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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse der Conference Championship Games

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© getty

Super Bowl LVI steht fest! Die Cincinnati Bengals treffen in zwei Wochen in Los Angeles auf die Rams. Die kritischen Matchups und großen Personalien dieses Spiels werden uns in der kommenden Woche ausführlich beschäftigen. Zunächst aber sollen die vier Teams, die die beiden Conference-Championship-Titel ausgespielt haben, noch einmal im Fokus stehen. Die Erkenntnisse aus einem dramatischen Sonntag.

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Es fällt im Hinblick auf die beiden Championship Games auf, wie dramatisch unterschiedlich die vier Teams an diesen Punkt gekommen sind - und wie unterschiedlich die Fragen sind, die diese vier Teams jetzt, respektive nach dem Super Bowl dann, beantworten müssen.

Ist die Saison der Rams nach dieser All-In-Attacke nur dann ein Erfolg, wenn L.A. jetzt auch den Super Bowl gewinnt? Und könnte das gegen die Niners bisweilen desolate Zeit-Management von Sean McVay und seinem Stab den Rams im Super Bowl zum Verhängnis werden?

Wie sehen die Quarterback-Entscheidungen der 49ers im Rückblick aus, jetzt, da die Garoppolo-Ära vor ihrem Ende steht? Haben die Chiefs die nächste Entwicklungsstufe gegnerischer Defenses kennengelernt? Und warum gewinnen die Bengals, obwohl ihre Offense in der Divisional Round und über weite Strecken auch im Championship Game nur bedingt zündete?

In der Divisional Round wurden alle vier Spiele mit dem letzten Play entschieden, das AFC Championship Game ging in die Overtime, das NFC Championship Game war bis zum finalen Drive spannend. Bis dato haben wir fantastische Playoffs gesehen, und so bleibt zu hoffen, dass sich das im Super Bowl fortsetzt.

1. Los Angeles Rams: All-In-Modus als neue Blaupause?

Dass Teams in der NFL versuchen, Erfolgsmodelle zu kopieren, ist keine neue Erkenntnis.

Division-Sieger, Teams, die in den Playoffs gewinnen, Teams, die es in den Super Bowl schaffen - es wäre eher überraschend, wenn andere Franchises nicht versuchen würden, zumindest in Teilen deren Erfolgsmodell zu kopieren und es auf die eigene Situation und das eigene Team anzuwenden.

Das ist mal mehr, mal weniger originell; an dieser Stelle könnte man an die Offseason zurückdenken, in der jegliche Verbindung zu Sean McVay allem Anschein nach reichte, um für einen Head-Coach-Posten in Frage zu kommen. Oder darauf verweisen, dass manche Teambesitzer immer noch hoffen, das Patriots-System ohne Bill Belichick nachbauen zu können.

Aber was sich bewährt, bleibt selten ohne Nachahmer - und wenn ich auf die beiden diesjährigen Championship Games schaue, springt keine potenzielle Blaupause mehr ins Auge als die der Los Angeles Rams; deren Weg in dieser Saison gezeichnet ist von aggressiven Trades und einem unkonventionellen Umgang mit Draft-Ressourcen.

Zwei Erst- und einen Drittrunden-Pick kostete Matt Stafford. Zwei Erst- und einen Viertrunden-Pick Jalen Ramsey. Für Von Miller waren ein Zweit- und ein Drittrunden-Pick fällig, für Sony Michel ließ man einen Viert- und einen Sechstrunden-Pick nach New England wandern. Und wenn man etwas weiter zurückgeht: Einen Dritt- und Fünftrunden-Pick bezahlten die Rams einst für Dante Fowler, einen Erstrunden-Pick für Brandin Cooks.

Während also andere Teams seit Jahren darauf aus sind, ihr Draft-Kapital zu maximieren, um in der großen Ungewissheit des Drafts möglichst viel Munition zu haben und den Kader am ehesten mit Veteran-Trades für Tag-3-Picks noch abrunden, gehen die Rams seit Jahren in gewisser Weise den entgegengesetzten Weg.

Die Top-100-Picks des kommenden Drafts werden höchstwahrscheinlich ohne die Rams stattfinden, und in den Top-135-Picks wird L.A. ein einziges Mal auftauchen, am Ende von Runde 3. Ist das nun clever und antizyklisch? Oder ist es Kaderplanung ohne Weitsicht, bei dem zu viel auf eine Karte gesetzt wird, da man versucht, diesen einen Ring zu erzwingen?

Das Roster Building der Rams: Aggressivität mit Plan

Was im Fall der Rams definitiv auffällt: Die Trades kommen bei aller Aggressivität nicht einfach planlos daher.

Da lässt sich - abgesehen von Sony Michel, aber McVays Wertschätzung der Running-Back-Position war in den letzten Drafts ebenfalls mehrfach überdeutlich zu sehen - beispielsweise daran beobachten, dass L.A. in die Premium-Positionen investiert: Elite-Corner, Pass-Rusher, Wide Receiver - und eben Quarterback.

Und bei Stafford lässt sich vortrefflich darüber diskutieren, wie groß das Upgrade nun tatsächlich war. Stafford hatte eine wilde Achterbahn einer Regular Season, es dauerte auch merklich, bis McVay schließlich die richtige Balance zwischen der "Stafford-Offense" - mehr Spread-Formationen, weniger Kombination aus Run- und Pass-Designs, mehr auf den Schultern des Quarterbacks abgeladen - und der deutlich Quarterback-freundlicheren "Goff-Offense" gefunden hatte.

Stafford hat mehrere Spiele weggeworfen oder es zumindest versucht, er hat die Liga in Pick Sixes angeführt und die beachtlichen Total Stats bieten keineswegs eine komplette Darstellung seiner Saison. Aber es ist unbestreitbar, dass er die Offense auf eine Art und Weise geöffnet und die Big Plays wieder in die Offense gebracht hat, wie es mit Jared Goff über die letzten beiden Jahre nicht möglich war.

Die Rams und der Erfolg in der Mitte des Drafts

Der andere Teil der Gleichung - neben exzellentem Coaching, was immer einige Löcher überspielen kann - ist der Erfolg der Rams über die letzten Jahre in den mittleren Runden des Drafts. Dann, wenn für Los Angeles der Draft häufig überhaupt erst anfängt, mit den Runden, auf die sich die Rams in ihrem Scouting-Prozess auch mehr und mehr konzentrieren.

Cooper Kupp (3. Runde/2017), Van Jefferson (2/2020), Left Guard David Edwards (5/2019), Center Brian Allen (4/2018), Running Back Darrell Henderson (3/2019), Defensive Tackle Sebastian Joseph-Day (6/2018), Safety Jordan Fuller (6/2020), Cornerback David Long (3/2019), Linebacker Troy Reeder (Undrafted/2019) - das sind, außerhalb von Kupp, der eine fantastische Saison gespielt hat, solide Starter für dieses Rams-Team.

Tight End Gerald Everett (2/2017) und Safety John Johnson (3/2017) würden ebenfalls in diese Gruppe fallen, beide verließen das Team letztes Jahr als Free Agents und werden den Rams Compensatory Picks im kommenden Draft einbringen.

Diese Spieler, in Kombination mit dem Sammeln von Mid- und Late-Round-Picks durch Downtrades und Compensatory Picks, machen die aggressive Trade-Strategie in der Form erst möglich. Doch hier muss man erwähnen, dass man sich auf Treffer im Draft nicht verlassen kann; auf Treffer in den späteren Runden erst recht nicht.

Zumindest aber gibt sich L.A. die Chancen, in diesen Runden Starter zu finden. Neun Spieler haben die Rams im vergangenen Draft ausgewählt, genauso viele wie 2020. 2019 waren es acht und 2018 elf. Auch im kommenden Draft wird L.A. trotz der Trades mit Compensatory Picks vermutlich auf je eine Auswahl in den Runden 3,4 und 5 sowie mehrere Picks in den späten Runden kommen. Acht Picks dürften es im Endeffekt werden.

Los Angeles: Wann bricht das Konstrukt ein?

Und dennoch: Los Angeles mit der aktuellen Strategie ist deutlich anfälliger dafür, mal zwei, vielleicht drei Draft-Klassen mit wenig Output zu erleiden. Das ist nicht von der Hand zu weisen, und dann kann das Konstrukt schnell zusammenbrechen.

Denn die Trades für große Namen sind nicht nur in puncto Draft-Kapital teuer, diese Spieler kosten - im Gegensatz zu Startern, die noch unter ihrem Rookie-Vertrag spielen - auch direkt viel Geld.

Stand heute haben die Rams mit Donald, Ramsey, Stafford, Floyd, Kupp, Woods und Whitworth sieben Spieler unter Vertrag stehen, deren Cap Hit jenseits der 15-Millionen-Marke liegt.

Diese sieben Spieler machen rund 67,5 Prozent des Rams-Caps 2022 aus. Die ersten vier knacken die 20 Millionen und weder Von Miller noch Odell Beckham Jr. haben Stand heute einen Vertrag für die kommende Saison. Auch die Starter Brian Allen, Darious Williams, Austin Corbett, Troy Reeder und Sebastian Joseph-Day haben auslaufende Verträge. Aktuell liegen die Rams neun Millionen Dollar über dem Cap.

Rams: Wird aus "All-In" jetzt auch ein Ring?

Es wird für die Rams nicht leicht sein, im kommenden Jahr ein ähnlich talentiertes Team zusammen zu stellen. Gut möglich, dass dieses Jahr die goldene Gelegenheit ist, um den Ring zu holen, für den dieser Kader zusammengestellt wurde. Gut möglich ist aber auch, dass das Fenster dann auch wieder schnell zugeht.

Gleichzeitig komme ich bei den Rams auch immer darauf zurück, dass L.A. einen unheimlich hohen Floor hat: Kupp, Woods, Donald, Ramsey plus McVay und der Coaching-Staff - allein dieser Kreis an Säulen gibt den Rams eine Basis, die viele Teams so nicht haben, und die es einem leichter macht, darauf aggressiv einen Contender-Kader aufzubauen.

Die Aggressivität, mit der die Rams seit Jahren vorgehen, inklusive dem Austauschen des Quarterbacks, mit dem man durchaus einige Spiele gewonnen hat, verdient ein gewisses Maß an Anerkennung. Und gerade der Quarterback-Part wird in absehbarer Zeit auch für andere Teams ein Thema werden.

Es war kein kopfloses Hineinstürzen in ein potenzielles Titelfenster. Dieses Team wird auch auf absehbare Zeit gut sein. Aber das Risiko und die Endlichkeit dieses Fensters sind deutlich sichtbar. Die Chance ist vielleicht nie wieder so groß wie in diesem Jahr, um aus "All-In" auch tatsächlich einen Ring zu machen.

Und dann würde die Zahl der potenziell interessierten Nachahmer noch weiter klettern.