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NFL Third and Long Week 9 Recap: Die Ravens-Offense - und Midseason-Awards!

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt in seiner wöchentlichen Kolumne zurück auf den vergangenen NFL-Spieltag.
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Darnold, Dolphins, Steelers, Top-Offenses - eure Fragen

Florian Fo und FRunner08: Können die Dolphins jetzt auch nicht tanken? Sitzt Brian Flores jetzt endgültig sicher im Sattel?

Ja, der Sieg kostet die Dolphins einige Picks in der Draft-Reihenfolge. Und wenn ich heute raten müsste, würde ich vermuten, dass noch ein weiterer Sieg gegen die Bengals dazukommt, die man wohl mit dem Quarterback-Tausch als neuen Favoriten auf den Nummer-1-Pick sehen muss.

Vielleicht wäre es das beste Szenario für Miami gewesen, dass man schlecht spielt, ohne sich komplett zu blamieren, dabei aber den Nummer-1-Pick sichert, um so die freie Auswahl bei den Quarterback-Prospects zu haben. Ein erfolgreicher radikaler Umbruch hängt maßgeblich davon ab, dass man seinen Quarterback findet - mit fünf Erstrunden- und vier Zweitrunden-Pick über die nächsten beiden Jahre, zusätzlich zu über 100 Millionen Dollar an Cap Space für nächstes Jahr, haben die Dolphins mehr als genug Ressourcen, um die Tür für eine neue Ära zu öffnen.

Die Realität ist auch, dass wir dieses Jahr viele wirklich, wirklich schlechte Teams haben: Miami, die Jets, Cincinnati, Washington, all diese Team sind in der Verlosung für maximal einen Saisonsieg, auch wenn die Wege dieser Teams hierher sehr unterschiedlich waren.

Und was unterscheidet diese Teams aktuell? Wo sehen wir positive Tendenzen, wo sehen wir Teams, die kompetitiv geworden sind? Tipp: Es sind nicht die Bengals und sicher nicht die Jets. Washington hat den Neustart mit der Entlassung von Jay Gruden eingeleitet und ist seit dieser Woche das erste Team seit den 2008er Browns mit drei Spielen in Folge ohne irgendeinen eigenen Touchdown.

Es sind die Dolphins, die schon vor dem Sieg über die Jets nur eine 2-Point-Conversion vom Sieg gegen Washington entfernt waren, die Bills in Buffalo lange am Rande einer Niederlage hatten und dann in Pittsburgh nach dem ersten Viertel 14:0 führten und das Spiel erst im Schlussviertel außer Reichweite geriet.

Worauf will ich damit hinaus? Wenn man sich die Leistungskurve dieses Dolphins-Teams anschaut, muss man unweigerlich das Gefühl bekommen, dass dieses Team mit Brian Flores in deutlich besseren Händen ist als etwa die Jets, Redskins und womöglich auch die Browns. Wenn man am Ende mit dem guten Gefühl, dass Flores dieses Team anführen kann, aus dieser Saison geht, dann ist das potenziell mehr Wert, als das Vorrecht auf den ersten Quarterback - der letztlich trotz allem immer noch eine gigantische Wildcard ist.

Deshalb auch: Ja. Flores sitzt sicher im Sattel. Auch wenn er sich im Umgang mit der Quarterback-Frage nicht gerade souverän präsentiert hat, sprechen die Auftritte des Teams - und da reden wir was das Talent-Level angeht noch immer vom schlechtesten Team der Liga - auf dem Platz für sich.

sascha und Optisania: Hat Darnold langfristig maximal das Potenzial zum NFL-Backup? Ist Darnold der Franchise-QB der Jets, oder sollten sie mit einem voraussichtlich hohen Draft-Pick einen neuen Quarterback draften?

Darnold ist dieses Jahr erst 22 Jahre alt geworden und hat gerade seinen 18. NFL-Start absolviert, insofern würde ich noch kein finales Urteil fällen - insbesondere mit dem vielversprechenden finalen Saisonviertel letztes Jahr oder dem Auftritt gegen die Cowboys dieses Jahr im Hinterkopf.

Wir reden also von etwa vier bis sechs vielversprechenden Spiele in Darnolds NFL-Karriere, also rund ein Viertel bis ein Drittel. Gewisse Schwankungen gerade bei einem jungen Quarterback sind völlig normal, gleichzeitig passt diese Inkonstanz auch zu dem, was wir von Darnold im College gesehen haben.

Ich bin nochmals in meine Pre-Draft-Analyse zu Darnold gegangen, und zitiere mal kurz daraus:

"In Darnolds guten Momenten sind seine Accuracy sowie das Ball Placement spektakulär. Dann geht er durch seine Reads, legt sich die Defense mit kleineren Bewegungen in der Pocket zurecht und feuert einen nahezu perfekten Ball in den Lauf seines Receivers. Hier erkennt man komplett, wo der Hype herkommt.

Das Problem dabei allerdings ist die Tatsache, dass Darnold diese Dinge mitnichten konstant abrufen kann und stattdessen genauso in der Lage ist, einen Drive oder auch ein Spiel komplett wegzuwerfen."

Turnover-Anfälligkeiten, Risiko-Pässe, Accuracy-Wackler, technische Inkonstanzen - diese Dinge waren auf Darnolds College-Tape zu sehen und sie sind auch in der NFL noch präsent. Das heißt auch, dass die Frage nach dem Franchise-Quarterback völlig offen ist. Es heißt aber auch, dass Darnold neben besseren Umständen auf dem Platz dringend richtiges Coaching benötigt, um sich zu entwickeln.

Defenses werden Darnold blitzen, bis er konstant Antworten darauf findet,und im Moment muss man einfach konstatieren, dass der Aspekt nach dem "richtigen Coaching" doch sehr ernsthaft in Frage gestellt werden muss. Ich bin insgesamt bei Darnold noch einigermaßen optimistisch was den langfristigen Upside angeht, doch ist Alarmstufe dunkelgelb angesagt, sollte der aktuelle Trainerstab tatsächlich in New York bleiben.

Jay Becker, Kmpl_1990 und Andreas Schwärzle: Was erwartest du bei den Steelers diese Saison noch mit Mason Rudolph? 8-8? Oder sogar noch mit Glück eine Wild Card? Kann diese Defense das Team in die Playoffs tragen?

Das Wildcard-Rennen in der AFC ist definitiv noch offener als ich vor zwei Wochen gedacht hatte. Es gibt einfach wenige gute Teams in der AFC dieses Jahr. Und wenn man die Patriots, Ravens und Chiefs in die Playoffs schreibt, mit den Texans mutmaßlich als weiterer Kandidat, dann entsteht schon dahinter ein wahnsinnig breites Feld.

Ich sehe die Colts insgesamt - bei Brissetts Verletzung scheinen sie ja mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein - immer noch als Playoff-Team, Indy ist einfach ein rundum solides bis gutes Team mit einem exzellenten Trainerstab. Und die Bills haben einfach schon sechs Siege, mit einem wirklich einfachen Rest-Schedule (unter anderem noch in Cleveland, in Miami, gegen Denver und gegen die Jets), sodass ich Buffalo trotz aller Inkonstanz zehn Siege fraglos zutraue.

Und dann wird es für Pittsburgh einfach dünn. Ich sehe die Steelers maximal als 9-7- und eher als 8-8-Team, und dann ist eben die Frage, ob man mit einer Art Best-Case-Szenario die Colts oder Bills hinter sich lassen kann. Aber ich zumindest vertraue der Offense und insbesondere dem Quarterback einfach nicht genug, um Pittsburgh dieses Jahr in die Postseason zu tippen. Und selbst wenn sie es dorthin schaffen, wären sie mutmaßlich mein erster One-and-Done-Tipp.

Pittsburgh hat die Bausteine, um nächstes Jahr nochmal anzugreifen; wenn Roethlisberger zurück ist und man das Wide Receiver Corps nochmal verstärkt hat. Dieses Jahr ist das in meinen Augen ein Mittelmaß-Team.

Herr Bert: Wie erklärst du dir die teils sehr guten Leistungen der Backup-Quarterbacks? Man hat den Eindruck, mit den Backups geben sich die Coaches mehr Mühe, QB-freundlich zu agieren - und wenn der Starter wieder da ist, gibt es wieder "Yolo-Plays".

Ich denke vom Grundsatz her ist das das Resultat einer Tatsache, die in der NFL jetzt schon seit einigen Jahren zu beobachten wird: Offenses werden Quarterback-freundlicher. Einfache Reads durch Play Action und Run Pass Options, leichter lesbare Defenses durch Passing bei Early Downs, zahlreiche Kurzpass-Konzepte, die für einfache Completions sorgen, Misdirection, Motion und alles, was möglich ist, um Coverages Pre-Snap zu enttarnen und um klare Matchups zu kreieren.

All das sehen wir in der NFL immer konstanter. Nicht bei allen Offenses, aber eben bei den guten Offenses und die Chiefs sind aktuell sicher das beste Beispiel dafür. Matt Moore ist ein guter Backup, aber eben nicht mehr. Doch die Zeiten, in denen man eine Offense so komplex wie möglich macht, nur weil man einen Starter hat, der dazu vielleicht in der Lage ist, sind vorbei - davon profitiert auch ein Elite-Quarterback wie Mahomes, und für einen Backup wie Moore sind es natürlich maximal dankbare Umstände, um hinein geworfen zu werden.

Das, was du als "Yolo-Plays" bezeichnest, ist dann vermutlich eine Mischung aus zwei Dingen: Die Offense wird wieder etwas weiter expandiert und der Quarterback selbst ist in der Lage, individuell mehr zu kreieren, und spielt eben auch so. Im Kern sollte aber jede Offense so funktionieren, wie wir es aktuell in Kansas City sehen: Dass das Gerüst so stark ist, dass es auch mit einem Backup-Quarterback funktioniert - aus dem Gerüst aber eine Elite-Offense wird, wenn der Elite-Quarterback wieder in sie rein gepackt wird.

Markus Höppner: Welches sind deine Top-3-Offenses und Top-3-Defenses?

Top-3-Offenses:

  1. Chiefs: Für mich noch immer die am besten designte, am besten gecallte und auf den Skill Positions gefährlichste Offense in der NFL. Dass man das aktuell sogar sieht, während Patrick Mahomes ausfällt und die Offensive Line angeschlagen ist, spricht umso mehr für Andy Reid und das Gerüst dieser Offense.
  2. Saints: Mir fehlt immer noch eine echte Nummer-2-Receiver-Waffe neben Michael Thomas. Jared Cook ist das bislang zumindest nicht und so hängt dann letztlich doch viel von Thomas und Alvin Kamara ab - die aber sind ihres Zeichens das beste WR-RB-Duo der Liga. Kombiniert mit einer Top-5-Offensive-Line, einem der besten Play-Caller der Liga sowie der Rückkehr von Drew Brees bekommt man eine sehr gefährliche Formel.
  3. 49ers: Kein Run Game in der NFL ist besser designed oder besser mit dem eigenen Passpiel verknüpft als das der 49ers - und das nun schon seit mehreren Wochen ohne beide Starting Tackles. Man hat den aktuell gefährlichsten Tight End der Liga, Sanders ist ein klares Upgrade und wenn Garoppolo so Auftritte wie in Arizona auch gegen bessere Pass-Defenses hinlegen kann, greifen die Niners die Top-2 an.

Top-3-Defenses:

  1. 49ers: Wackelten gegen Arizona erstmals merklich, das Gerüst dieser Defense ist aber stark. Die Niners haben eine großartige Front Seven, wenngleich der Ausfall von Kwon Alexander gerade auch in der Underneath-Coverage wehtut. Die Überraschung ist aber, wie gut die Secondary agiert. Wer in der Offensive Line keine Antworten hat, wird gegen die Niners wenige Stiche sehen.
  2. Patriots: Der Auftritt der 49ers bei den Cardinals und dann die großen Probleme der Patriots in Baltimore untermauern einmal mehr die Tatsache, dass auch die Elite-Defenses einer jeweiligen Saison am Ende deutlich stärker von der gegnerischen Offense abhängen, als das umgekehrt bei den Elite-Offenses der Fall ist. Die Pats haben noch immer die beste Secondary und die flexibelste Defense insgesamt in der NFL.
  3. Steelers: Haben die Steelers selbst ohne Stephon Tuitt die beste Front-Five in der NFL? T.J. Watt ist einer der besten Edge-Rusher dieser Saison, Cam Heyward einer der drei, vier komplettesten Interior Linemen der Liga und Bud Dupree spielt eine sehr gute Saison als Nummer-2-Edge-Rusher. Auch Javon Hargrave spielt vielleicht seine beste Saison als Pass-Rusher. Die Secondary ist ein großes Stück hinter den 49ers und noch weiter hinter den Patriots, aber die Verpflichtung von Minkah Fitzpatrick war hier ein massives Upgrade.