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Schöner, schneller - und besser?

Wie weit trägt James Harden seine Houston Rockets?
© getty

Nach einer enttäuschenden Vorsaison bauten die Houston Rockets ihren Kader um. Auch an der Seitenlinie weht neuer Wind - mit Mike D'Antoni kommt Run-and-Gun nach Texas. Trotz des langfristigen Vertrags für James Harden bleibt allerdings die Frage, wo das alles hinführen wird.

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Die Transaktionen:

Das Duo James Harden/Dwight Howard ist Geschichte. So richtig harmoniert haben die beiden nie - da war es nur folgerichtig, dass die Franchise wenig Anstalten machte, Free Agent Howard zu halten. So zog er weiter und heuerte bei den Atlanta Hawks an. Ganz anders "The Beard": Der Rockets-Topscorer unterschrieb einen neuen Vertrag, der 4 Jahre und 117 Millionen Dollar wert ist.

Über die Free Agency holte GM Daryl Morey einen Haufen Spieler an Bord, die vor allem der Offensive neues Leben einhauchen sollen. Ryan Anderson unterschrieb für 4 Jahre und 80 Millionen, Eric Gordon für 4 Jahre und 52. Darüber hinaus fand Center Nene den Weg nach Texas, während Veteran Pablo Prigioni den Backcourt verstärken soll. Über die Draft wurde Big Man Chinanu Onuaku verpflichtet.

Auch an der Seitenlinie gab es eine Veränderung: Nachdem Kevin McHale schon im Laufe der vergangenen Saison entlassen wurde, traute man der Interimslösung J.B. Bickerstaff den Posten nicht dauerhaft zu. Stattdessen zieht ab sofort Offensiv-Guru Mike D'Antoni die Fäden.

Die Strategie:

Schlechte Teamchemie, Katastrophenstart, frühes Playoff-Aus - die Rockets waren auf der Suche nach dem Reset-Button und haben ihn gefunden. Howard, der angeblich mehr Touches gefordert hat, als ihm zustanden, ist weg und wurde durch Anderson ersetzt - der mit seinem Shooting und der Fähigkeit, das Feld breit zu machen, ohnehin viel besser ins System von Neu-Coach D'Antoni passt. Dieser dürfte ohnehin ganz froh sein, sich nach seiner verkorksten Lakers-Zeit nicht erneut mit dem Dwightmare auseinandersetzen zu müssen.

Der Ruf des neuen Head Coaches ist lässt keinen Zweifel zu, was die neue Marschroute ist: Offense wins. Dafür stehen auch die Neuzugänge Anderson, Gordon und auch Nene, der - wenn er das offene Feld vor sich hat - auch im Fastrbreak ein Faktor sein kann. Franchise Player Harden dürfte daran Gefallen finden: In Kombination mit seinem Monstervertrag hat das Front Office alles dafür getan, um ihn glücklich zu machen.

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Auch die Zeiten, in denen die vom Advanced-Stats-Fan Morey favorisierte Spielweise ("nur Dreier oder Punkte am Brett") alternativlos war, dürften mit der Ankunft D'Antonis vorbei sein, unter dem bekanntlich jeder offene und schnelle Wurf ein guter Wurf ist. Von wo abgefeuert wird, ist erst einmal sekundär.

Das heißt auch: Die Rockets sollen wieder Spaß machen, attraktiv spielen und nicht mehr belächelt werden. Zu diesem Zweck nahm Morey die langfristigen Verträge der verletzungsanfälligen Anderson und Gordon gerne in Kauf.

Die Schwachstellen:

Die Raketen hatten schon in der letzten Saison das schlechteste Defensiv-Rating aller Playoff-Teams. Mit dem Abschied von Howard und der Übernahme von D'Antoni bedarf es keinen allzu tiefen Blick in die Glaskugel, um zu erahnen, dass es auch in dieser Saison kaum anders laufen wird - im Gegenteil.

Harden gilt sowieso nicht als Fan von defensiver Arbeit und lädt die Last im Backcourt damit auf Patrick Beverley ab. Apropos Beverley: Sein derzeit einziger Backup für die Eins ist Prigioni - und der ist 39 Jahre alt. Wer also verteidigt die Splash Brothers oder Lillards dieser Welt? Eric Gordon? Vielleicht, wenn er mal konstant fit bleibt, was vor drei Jahren zuletzt der Fall war.

Auch im Frontcourt sieht die Lage nicht anders aus. Anderson spielt mit einer ähnlichen Mentalität wie Harden und auch aus Nene wird kein starker Ringbeschützer mehr. Und wie sieht es mit Rebounds aus? Bei der defensiven Rebound-Rate lagen die Rockets in der letzten Saison auf Platz 30 und mit D12 ist ihr bester Müllsammler abgewandert.

Darüber hinaus steht ein dickes Fragezeichen hinter dem Gesundheitszustand von Ryan Anderson. Zuletzt blieb er 2012/13 eine ganze Saison lang fit. Fällt er wieder mal langfristig aus, fehlen auch im Frontcourt die Alternativen.

Der Hoffnungsträger:

Der Hoffnungsträger ist gleichzeitig Bartträger: Der Erfolg der Rockets steht und fällt mit James Harden. Das hat auch schon der Anfang der vergangenen Saison gezeigt, als er nur 10 Prozent seiner Dreier traf, aber trotzdem munter drauflos feuerte. Der Fehlstart des Teams war auch auf seine Wurfkrise zurück zu führen, an deren Ende Coach McHale seine Koffer packen musste.

In Houston hofft man auf ein "Bounce-Back"-Jahr von Harden, was angesichts seiner Saisonstatistiken (29 Punkte, 6,1 Rebounds, 7,5 Assists) eigentlich kaum möglich erscheint. Allerdings hatte der Bart eben im Vorjahr gezeigt, dass er noch deutlich teamdienlicher und effektiver spielen kann als in der Saison 2014/15.

Als Jungspund dürfte zudem Clint Capela im Fokus stehen, der aller Voraussicht nach den Starting Spot auf der Fünf vom abgewanderten Howard übernehmen wird. Der 21-Jährige war einer der wenigen Lichtblicke in der vergangenen Saison und kann mit seiner Energie und Athletik das fehlende Puzzleteil in der Rotation darstellen. Auf 36 Minuten hochgerechnet kam er zuletzt bereits auf 13,3 Punkte und 12,1 Rebounds - kann er das auch abrufen, wenn seine reale Spielzeit in die Höhe schnellt?

Das Fazit:

Nach der schwachen Vorsaison sahen sich die Rockets gezwungen, Änderungen am Kader und am Konzept vorzunehmen. Beides hat GM Morey umgesetzt - der neue Head Coach sowie die neuen Spieler passen zur neuen Marschroute des attraktiven Basketballs. Zudem dürfte er dafür gesorgt haben, dass Harden mit seiner Situation langfristig zufrieden sein wird.

Es bleibt allerdings die Frage, zu wie viel Erfolg das alles führen wird. Die ohnehin schon schwache Defense erhielt noch einmal ein Downgrade und es ist mehr als fragwürdig, dass D'Antoni an diesem Ende des Courts die Baustellen schließen kann. Darüber hinaus fehlt auf mehreren Positionen ein tatsächlich kompetenter Backup - was mit der Verletzungshistorie der Neuzugänge doppelt gefährlich ist.

Sicher ist nur eins: Den Zuschauern wird wieder mehr Spektakel geboten.

Die Note: 3-

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