NBA

Gefangen im Fegefeuer

Dirk Nowitzki steht mit den Mavericks eine weitere "Zwischen-Saison" bevor
© getty

Bei den Dallas Mavericks hat sich in der NBA-Offseason einiges verändert, die grundsätzliche Ausrichtung der Franchise blieb allerdings dieselbe. Die Neuverpflichtungen folgten allesamt einem Plan, obwohl sie aus der Not geboren waren. Aber ist dieser Plan für die NBA-Saison (LIVE auf DAZN)überhaupt der richtige?

Cookie-Einstellungen

Die Transaktionen:

Wie üblich ist bei den Mavs extrem viel passiert - und wie üblich lief dabei nicht alles nach Plan. Als Haupt-Prioritäten galten zu Beginn der Free Agency Hassan Whiteside und Mike Conley, die sich aber gegen Dallas entschieden. Also mussten sich die Mavs wieder einmal anders orientieren und tauschten dabei den halben Kader aus.

Chandler Parsons ist weg, Raymond Felton ist weg, Zaza Pachulia ist weg, JaVale McGee ist weg, David Lee ist weg. Neu sind dafür Harrison Barnes und Andrew Bogut aus Golden State, Seth Curry und Quincy Acy von den Kings, sowie die Neulinge A.J. Hammons und Jonathan Gibson. Fünf weitere Spieler kloppen sich im Training Camp noch um die übrigen Kaderplätze.

Zudem wurden einige der eigenen Free Agents gehalten. Deron Williams unterschrieb für ein weiteres Jahr, Dwight Powell für vier. Und dann wurde natürlich auch Dirk Nowitzki gehalten - der ewige Maverick unterschrieb für zwei weitere Jahre und 50 Millionen Dollar, wobei in Jahr zwei eine Team-Option besteht.

Die Strategie:

Seit Jahren hat Dallas das gleiche Problem: Solange Nowitzki Teil der Franchise ist, gibt es keinen vollständigen Rebuild, das wäre auch mit Coach Rick Carlisle nicht machbar. Nur kann sich GM Donnie Nelson nicht komplett frei auf dem Markt bedienen, wie er kürzlich im SPOX-Interview erklärte - zu jedem Vertrag gehören immer zwei Parteien.

Die Mavs können wenig tun, wenn sich ihre Wunschspieler für andere Teams entscheiden. Da dies in diesem Sommer erneut passierte, mussten sich die Verantwortlichen schnell einen Plan B überlegen und hoffen, dass dieser leichter zu realisieren wäre. Genau dies ist Dallas dank Kevin Durant und seinem Wechsel zu den Warriors recht gut gelungen.

Keiner der Neuzugänge bringt Superstar-Potenzial mit, sie alle dürften aber kurzfristig helfen und gerade Barnes und Curry haben noch reichlich Luft nach oben. Barnes ist für seine bisher gezeigten Leistungen mit einem 94-Millionen-Dollar-Vertrag zwar grandios überbezahlt, aber die Mavs setzen darauf, dass er bisher nur von seiner geringen Rolle zurückgehalten wurde.

Klar ist aber auch, dass die Mavs einen gewissen Spagat meistern müssen und nicht denken dürfen, dass sie mit diesem Team kurzfristig Bäume ausreißen werden. Deswegen steht von den älteren Spielern nur noch J.J. Barea über 2017/18 hinaus unter Vertrag.

Die Mavs wollen konkurrenzfähig bleiben, ohne sich dabei die Zukunft mit langfristigen Verträgen verbauen. Solange Nowitzki in Dallas spielt, wird sich an dieser Strategie wohl auch nichts mehr ändern. Es sei denn, die Mavs kriegen doch irgendwann ihren Superstar in der Free Agency.

Die Schwachstellen:

Auf dem Papier liest sich eine Starting Five aus Williams, Wes Matthews, Barnes, Nowitzki und Bogut ziemlich gut - allerdings sind mit Ausnahme von Barnes alle Starter entweder alt oder haben schwere Verletzungen hinter sich. Oder beides. Fraglich, wie oft diese Starting Five tatsächlich zusammen spielt.

Zudem schreit der Kader nicht gerade nach Tempo-Basketball. D-Will, Bogut und Dirk sind enorm spielintelligent, Schnelligkeit und Athletik bringt hingegen keiner von ihnen mit. Carlisle wird die Truppe wie immer ihren Stärken entsprechend aufstellen, dem Liga-Trends werden die Mavs aber nur bedingt folgen können, selbst wenn Dirk gelegentlich Small-Ball-Center spielen soll, wie Nelson ankündigte.

Verfolge Dirk Nowitzkil und die Mavericks live auf DAZN!

Ebenfalls wichtig: Bei allem Potenzial ist Barnes nicht ansatzweise der Playmaker wie Parsons, den er ersetzen soll. In der wahrscheinlichen Starting Five ist der 32 Jahre alte Williams der einzige Spieler, der häufiger in die Zone zieht und dann noch das Auge für den freien Mann hat. Einigermaßen. Die Mavs werden für ihre Punkte ziemlich hart arbeiten müssen.

Defensiv werden Barnes und Bogut helfen, gerade eine Verletzung des Australiers würde sich aber nur schwer kompensieren lassen. Selbst wenn er fit bleibt ist Bogut im aktuellen Stadium seiner Karriere nur noch selten für mehr als 25 Minuten gut. Wer in der verbleibenden Spielzeit vernünftig den Ring beschützen soll, ist eine der wichtigsten Fragen, die Carlisle beantworten muss.

Auf der Bank finden sich auch sonst ungewöhnlich viele Fragezeichen, weshalb ihre Qualität schwer einzuschätzen ist. Spieler wie Curry oder Acy müssen ihre Rollen erst finden. Bei Justin Anderson, Powell oder Salah Mejri hofft Dallas auf den nächsten Schritt, Garantien gibt es aber keine. Die erfahreneren Backups Barea und Devin Harris kommen zudem auch langsam in die Jahre.

Fazit:

Die Offseason der Mavs war wieder einmal nichts Halbes und nichts Ganzes. Ob man sie langfristig positiv bewerten kann, hängt allen voran an der Entwicklung von Barnes. Wenn der Small Forward ein Star wird, sieht sein Vertrag irgendwann nicht mehr so absurd aus. Es ist gemessen an seiner bisherigen Karriere aber ein ziemlich großes 'Wenn'.

Wahrscheinlicher ist derzeit, dass die Mavs eine weitere Saison in dem Fegefeuer verbringen, das man in der NBA eigentlich unbedingt vermeiden will. Zu gut, um wirklich mal den benötigten Neuaufbau zu starten. Zu schlecht, um über ein Aus in der ersten Playoff-Runde hinwegzukommen.

Es ist verständlich, dass die Mavs aus Loyalität zu Nowitzki Jahr für Jahr so handeln, daher kann man sie auch nicht wirklich dafür verteufeln. Das ändert allerdings nichts daran, dass sie mit dieser Strategie auf der Stelle treten. Bevor ein richtig "fetter" Free Agent nach Dallas kommt oder ein Rebuild eingeleitet wird, wird sich daran auch nichts ändern.

Note: 4

Die Mavericks im Überblick

Artikel und Videos zum Thema