Die 12 denkwürdigsten Momente beim Porsche Tennis Grand Prix

Julia Görges
© getty

Von Steffi Graf bis Laura Siegemund, von Filderstadt bis Stuttgart: Wir präsentieren euch zwölf legendäre Geschichten des größten deutschen Damenturniers, das in diesem Jahr die 41. Auflage feiert.

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Es ist eine Geschichte, wie es sie wohl heutzutage nicht mehr geben würde. Tennisfan Dieter Fischer, Eigentümer eines Drogeriemarktes, lässt 1977 in einer Halle in Filderstadt eine Tennis-Gala austragen. Der Beginn einer Erfolgsstory: Ab 1978 findet der Porsche Tennis Grand Prix statt, das Geld für die Rechte am Turnier bezahlt Fischer zunächst aus eigener Tasche. 1979 kommen unter anderem Billie Jean King, Martina Navratilova, Chris Evert und Tracy Austin nach Filderstadt. "Schmetterball in der Provinz", titelt die Zeit im Jahr 1980. "Man muss die Mädchen nur richtig ansprechen", sagt Fischer. Und das tut er: Legendär und immer wieder gerne zitiert: das berühmte Betthupferl, das Fischer seinen Spielerinnen stets persönlich aufs Kopfkissen legt, vom Parfum bis zum Kuscheltier. 2002 gibt Fischer seine Rolle als Veranstalter auf und Porsche übernimmt, nachdem man bereits zuvor der Hauptsponsor war und der Siegerin stets ein Traum-Auto als Gewinn in Aussicht (und auf den Platz) stellte - bis heute.

Wir haben zum Turnierstart zehn besondere Geschichten aus Filderstadt und Stuttgart für euch zusammengefasst.

1978: Tracy Austin gewinnt die Erstauflage

Die US-Amerikanerin steht als Synonym für die "Wunderkinder" im Damentennis. Tracy Austin ist gerade mal 15 Jahre alt, als sie die Erst-Austragung in Filderstadt gewinnt - mit 6:3, 6:3 im Finale gegen die Niederländerin Betty Stöve. Und Austin siegt weiter: 1979, 1980 und 1981 triumphiert sie ebenfalls, davon zwei Mal das Finale gegen Martina Navratilova. Vier Siege am Stück gelingen danach keiner anderen Spielerin mehr. Im Jahr 1979 findet außerdem die erste und einzige Auflage auch als Herrenturnier statt, die Wojtek Fibak gegen Guillermo Vilas gewinnt und einen Porsche 928 mitnimmt, der im Jahr darauf von der ATP meistbietend versteigert wird.

1982: Steffi Grafs Premiere und ihre Folgen

Es ist ein denkwürdiger Augenblick - ohne Happy End. 1982 spielt die 13-jährige Steffi Graf ihr erstes Turnier und verliert in Runde eins gegen Tracy Austin mit 4:6, 0:6. "Mit Tränen in den Augen hat sie die Bälle übers Netz gedroschen", erinnert sich Fischer. In Amerika gebe es hunderte junger Mädchen von Grafs Spielstärke, gibt Austin auf der anschließenden Pressekonferenz zu Protokoll. Die große Zeit der Steffi Graf erlebt man in Filderstadt leider nicht. Nur noch drei Mal kommt "Fräulein Vorhand" ins Schwabenländle. 1983 verliert sie in Runde zwei gegen Jo Durie, 1984 im Finale gegen Catarina Lindqvist, 1985 im Halbfinale gegen Pam Shriver. Hier kommt es zum Zerwürfnis: Graf, angeblich von Shriver provoziert, ramponiert ihren Schläger und bringt das Publikum gegen sich auf. "In Filderstadt spielt sie nie mehr", schimpft Vater Peter, der im Laufe des Turniers wegen unerlaubten Coachings aufgefallen war. 1999 kommt es dennoch fast zum Comeback: Graf plant, in Filderstadt zu spielen, beendet jedoch wenige Wochen zuvor ihre Karriere.

1982: Die Wachablösung - Martina Navratilova holt ihren ersten Titel

Filderstadt ist auch eines der Lieblingsturniere der "Grande Dame" des Tennis: Martina Navratilova löst im Jahr 1982 Tracy Austin als Dauersiegerin ab, und das standesgemäß im Finale. Navratilova hat noch mehr zu lachen: Im Jahr 1986 holt sie in Filderstadt ihren 1000. Einzelsieg auf der Tour und feiert am 18. Oktober desselben Jahres ihren 30. Geburtstag, an dem ihr das Publikum ein Ständchen singt. Für Tracy Austin ist es der letzte Auftritt in Filderstadt: Sie gibt mit nur 20 Jahren im Jahr 1983 ausgebrannt ihren Rücktritt bekannt. Ihre Comebackversuche in den frühen 90er-Jahren misslingen. Unter anderem kassiert sie 1994 in Indian Wells gegen Steffi Graf "die Brille": ein 0:6, 0:6.

1991: Anke Huber siegt und hat ein Problem

Es ist der Beginn einer großen Liebesgeschichte: Anke Huber schafft es ins Finale gegen die scheinbar übermächtige Martina Navratilova. Nach über drei Stunden Spielzeit gewinnt Huber mit 2:6, 6:2, 7:6 (4). Das Blöde an der Sache: Huber entscheidet sich bei der Frage "Geld oder Porsche" für letzteres Angebot, ist aber erst 16 und darf ihn noch nicht fahren. Das ändert sich drei Jahre später, als sie gegen Mary Pierce siegt und ihren Porsche 911 Carrera 4 Cabriolet besteigen darf. Huber Liebesbeziehung zu Filderstadt geht nach dem Karriereende in eine geschäftliche Beziehung über: Seit 2002 ist sie die sportliche Leiterin des Turniers. Schöner Nebeneffekt: Huber darf die Siegerautos am Finalsonntag nun ohne Probleme auf den Court fahren.

1996: Martina Hingis siegt, Steffi Graf kehrt zurück

Auch die "Swiss Miss" feiert in Filderstadt eine Premiere: Martina Hingis gewinnt nach Siegen gegen Arantxa Sanchez Vicario, Lindsay Davenport und Anke Huber ihren ersten von 43 Einzeltiteln auf der Profitour - und ihren ersten von vier Titeln in Filderstadt. Auch Hingis hat ein bekanntes Problem: Sie ist gerade 16 geworden und darf kein Auto fahren, erst recht keinen Porsche. Das ändert sich 1999, als sie im Finale ihren dritten Porsche gewinnt. Auch für Steffi Graf schließt sich der Kreis: Sie sitzt beim Finale als Ehrengast in der Loge und wird von den 3.500 Zuschauern mit minutenlangem Beifall gefeiert.

2006: Premiere in der Porsche Arena

Beschaulichkeit adé, dafür Werterhaltung und Fortschritt: 2006 ist in Filderstadt Schluss und der Porsche Tennis Grand Prix feiert seine Premiere in Stuttgart. Größer und komfortabler soll es werden. Ohne den Umzug, so Turnierdirektor Markus Günthardt, würde es das Turnier nicht mehr geben. "Da hätte die WTA nicht mitgezogen." Dennoch schafft man den Spagat, "die über viele Jahre aufgebauten Werte von Filderstadt zu erhalten, aber gleichzeitig mit mutigen Schritten nach vorne zu gehen." Premierensiegerin im Oktober 2006 ist Nadia Petrova, die im Finale gegen Tatiana Golovin mit 6:3, 7:6 (4) gewinnt.

2009: Stuttgarter Sandzauber

Drei Jahre nach der Stuttgart-Premiere steht man vor einem Problem. Die WTA will im Herbst lieber nach Asien als nach Stuttgart, eine Terminverschiebung ins Frühjahr ist die Folge. Günthardt und Co. wollen die Weltelite nicht verlieren, aber mit einem Hallen-Event im April? Die Idee: Stuttgart auf Sand, als Vorbereitung auf die French Open im Mai. Günthardt hat drei große Baustellen: "Kriegen wir die Bedingungen optimal hin? Bleiben uns die Spielerinnen treu? Machen die Zuschauer mit?" Die Antworten: ja, ja und ja. Erste Sand-Königin wird Svetlana Kuznetsova. Schöner Nebeneffekt der April-Austragung: der zeitgleich stattfindende Cannstatter Wasen, auf dem die Spielerinnen gerne mal Achterbahn fahren und Zuckerwatte essen.

2011: Julia Görges sorgt für Gänsehaut

"Julia Görges gewinnt den Porsche Tennis Grand Prix 2011. Und übrigens: zu Recht!", jubelt Eurosport-Kommentator Matthias Stach, nachdem Görges ihren letzten Aufschlag ins Feld der Weltranglisten-Ersten Caroline Wozniacki gehämmert hat. Der 7:6 (3), 6:3-Sieg der Bad Oldesloerin liefert gleich drei Sachen auf einmal: die erste deutsche Siegerin in Stuttgart, die erste seit Anke Huber beim Porsche Tennis Grand Prix und eines der schönsten Sportfotos des Jahres. "Beim Matchball hatte ich eine Gänsehaut. Es war ein unglaublich tolles Gefühl, vor so vielen Menschen im Finale zu spielen", sagt Görges im Anschluss. Turnierdirektor Günthardt freut sich über sein unverhofftes Glück: "In der Ära nach Graf und Huber haben wir von einer deutschen Siegerin geträumt. Auf einmal war sie da."

2014: Maria Sharapova vertreibt den Sand im Getriebe

Sie brachte es von der selbsternannten Kuh auf Eis zur erfolgreichsten Sandplatzspielerin der letzten Jahre: Maria Sharapova machte sich nach ihrem Premierensieg in Stuttgart im Jahr 2012 auf, auch die French Open zu gewinnen und ihren Karriere-Grand-Slam zu vervollständigen. Sharapova siegte ebenso in den Jahren 2013 und 2014 in der Porsche-Arena. Und übersteht 2014 das wohl spannendste Erstrundenspiel der Stuttgarter Geschichte : 7:6 (5), 6:7 (5), 7:6 (2) heißt es nach 3 Stunden 23 Minuten gegen Lucie Safarova; Sharapova führt hierbei schon mit 5:1 im dritten Satz. Im Finale gewinnt die neue Sandplatz-Queen gegen Ana Ivanovic ihren dritten Porsche und Wochen später gegen Simona Halep ihren zweiten French-Open-Titel.

2015: Angelique Kerber macht Caroline Wozniacki wieder zur Beifahrerin

Erneut ist Caroline Wozniacki die Leidtragende. Sie steht wieder im Finale und trifft wieder auf eine einheimische Gegnerin: Angelique Kerber. Und die lässt der Dänin vor 4.5000 Zuschauern wieder nur den Blick auf die Außenspiegel. Mit 3:6, 6:1, 7:5 siegt Porsche-Markenbotschafterin Kerber mit einem "Wahnsinnsauftritt" (Barbara Rittner) und trotz eines 1:3- und 3:5-Rückstands in Satz drei. Kerber feiert ihren fünften Turniersieg insgesamt sowie den "den feinsten Sieg meiner Karriere".

2016: Erstes deutsch-deutsches-Finale

Angelique Kerber kommt als Titelverteidigerin und Australian-Open-Siegerin und Laura Siegemund spielt das Turnier ihres Lebens - beim Porsche Tennis Grand Prix 2016 passt alles. Siegemund ist die Geschichte des Turniers, die Filderstädterin, die mit dem Profitennis eigentlich schon abgeschlossen hatte, besiegt mit Simona Halep, Roberta Vinci und Agnieszka Radwanska gleich drei Top-Ten-Spielerinnen und begeistert mit Stopps, Lobs, Winkelbällen und Netzangriffen. Gegen Kerber im Finale ist der Tank dann leer.

2017: Laura Siegemund begeistert erneut - und siegt sensationell!

Der Pressebereich ist so voll wie nie, sogar die britische Sun hat sich nach Stuttgart begeben. Warum? Maria Sharapova feiert ihr Comeback nach ihrer Dopingsperre, alleine zum ersten Training in der Halle am Mittwochmorgen laufen die Kameras heiß. Sharapova kommt ins Halbfinale - aber die Spielerin des Turniers ist erneut Laura Siegemund: Die 29-Jährige haut Svetlana Kuznetsova, Karolina Pliskova und Simona Halep raus und holt mit einem 6:1, 6:2, 7:6 (5)-Herzschlag-Finale gegen Kristina Mladenovic ihren größten Titel!

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