer Stan Wawrinka, gern auch mal "Stanimal" genannt, in die Schranken verwiesen - und nun zeigte der Matador auch Thiem, dem österreichischen Kraftpaket, schonungslos die Grenzen auf.

Nur gegen Schwartzman einen Satz abgegeben

Nadal in Paris zu bezwingen, erst recht in der zugespitzten Turnierphase, ist und bleibt die schwierigste Herausforderung im Tennis dieser Tage. "Ich spüre immer noch das Feuer, diesen starken Willen in mir", hatte Nadal vor seiner 2018er-Kampagne gesagt, und der Kampfadresse folgte die nächste, die elfte mitreißende Titelmission.

Nur einen Satz gab Nadal in sieben Matches ab, gegen den wuseligen Argentinier Diego Schwartzman im Viertelfinale, sonst aber war er der Fix- und Mittelpunkt dieser Grand Slam-Festivitäten. Er, der Mann, der letztes Jahr, nach dem historischen La Decima-Anlauf zum zehnten Triumph auch als "Roland Nadal" in der Weltpresse umschwärmt war, als einer, der regelrecht mit diesem Major-Wettbewerb verschmolzen war.

Madrid-Niederlage gegen Thiem einziger Fehltritt

Thiem hatte die Sandplatz-Saison auf den großen Bühnen mit einem Paukenschlag eröffnet, als er Nadal bei dessen Masters-Heimturnier in Madrid schlug. Es blieb dann allerdings auch der einzige Fehltritt des unverwüstlichen Kämpfertypen aus Manacor, der auf der Höhe seiner Sandplatzkunst immer noch diese archaische, wilde und verwegene Attitüde aus Jugendjahren konserviert hat. Nadal auf Sand ist ein Naturereignis, ein einziges Erlebnis, eine nicht zu bremsende Gewalt.

Und Paris, den jährlichen Höhepunkt dieser Tennis-Spezialdisziplin, hat er - von zwei Ausnahmen in all den Jahren (2009 Söderling, 2016 Djokovic) - im eisernen Griff. 86:2 lautet seine Roland Garros-Zeugnisrechnung nun, kein anderer Spieler und keine andere Spielerin in der Geschichte kann eine vergleichbare Bilanz bei einem Major-Turnier vorweisen. "Man kann nur immer wieder den Hut vor ihm ziehen, vor dieser Serie, vor dieser Mentalität", sagte Ex-Superstar John McEnroe, "solange Nadal hier spielt, kannst du praktisch nicht gegen ihn wetten."

Fortgesetzte Renaissance der alten Titanen

Die Saison 2018 erlebt mit dem Triumph des Spaniers auch die fortgesetzte Renaissance der alten Titanen - nämlich von Nadal und Federer. Seit sie beide aus längeren Verletzungspausen zu Beginn 2017 in den Circuit zurückkehrten, haben sie alle sechs Grand Slams gewonnen. Nadal die French Open 2017 und 2018 und die US Open 2017. Federer zwei Mal die Australian Open und Wimbledon vor knapp zwölf Monaten.

Als Nadal am Sonntag die letzten Rutschübungen in Paris absolvierte, machte sich Federer gerade für seine Rückkehr auf den Rasen fit, er trainierte auf dem Stuttgarter Weissenhof, wo er am Mittwoch seinen ersten Auftritt hat. Bei ihrer gegenseitigen Rekordjagd kommen sie nun schon auf 37 Grand Slam-Siege: Federer führt mit 20 Titeln, Nadal steht bei 17 Erfolgen. Fortsetzung dieses Zweikampfs: Vielleicht schon in Wimbledon, wo Nadal und Federer als topgesetzter Spieler ins Rennen gehen.

Thiem verlor "schöner"

Nadal wird von den Parisern zuweilen auch als "Kannibale" bezeichnet. Oder auch als "Ungeheuer." Weil er über die Ewigkeit von fast anderthalb Jahrzehnten nichts von seiner Gier verloren hat, von seinem Siegesdrang und seiner Willenskraft. Auch Thiem bekam diese mentale Wucht zu spüren, der Spieler, der auf Sand als Nadals Kronprinz gehandelt wird und der ihn in den letzten drei Jahren jeweils mindestens einmal auf diesem Belag bezwang.

Allerdings nie in Paris, hier war der Österreicher nun im Finale letztlich genau so chancenlos wie 2017 in der Vorschlussrunde. Optisch wirkte die Niederlage erträglicher als damals, Thiem verlor sozusagen schöner und konkurrenzstärker. Aber an einen Sieg war nicht zu denken für ihn, auch weil er bei den Big Points, also in den besonders kritischen Momenten, deutlich schwächer war als Nadal.

Nervositätsfehler unter Druck

Wer eine Chance gegen Nadal haben will, muss wenigstens versuchen, selbst in Führung zu gehen. Sonst wirkt die Herausforderung erst recht wie eine Achttausender-Besteigung. Thiem war das bewußt, aber als er dann bei einem 4:5-Rückstand im ersten Satz servierte, unterliefen ihm unter höchstem Druck gleich mehrere Nervositätsfehler. Die Konsequenz: Der Satz ging verloren. Und eigentlich noch viel mehr.

Denn wirklich erholen konnte sich der Niederösterreicher nicht von diesem Fauxpas, Satz zwei ging mit 6:3 an Nadal. Und Satz vier mit 6:2, mit dem fünften Matchball nach zwei Stunden und 42 Minuten. Einer, der an allererster Stelle für das Phänomen Nadal verantwortlich zeichnet, erlebte den Triumph auch aus nächster Nähe mit: Toni Nadal, Onkel und langjähriger Trainer des Sandplatz-Königs.

JahrGegnerErgebnis
2005Mariano Puerta6:7 (6), 6:3, 6:1, 7:5
2006Roger Federer1:6, 6:1, 6:4, 7:6 (4)
2007Roger Federer6:3, 4:6, 6:3, 6:4
2008Roger Federer6:1, 6:3, 6:0
2010Robin Söderling6:4, 6:2, 6:4
2011Roger Federer7:5, 7:6 (3), 5:7, 6:1
2012Novak Djokovic6:4, 6:3, 2:6, 7:5
2013David Ferrer6:2, 6:3, 6:2
2014Novak Djokovic3:6, 7:5, 6:2, 6:4
2017Stan Wawrinka6:2, 6:3, 6:1
2018Dominic Thiem6:4, 6:3, 6:2

 

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