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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 4 in der NFL

Lamar Jackson sieht nach Baltimores Niederlage gegen die Bills entsprechend bedient aus.
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5. Die Saints nach vier Spielen: Verzockt?

Eines muss man den New Orleans Saints lassen: Wenige Teams über die letzten Jahre haben ähnlich viel dazu beigetragen, dass insbesondere die erste Runde des Drafts unterhaltsamer wird.

Wenn es darum ging, ein Team zu finden, das überraschend nach oben traden könnte - und das für einen überraschenden Spieler -, dann waren die Saints meist im engsten Favoritenkreis. Ich erinnere mich noch gut an den 2018er Draft beispielsweise, als New Orleans im Laufe der ersten Runde in einem Trade mit den Packers von Pick 27 bis auf 14 hoch kletterte, und die meisten Beobachter dachten, dass jetzt Lamar Jackson vom Board geht. Edge-Rusher Marcus Davenport war stattdessen das ausgemachte Ziel.

2019 tradeten sie zwei Zweitrunden-Picks, um für Center Erik McCoy hoch zu klettern, 2020 tradeten sie spät am zweiten Tag ihren restlichen Draft (Runde 4, Runde 6, Runde 7, Runde 7) für Minnesotas Drittrunden-Pick, um sich Tight End Adam Trautman zu sichern und 2021 war es den Saints zwei Drittrunden-Picks wert, für Cornerback Paulson Adebo in der dritten Runde hoch zu klettern.

Nichts aber toppte das Vorgehen in diesem Jahr, in meinen Augen zumindest nicht.

New Orleans tradete seinen Erst-, Dritt- und Siebtrunden-Pick 2022 sowie einen Erstrunden-Pick 2023 und einen Zweitrunden-Pick 2024 nach Philadelphia, und erhielt im Gegenzug zwei der drei Eagles-Erstrunden-Picks 2022. Ein teurer Preis um jetzt All-In zu gehen, und die Saints waren noch nicht fertig: Am Draftabend kletterte New Orleans nochmals von Pick 16 auf 11 hoch, für den Preis eines weiteren Dritt- und Viertrunden-Picks - um sich dort schließlich Receiver Chris Olave zu sichern.

Olave ist ein toller Receiver, ich selbst war ein großer Fan Pre-Draft und die ersten Wochen der Saison haben mich in meiner Meinung ganz klar bestätigt. Aber, nochmal extremer als bei Davenport, ist es nahezu unmöglich für jede Nicht-Quarterback-Position, einem derartigen Draft-Investment gerecht zu werden.

Die Saints glauben an ihre Draft-Qualitäten

Die Saints haben noch nie so gedacht. New Orleans hatte zwei offensichtliche Baustellen nach der Free Agency, also verkauften sie Haus und Hof, um diese mit Olave sowie mit Tackle Trevor Penning mit zwei Erstrunden-Pick sofort zu schließen.

Die Saints haben diese Dinge schon immer so gedacht, dass sie sehr im Hier und Jetzt leben und weniger perspektivisch planen - und sie sind, vielleicht mehr als jedes andere Team, von der eigenen Draft-Analyse überzeugt und machen dann auch alles, was nötig ist, um "ihre Spieler" zu bekommen.

New Orleans denkt nicht erst seit kurzer Zeit so, diese Muster erkennt man bei den Saints schon lange. Und auch wenn wir davon ausgehen, dass über einen ausreichend großen Zeitraum keine Franchise signifikant besser oder schlechter draftet als der Rest der Liga, so ist schon auffällig, dass New Orleans einige sehr gute Draft-Klassen in den letzten Jahren hatte.

Sheldon Rankins, Michael Thomas, Vonn Bell und David Onyemata waren Starter oder gute Role-Player 2016, der 2017er Draft mit Lattimore, Ramczyk, Marcus Williams, Kamara und Trey Hendrickson war ein kompletter Homerun. 2019 hatte New Orleans keinen First Rounder, fand neben McCoy aber auch C.J. Gardner-Johnson.

Die Saints schon jetzt deutlich über dem 2023er Cap

New Orleans fand also zahlreiche Starter, was dazu beitrug, dass man Jahr für Jahr in puncto Cap-Management All-In gehen konnte. Doch irgendwann fing die Zeit an, in der auch diese Spieler bezahlt werden mussten, und weil die Saints selbst zum und nach dem Ende der Drew-Brees-Ära nie einen Umbruch einleitete, war der Kader in einer Sackgasse angekommen.

Die Saints mussten gute Spieler wie Marcus Williams, Trey Hendrickson und Terron Armstead gehen lassen, und selbst wenn man Williams etwa mit Tyrann Mathieu noch prominent ersetzen konnte: Der Kader war schon an einem Punkt angekommen, an dem Stillstand das Maximum dessen darstellte, was möglich war.

Und selbst das nur, weil New Orleans seinen Cap einmal mehr so strapaziert hat, dass die Saints bereits jetzt knapp 55 Millionen Dollar über dem prognostizierten Cap nächstes Jahr liegt.

Ich denke, dass Wert darin liegt, wenn man versucht, Jahr für Jahr kompetitiv zu sein. Die Saints haben zwischen 2017 und 2020 mit elf, 13, 13 und zwölf Siegen jeweils die Division gewonnen, es zwei Mal in die Division-Runde der Playoffs und ein Mal bis ins Championship Game geschafft, wo man gegen die Rams das berüchtigte "No-Call"-Spiel verlor.

Jetzt jedoch sind wir an dem Punkt angekommen, an dem man sich nicht nur die Frage stellen muss, ob es das wert war - sondern die Frage, wie es weitergehen soll.

Wie sieht der Turnaround im Saints-Stil aus?

Denn das einzige Szenario, wie dieser Kader in seiner aktuellen Zusammensetzung potenziell weiter funktioniert hätte, wäre mit einem Quarterback auf dem Rookie-Vertrag gewesen, der direkt einschlägt.

Jameis Winston ist bereits unter Starting-Quarterback vergleichsweise ein Schnäppchen. 14 Millionen verdient er pro Jahr über zwei Jahre, unter den aktuellen Starting-Quarterbacks verdienen, abgesehen von den Quarterbacks, die noch zu Rookie-Konditionen spielen, nur Marcus Mariota, Jacoby Brissett, Mitch Trubisky, Geno Smith und Jimmy Garoppolo weniger.

Doch die Saints haben nicht nur im diesjährigen Draft das Risiko nochmal hochgeschraubt; auch dass die gesamte Strategie daran gekoppelt war, dass Jameis Winston als Starter konstant genug und gut genug ist, auch ohne Sean Payton und ohne die Sicherheit einer starken Offensive Line auf einem Level spielen kann, das gut genug ist, um ganz oben mitzuspielen, war und ist ein extremer Drahtseilakt. Und es ist viel verlangt.

Die Idee, dass man um Drew Brees ein Titelfenster maximieren und so lange wie möglich - und auch länger als möglich - dieses Fenster pusht, ist nachvollziehbar. Dass man dann versucht, einen starken, aber eben längst nicht mehr so kompletten Kader auch mit einem Mid-Level-Quarterback weiter auf Angriff zu polen, ist mindestens sehr gewagt.

Und die Umstände werden nicht leichter werden. Cameron Jordan wird nächstes Jahr 34, genau wie Demario Davis. Das sind die beiden tragenden Säulen dieser Defensive Front seit Jahren - eine Front, die bislang in dieser Saison hinter den Erwartungen bleibt.

Die Saints haben noch immer einen starken Kader; ein Kader, der in einer schwachen NFC vielleicht sogar gut genug für eine Wildcard ist. Aber ich sehe auch einen Kader, der, was das übergreifende Roster-Management und die Win-Now-Mentalität angeht, eine Neuausrichtung braucht.

Ich bin gespannt, wie diese für ein Team aussieht, das über die letzten Jahre nichts anderes als All-In kannte.