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NHL Stanley Cup Finals - Keeper of the Cup Phil Pritchard im Interview: "Sie hielt den Cup für einen riesigen Kaffeespender"

Phil Pritchard und der Stanley Cup auf dem Weg nach Russland im Sommer 1997.
© getty
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Entsprechend hat der Stanley Cup einen beträchtlichen Wert. Wie sehen die Sicherheitsvorkehrungen beim Reisen durch die Welt aus?

Pritchard: Hockey-Fans würden sagen, der Cup ist unbezahlbar. Wir als Hall of Fame haben ihn natürlich gemeinsam mit den anderen Trophäen wie der Conn Smythe Trophy für den wertvollsten Spieler der Playoffs versichern lassen. Aber Sicherheitsfragen spielen natürlich eine wichtige Rolle. Wir arbeiten eng mit den lokalen Polizeibehörden und dem Zollamt am Flughafen zusammen, damit sie wissen, dass wir kommen. Der Cup ist in einem großen Koffer sicher verwahrt.

Gepäck kann beim Fliegen aber auch schnell mal woanders landen als am eigentlichen Zielort. Ist Ihnen der Cup jemals verlorengegangen?

Pritchard: Ich drücke jedes Mal die Daumen, damit das nicht passiert. Manchmal kommt es aber tatsächlich vor. Und dann kommt die Mail von der Airline: Ihr Gepäck ist in einem anderen Flugzeug. Meistens kommen direkt die Infos hinterher, wo unser Gepäck gerade ist und wie es doch noch zum eigentlichen Bestimmungsort kommen soll.

Ihr Kollege Mike Bolt musste vor einigen Jahren mal mit dem Cup trampen, da sein eigentliches Fahrzeug kaputtging. Haben Sie ähnliches auch schon mal erlebt?

Pritchard: Wir geben immer alles, um pünktlich anzukommen. Manchmal kommt halt etwas dazwischen, dann muss man schon mal auf ein Taxi oder ein Uber umsteigen. Die Fahrer realisieren gelegentlich, was sie da hinten im Kofferraum haben, wenn es sich um einen Hockey-Fan handelt, holen wir den Cup auch mal raus und machen ein Foto. Das hält die Aura und die Tradition des Cups lebendig. Die Geschichten hinter den Kulissen sind manchmal genauso lustig wie die eigentlichen Stories.

Zum Beispiel?

Pritchard: Vor ein paar Jahren, als die Blackhawks den Stanley Cup gewonnen haben, ist uns vor dem entscheidenden Spiel auf dem Weg in die Arena in Chicago ein kräftiges Unwetter dazwischengekommen. Ein Tornado ist durch die Stadt gefegt. Straßen waren überschwemmt, wir steckten im Verkehr fest. Nur dank der Polizei haben wir es rechtzeitig aufs Eis geschafft. Wenn der Cup ein Buch schreiben könnte, es wäre ein Bestseller.

Pritchard: "Keine Trophäe kommt am Stanley Cup vorbei"

Immerhin kann er sich aus 130 Jahren bedienen. Lassen Sie uns mal zu den Anfängen des Stanley Cup zurückgehen. Wo kommt die Trophäe ursprünglich her?

Pritchard: Der Ursprung des Stanley Cups geht bis in die 1850er Jahre nach Sheffield, England, zurück. Dort kommt die ursprüngliche Schale her. Lord Stanley war der sechste Generalgouverneur von Kanada, quasi das Verbindungsstück zwischen der englischen Monarchie und der kanadischen Regierung. Er stammte aus London, dort hat er die Schale gekauft, er brachte sie hierher und widmete sie dem Amateur-Hockey. 1892 wurde sie unter dem Namen Dominion Hockey Challenge Cup eingeführt. Es war übrigens wirklich nicht mehr als eine Schüssel, erst über die Jahre ist sie zu der Trophäe gewachsen, wie wir sie heute kennen. Dass wir immer noch diese Trophäe nutzen, ist etwas ganz Besonderes.

Nicht wenige Fans bezeichnen den Stanley Cup als die beste Trophäe in der Sportwelt. Was macht die Faszination aus?

Pritchard: Ich gehöre zu denjenigen, die so denken. Die Geschichte ist sicherlich ein Teil davon, was den Stanley Cup so einzigartig macht, aber ebenso die gesamte Aura. Was für mich aber das wichtigste ist: Die Spieler bekommen ihren Namen auf die Trophäe eingraviert, auf der auch ihre Helden aus der Kindheit verewigt sind. Niemand besitzt den Stanley Cup, er gehört allen Siegern. Das kann dir niemand mehr wegnehmen.

Tatsächlich gibt es nur zwei Trophäen in der Welt des Sports, in der alle Namen der Spieler des Siegerteams eingraviert werden. Der Grey Cup von der Canadian Football League und eben der Stanley Cup.

Pritchard: Das Eingravieren übernimmt jedes Jahr eine Silberschmiedin in Montreal, sie ist Silberschmiedin in vierter Generation. Sie hat zehn Tage Zeit, um 52 Namen in den Cup einzugravieren. Teamnamen, die Stadt, das Jahr, die Besitzer, Manager, Trainer und alle Spieler werden verewigt. Wenn die Spieler ihren Namen auf dem Stanley Cup lesen, dann merken sie meistens erst: Das ist wirklich real.

Haben Sie eine persönliche Top 5 der schönsten Sporttrophäen?

Pritchard: Der Stanley Cup sticht für mich natürlich heraus, aber ich würde auch den America's Cup im Segeln, den Weltmeisterpokal im Fußball oder den Grey Cup erwähnen. Und ich liebe die Geschichte des Green Jacket im Golf, auch wenn es keine traditionelle Trophäe ist. Aber am Stanley Cup kommt keiner vorbei.

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