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Third and Long: Trade-Kandidaten - und brauchen die 49ers einen neuen Quarterback?

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet die Leser-Fragen nach dem Spieltag.
© imago images/Paul Kitagaki Jr.
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Ploppi19: Die Panthers führen die NFC South an. Geht da noch mehr? Ist Carolina unterschätzt?

Es ist eine etwas ausweichende Antwort, aber im Kern: Ich will noch mehr von den Panthers sehen. Gerade die letzten beiden Siege gegen Arizona und Atlanta waren gegen wirklich schwache Defenses, gegen die Carolina seinen offensiven Stil spielen und damit sehr ordentlich punkten konnte. Die Bears-Defense sollte da schon eine andere Hausnummer sein, dann warten über die kommenden Wochen die Saints, die Chiefs, die Buccaneers - Carolina wird dann zeigen müssen, wie flexibel man auch gerade offensiv sein kann.

Was sich aber schon jetzt sagen lässt, ist, dass Joe Brady ein Treffer zu sein scheint, die Verpflichtung von Robby Anderson wie ein Treffer aussieht und defensiv gerade einige der jungen Spieler hervorstechen. Und es lässt sich festhalten, dass Carolina unter Rhule allem Anschein nach ein gutes Fundament aufbaut, nicht nur was die jungen Spieler auf dem Platz angeht.

Gegen Atlanta am Sonntag verloren die Panthers Brian Burns, Yetur Gross-Matos, Donte Jackson und Kawann Short im Laufe der Partie verletzungsbedingt - und dennoch knickte die Defense nicht ein. Die Falcons in ihrem aktuellen Zustand sind dafür vermutlich ein dankbarer Gegner, aber dieses Panthers-Team zeigt in jedem Fall bereits eine Stabilität, die ich an diesem frühen Punkt in der Saison und innerhalb des Umbruchs in Carolina nicht erwartet hatte.

Insofern ja: Die Panthers waren vor der Saison unterschätzt, von mir in jedem Fall. Ich hatte sie für diese Saison unter den fünf schlechtesten Teams der Liga vermutet. Als Playoff-Team sehe ich sie jetzt nicht auf einen Schlag, aber Carolina kann sehr wohl Richtung 8-8-Saison gehen.

Manu: Warum hat Minshew nicht das Standing, das er verdient? An seinen Leistungen liegt es auf jeden Fall nicht.

Zwei Dinge fallen mir hier sofort ein: Draft-Pedigree - und die Angst vor dem Quarterback-Niemandsland.

Ganz salopp gesagt könnte man behaupten, dass Minshews Standing deutlich positiver wäre, wenn er ein Erstrunden-Pick gewesen wäre. Das ist etwas, das sich in der NFL häufig beobachten lässt - auch wenn es darum geht, welche Spieler noch eine dritte oder vierte Chance erhalten, nachdem sie anderswo krachend gescheitert sind. Der einstige hohe Draft-Pick wird da gegenüber dem Late-Rounder in der Regel bevorzugt.

Und so ist es auch mit der öffentlichen Wahrnehmung. "Er war ja nicht grundlos ein Sechstrunden-Pick" dürfte da, ob bewusst oder unbewusst, in so manchem Hinterkopf sein. Minshew spielt besser als Daniel Jones, besser als Dwayne Haskins, und war in Phasen besser als Kyler Murray.

Allerdings, und das wiederum spielt dann in den zweiten Punkt mit rein, ist Minshew eben auch gerade wenn man den Murray-Vergleich zieht in puncto Ceiling limitierter. Und das bringt den Sorgenpunkt "Quarterback-Niemandsland" auf den Tisch.

Ich denke, dass Minshew in den richtigen Umständen ein besserer Game Manager sein kann, der gelegentlich auch Off-Skript Offense kreiert. Aber eben auch nicht viel mehr, und dann reden wir vielleicht von einer Platzierung irgendwo zwischen Platz 10 und 15. Was viele Teams mit Handkuss nehmen würden - und gleichzeitig ist es eine Situation, in der eine Franchise weiter versuchen muss, ein Upgrade zu finden.

GerryG: Haben es Hybrid-Spieler, die auf mehreren Positionen gut sind, in der NFL schwerer?

Sie haben es insofern schwerer, als dass sie einen Coach brauchen, der genau weiß, wie man sie einsetzt. Es muss einen konkreten Plan geben, der gleichzeitig aber auch nicht zu starr sein darf - wie das Beispiel Isaiah Simmons in Arizona aktuell zeigt.

Defensive Coordinator Vance Joseph hatte von Anfang an die klare Idee, Simmons als Linebacker heranzuführen und dann gegebenenfalls seine Aufgabenfelder schrittweise zu erweitern. Klingt in der Theorie nicht schlecht, doch wenn er dann selbst als Linebacker kaum Snaps sieht und Joseph gleichzeitig nicht gewillt ist, trotz zahlreicher Safety-Ausfälle Simmons dort zumindest Spielpraxis sammeln zu lassen und selbst zu sehen, was der Rookie dort womöglich leisten kann, dann ist ein sehr niedriger Deckel auf dem Potenzial dieses Picks.

Generell nämlich entwickelt sich die Liga in meinen Augen mehr und mehr in eine Hybrid-Liga, offensiv wie defensiv. Die Frage ist dann, wie viele Coaches auch wirklich bereit sind, das, was sie kennen und seit Jahren oder Jahrzehnten coachen, anzupassen und sich umzustellen. Mal Woche für Woche, mal auch längerfristig.

Kein Coach beherrscht das besser als Bill Belichick - und sehr viele Coaches haben hier Defizite. So gesehen haben es Hybrid-Spieler wie Simmons tatsächlich schwerer in der NFL, wo letztlich doch viele ähnliche Ideen und Konzepte gespielt werden, mit einigen Ausnahmen natürlich. Wer über den Tellerrand schaut und neue Dinge ausprobiert, muss sich dann viel eher darauf gefasst machen, dass es ihm in der Öffentlichkeit um die Ohren fliegt, sollte es nicht klappen.

Im nächsten Gedankenschritt sagt uns das auch etwas darüber, wie Spieler wie Simmons im Pre-Draft-Prozess eingeschätzt werden müssen. Dass er eben bei all seinem Talent im Vakuum ein Top-10-Spieler sein mag - das aber hat keinen Wert, wenn das Team, das ihn nimmt, dann unflexibel und übervorsichtig agiert.