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NBA - Sam Bowie: Warum die Portland Trail Blazers ihn im Draft 1984 vor Michael Jordan zogen

Von Robert Arndt
Sam Bowie wurde 1984 mit dem 2. Pick vor Michael Jordan von den Portland Trail Blazers ausgewählt.
© getty

Die Portland Trail Blazers verschmähten im Draft 1984 Michael Jordan, stattdessen zogen sie mit Sam Bowie einen Center. Diese Entscheidung war schon damals fragwürdig, im Nachhinein war es eine der schlechtesten der NBA-Geschichte. Sturheit und eine Lüge befeuerten die damalige Entscheidung.

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Hakeem Olajuwon, Sam Bowie, Michael Jordan - die Draft-Reihenfolge von 1984 bleibt auch heute für viele ein Rätsel. Mit Charles Barkley und John Stockton wurden später noch zwei weitere Hall of Famer gezogen, Alvin Robertson, Otis Thorpe und Kevin Willis wurden zumindest noch All-Stars. Der Jahrgang gilt als einer der besten, vielleicht sogar als DER beste Draft-Jahrgang aller Zeiten.

Aber Bowie? Der erreichte 1985 zumindest das All-Rookie First Team, doch für viel mehr reichte es für den Center in seinen 511 NBA-Spielen nicht. Stattdessen gab es zahlreiche Verletzungen, die Bowie immer wieder ausbremsten. 10,9 Punkte, 7,5 Rebounds und 1,8 Blocks im Schnitt sind passabel, aber für einen zweiten Pick ist es etwas dürftig - insbesondere wenn man bedenkt, dass nach ihm der wohl beste Basketballer aller Zeiten vom Board ging.

War es nur Pech? Was sahen die Blazers damals in Bowie und warum zogen sie Jordan nicht wirklich in Betracht?

Zunächst einmal lohnt sich der Blick auf das damalige Team der Blazers. Portland hatte zwar einige Jahre zuvor den dauerverletzten MVP Bill Walton verloren, mit Big Man Mychal Thompson (29), All-Star Jim Paxson (26) und einem hoffnungsvollen Rookie namens Clyde Drexler (22) war aber zumindest ein Gerüst vorhanden. Zweimal in Folge reichte es für die Playoffs, der Pick war auch nicht der eigene, sondern der aus Indiana.

Scoring war genügend da, stattdessen brauchte das Team Verstärkung auf der Center-Position, da die Lakers in der gleichen Division spielten und einen gewissen Kareem Abdul-Jabbar in ihren Reihen hatten. Thompson, Klays Vater, konnte zwar auch Center spielen, war aber eher ein Leichtgewicht der damaligen Zeit.

Sam Bowie: Verletzungen kosten ihn zwei College-Jahre

Bowie war hingegen ein klassischer Fünfer. Er reboundete gut, blockte Würfe, war für seine Zeit auch ein sehr passabler Passgeber und hatte einen passablen Sprungwurf im Repertoire. Bigs dominierten zu dieser Zeit noch die NBA, auch wenn der Trend zu kleineren Spielern erkennbar war - man denke an Magic Johnson, Larry Bird, Isiah Thomas und Co. Und dennoch: Wenn ein Franchise-Center zu haben war, dann wurde dieser immer einem Forward oder Guard vorgezogen.

Das Problem mit Bowie war aber ein anderes. Der damals bereits 23-Jährige hatte auf dem College zwei volle Jahre verpasst, nachdem eine Fraktur am Schienbein nicht wie gewünscht heilte. Stattdessen war eine Knochentransplantation die Lösung und Bowie konnte ein weiteres Jahr für Kentucky auflaufen. Dabei legte er 10,5 Zähler und 9,2 Rebounds im Schnitt auf.

Die Alarmglocken in Portland schellten dennoch nur bedingt. GM Stu Inman wollte unbedingt einen Center und so ignorierten sie Jordan, auch wenn dieser als Nike-Athlet mehrfach in Portland war und UNC-Coach Bobby Knight seinen Schützling immer wieder anpries. "Dann setze Jordan eben als Center ein und er ist der beste Center der NBA", soll Knight zu Inman vor dem Draft gesagt haben.

Sam Bowie: Das folgenschwere Flunkern

Stattdessen wusste Chicago schon eine Woche vor dem Draft, dass sie Jordan bekommen würden. Am 19. Juni 1984 wurde es dann auch Gewissheit, als David Stern den Pick verkündete. Bowie war im Publikum, Jordan nicht, da er sich in Los Angeles auf Olympia vorbereitete. Bowie hatte hingegen, obwohl angeblich fit, als einziger Star-Spieler abgesagt.

In Portland sah man aber auch das nicht als Problem, man sah sich abgesichert und Bowie berichtete in seinem Draft-Interview auch warum: "Ich habe in Portland einen Medizincheck über sieben Stunden absolviert und sie haben wirklich alles gecheckt. Ich weiß nicht, ob dies etwas mit der Vergangenheit von Bill Walton zu tun hatte. Auch er hatte eine Stressfraktur, aber was mich betrifft, geht es mir zu 100 Prozent gut."

Knapp 30 Jahre später gestand der Nr.2-Pick in einer ESPN-Dokumentation, dass dies nur die halbe Wahrheit gewesen sei. "Ich kann mich daran erinnern, wie die Ärzte einen kleinen Hammer nahmen und damit auf mein linkes Schienbein klopften. Ich sagte ihnen, dass ich nichts spüren würde, aber es hat sehr geschmerzt", berichtete der Center vom Medizincheck.

Als Betrug an der Franchise sah er dies aber nicht an: "Vielleicht war es eine Lüge und falsch von mir, aber am Ende des Tages haben wir alle eine Familie, die versorgt werden möchte. Ich habe damals das getan, was jeder in meiner Situation getan hätte."

Sam Bowie: Die Schienbeine halten nicht

Immerhin machte Bowie in seiner Rookie-Saison 76 Partien, in denen er durchaus gut aussah. Am Saisonende wurde er neben Jordan, Barkley, Sam Perkins und Olajuwon ins All-Rookie Team gewählt. Die Probleme begannen erst ein Jahr später, als er sich nach einer Kollision mit dem eigenen Mitspieler Jerome Kersey erneut das linke Schienbein brach.

Der Center war zur neuen Saison wieder fit, doch im fünften Spiel zog sich Bowie diesmal im rechten Schienbein eine Stressfraktur zu und beschrieb das Gefühl so, als ob ihm jemand mit der Axt das Bein abgehackt hätte.

"Ich erinnere mich, wie der Knochen aus dem Bein schaute und wie er mit der Faust immer wieder auf den Boden schlug", erinnerte sich Drexler später. Schrauben sollten das Schienbein zusammenhalten, nur taten sie das nicht und Bowie brauchte neue Schrauben. Insgesamt kostete ihn das über zwei Jahre (November '86 bis Februar '89), am Ende der Saison tradeten die Blazers Bowie nach New Jersey.

139 Einsätze standen 271 verpasste Partien gegenüber. Für Bowie kam Buck Williams von den Nets und lieferte Portland genau das, was Bowie nie konstant liefern konnte. Der Kern aus Terry Porter, Drexler, Kersey, Kevin Duckworth und Williams bescherte Portland nach der kurzen Walton-Ära die beste Blazers-Phase der Franchise-Historie mit drei Conference Finals-Teilnahmen am Stück sowie zwei verlorenen Finals gegen Detroit und Chicago.

Sam Bowie und der Blazers-Fluch auf Center

Und Bowie? Der blieb in den Meadowlands weitestgehend von Verletzungen verschont und war ein zumindest solider NBA-Starter, bevor ihn in seinen letzten beiden Jahren bei den Los Angeles Lakers die Verletzungen wieder einholten.

"Ich bedauere nur eine Sache", erklärte Bowie später über seine Zeit bei den Blazers. "Ich hätte mir gewünscht, dass ich nach meiner ersten Verletzung in Portland geduldiger geblieben wäre. Man hatte das Gefühl, dass ich Portland enttäuscht habe. Sie haben viel Geld gezahlt und dann kannst du nicht spielen. Es ist entweder Schuld oder Bedauern. Ich sollte einen Doktortitel vor meinem Namen haben, weil ich durch meine Verletzungen so viel über Medizin gelernt habe."

Die Blazers lernten dagegen nur bedingt dazu. 23 Jahre nach dem Bowie-Desaster stand Portland vor einer ähnlichen Situation wie 1984. Auf der einen Seite Greg Oden, ein hochtalentierter Big Man mit einer dicken Krankenakte, auf der anderen Seite Kevin Durant, der schon damals als kommender Superstar gehandelt wurde. Portland entschied sich an Eins wieder für den Center, Greg Oden, wieder war es ein Fehler. Die Blazers und ihre Center, es nahm selten ein gutes Ende.

Sam Bowie: Seine Statistiken in der NBA

SaisonTeamSpielePunkteFG%REBBLK
84/85Blazers7610,053,78,62,7
85/86Blazers3811,848,48,62,5
86/87Blazers516,045,56,62,0
87/88Komplett verpasst wegen Verletzung am Schienbein
88/89Blazers208,645,15,31,7
89/90Nets6814,741,610,11,8
90/91Nets6212,943,47,71,5
91/92Nets7115,044,58,11,7
92/93Nets799,145,07,01,6
93/94Lakers258,943,65,21,1
94/95Lakers674,644,24,31,2
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