NFL

NFL Third and Long Wildcard Week - der Mailbag zum Spieltag: Rivers? Wentz? Winston? Welche Quarterback-Optionen haben die Colts?

Von Jan Dafeld
Nick Bosa will 2021 wieder mit den San Francisco 49ers angreifen.
© getty
Cookie-Einstellungen

 

 

Ein Coaching-Wechsel in Seattle? Welcher Gegner kann den Packers gefährlich werden?

hanno210, Chris, David, Stefan Pohlmann und viele mehr: Sollten die Seahawks über einen Coaching-Wechsel nachdenken? Kann Seattle unter Carroll nochmal einen tiefen Playoff-Run schaffen oder ist seine Zeit in der NFL vorbei?

Zunächst vorweg: Seahawks-Fans, die nach dem enttäuschenden Aus gegen die Rams tatsächlich auf eine Trennung von Carroll hoffen, werden enttäuscht werden. Carrolls Vertrag in Seattle wurde vor gerade mal zwei Monaten langfristig verlängert, der 69-Jährige stieg dabei zu den bestbezahlten Head Coaches der NFL auf. Eine Entlassung wird somit kein Thema sein. Ob sie es sein sollte, steht allerdings auf einen anderen Blatt.

Über die letzten vier Jahre gewannen die Seahawks gerade mal ein Playoff-Spiel, im NFC Championship Game stand Seattle zuletzt 2014. Für ein Team mit einem Top-5-Quarterback in seinen Reihen ist das eindeutig zu wenig.

Für Carroll spricht dabei, dass er in der vergangenen Saison gezeigt hat, dass er flexibler ist als es ihm so mancher Kritiker zuvor zutrauen wollte. Carroll drückte seine Run-First-Philosophie in der Offense nicht (weiter) durch, Seattle spielte über die erste Saisonhälfte die passintensivste Offense der Liga. Das sollte trotz des enttäuschenden Saisonendes nicht ignoriert werden.

Was bleibt, sind einige teilweise haarsträubende Challenge-Flaggen sowie so manche fragwürdige Fourth-Down-Entscheidung. Beides mag für Fans mitunter frustrierend sein, sollte in der Gesamtevaluation des Coachings in dieser Saison allerdings nicht zu stark ins Gewicht fallen. Die Seahawks punteten in dieser Spielzeit kein einziges Mal mit weniger als drei zu gehenden Yards in der gegnerischen Hälfte, das ist gegenüber 2019 zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Seattles Probleme liegen tiefer.

In seinen Erkenntnissen zur Wildcard-Runde hat mein Kollege Adrian Franke die offensiven Probleme der Seahawks in der zweiten Saisonhälfte bereits genauer unter die Lupe genommen. Die eigene Unfähigkeit, gegen Teams mit zwei tiefen Safetys ein effektives Kurzpassspiel aufzuziehen, muss Seattle in der Offseason intern intensiv untersuchen.

Damit gerät Offensive Coordinator Brian Schottenheimer in den Fokus. Sowohl Carroll als auch Russell Wilson sprachen ihre Probleme mit den offensiven Playdesigns nach dem Playoff-Aus überraschend deutlich an, Schotty könnte somit tatsächlich angezählt sein.

Auch bei ihm darf man allerdings nicht vergessen, dass die Seahawks im ersten Saisondrittel eine der besten Offenses der NFL hatten. Seattles Downfield-Kombinationen waren beeindruckend, im stetigen Schachspiel in der NFL fand Schottenheimer auf die defensiven Anpassungen seiner Gegenüber ab der Saisonmitte dann allerdings schlicht keine Antwort mehr. Das wirft kein gutes Licht auf ihn, in den kommenden Wochen wird er überzeugende Erklärungen und Ideen liefern oder seinen Hut nehmen müssen.

Auf gar keinen Fall sollte der NFC-West-Champion im Sommer zu seiner ehemaligen Run-First-Offense zurückkehren - auch wenn Carroll ähnliche Gedanken bereits hat anklingen lassen. Die Regular Season hat gezeigt, welches Potenzial in der Kombination aus Wilson, Tyler Lockett und D.K. Metcalf schlummern kann. Nun muss der nächste Schritt sein, über das Scheme ein funktionierendes Kurzpassspiel als Addition zu Wilsons spektakulären Big Plays zu entwickeln.

Defensiv sollten die Seahawks derweil nicht darauf vertrauen, ihr Niveau aus dem Saisonendspurt mit Spielen gegen Dwayne Haskins, Colt McCoy, Geno Smith und C.J. Beathard halten zu können. Die große Stärke dieses Teams kann und sollte die Offense sein. Gerade deshalb muss der Fokus in der Offseason darauf liegen.

Michael Trump: Sind die Rams für die Packers das bessere oder das schlechtere Matchup im Vergleich zu den Bucs?

Die Packers mussten in der Regular Season ihre mit Abstand deutlichste Niederlage des Jahres gegen die Bucs einstecken, von daher scheint diese Frage relativ klar beantwortet werden zu können. Mit einem Blick auf die schematischen Stärken und Schwächen der drei Teams würde ich es allerdings nicht ganz so eindeutig sehen.

Der Packers-Offense können Defenses am ehesten Probleme bereiten, indem sie Rodgers in der Pocket unter Druck setzen. Hinter einer herausragenden Offensive Line spielte dieser in dieser Saison meist aus einer sauberen Pocket, kein Spieler ist unter diesen Umständen gefährlicher. Auch deshalb dürfte Rodgers bald zum MVP gewählt werden.

Den Bucs gelang es in ihrem Duell im Oktober, Rodgers mit aggressiven Blitzes unter Druck zu setzen und diesen somit zu Fehlern zu zwingen. Während Tampas Pass-Rush seitdem etwas abgebaut hat, haben die Rams mit Aaron Donald den mit Abstand gefährlichsten Pass-Rusher der NFL in ihren Reihen. Jalen Ramsey könnte zudem der einzige Corner der Liga sein, der Davante Adams im Eins-gegen-eins verteidigen kann. Und: Keine Defense lässt weniger explosive Plays durch die Luft zu. Nach Russell Wilson könnte Brandon Staleys Defense auch Rodgers enorm zusetzen.

Defensiv liegt die Schwäche der Packers derweil in der Run-Defense. Den 49ers in den vergangenen Playoffs oder auch den Vikings in der Regular Season gelang es, Green Bay über den Boden komplett zu dominieren. Und welches NFC-Playoff-Team erinnert am stärksten an diese Offenses? Richtig, die Rams, die ebenfalls primär auf Outside-Zone-Runs und darauf aufbauende Rollouts des Quarterbacks setzt.

Die Bucs, die den Packers vor drei Monaten enorme Probleme bereiteten und die offensiv seitdem nochmals ein neues Level erreicht haben, hätten Green Bay gefährlich werden können, dies kann allerdings genau so auch für die Rams gelten. Entscheidend dürfte letztendlich werden, in welcher gesundheitlichen Verfassung Los Angeles sein Divisional-Round-Matchup angehen kann. Ist Aaron Donald bei 100 Prozent? Und kommt Jared Goff schon wieder annähernd an seine Normalform heran? Falls beide Fragen mit Ja beantwortet werden, könnten wir am kommenden Samstag ein hochspannendes Match zu sehen bekommen.

NilleSB: Sind die Ravens das schlechteste Matchup für Kansas City?

Die vorherrschende Meinung dürfte wohl eher sein, dass die Ravens das beste Matchup für die Chiefs sind, immerhin hat Kansas City die bisherigen direkten Aufeinandertreffen mit Lamar Jackson alle drei für sich entschieden und in Woche drei geradezu Katz und Maus mit Baltimores Defense gespielt. Ganz so eindeutig sehe ich die Rollen allerdings nicht verteilt, daher möchte ich die Frage trotzdem beantworten.

Der Schlüssel ist dabei der Gameplan der Ravens in einem hypothetischen AFC Championship Game. Don "Wink" Martindale lässt die wohl aggressivste Defense der NFL spielen und für gewöhnlich würde ich dafür argumentieren, nicht zu sehr von der eigenen Philosophie abzuweichen. Die Chiefs sind aber nun mal keine gewöhnliche Offense.

In den letzten zwei direkten Duellen zerstörte Patrick Mahomes Martindales Blitze nach Belieben. Tyreek Hill, Travis Kelce, Sammy Watkins und auch Clyde Edwards-Helaire sind einfach zu viele Matchup-Waffen, um diese alle im Eins-gegen-eins zu verteidigen - erst Recht, wenn Andy Reid und Eric Bieniemy diese auch noch perfekt in Szene setzen.

Defenses, die mit zwei tiefen Safeties agieren und Mahomes mit dem Four-Men-Rush unter Druck setzen können, bereiteten KC über die letzten Wochen und Monate allerdings so manches Mal Probleme. Die Ravens haben das Personal, um ebenfalls einen solchen Gameplan umsetzen zu können - zumindest auf dem Papier. Calais Campbell, Derek Wolfe, Yannick Ngakoue und Matt Judon oder Tyus Bowser bilden ein gutes Pass-Rush-Quartett, zudem haben die Ravens gleich drei sehr gute Cornerbacks. Unter Umständen könnte Marlon Humphrey sogar Travis Kelce im Eins-gegen-eins übernehmen.

Heißt das, dass Kansas City die Ravens fürchten und ihnen möglichst aus dem Weg gehen sollte? Selbstverständlich nicht, Mahomes und Co. bleiben vorerst gegen jedes Team Favorit. Die Begegnung könnte allerdings durchaus umkämpfter werden als es so manch Außenstehender vermuten würde. Man sollte nicht vergessen: Vor zwei Jahren benötigten die Chiefs noch ein unglaubliches Fourth-Down-Play von Mahomes sowie die Overtime, um die Ravens zu schlagen.