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NBA - Zach LaVine bei den Chicago Bulls: All-Star oder doch nur leere Kalorien?

Zach LaVine spielt für die Chicago Bulls die beste Saison seiner Karriere.
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Zach LaVine ist seit einigen Jahren das Gesicht der Chicago Bulls. Der Neuaufbau wurde noch nicht mit den Playoffs gekrönt und auch LaVine wartet trotz seiner Scoring-Qualitäten weiter auf seine erste All-Star-Nominierung. In der laufenden Spielzeit könnte sich das ändern.

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So umstritten es ist, dass dieses Jahr vermutlich doch ein All-Star Game ausgetragen wird, so laut sind oft die Rufe aus den verschiedenen Lagern, dass Spieler X oder Y doch unbedingt ein All-Star sein muss. Noch immer besitzt das Etikett hohe Popularität, auch wenn der eigentliche Gradmesser für Qualität die All-NBA Teams sind.

Auch dieses Jahr wird es wieder zahlreiche Diskussionen geben, warum ein Star dabei ist, ein anderer aber "übergangen" wurde. Einer solcher Fall könnte in dieser Saison Zach LaVine sein, der mit seiner Spielweise seit Jahren gewissermaßen polarisiert.

Die rohen Zahlen bei LaVine rufen, nein, brüllen sogar nach All-Star. Der Shooting Guard der Chicago Bulls legt durchschnittlich 28,1 Punkte, 5,4 Rebounds sowie 5,3 Assists bei 51,9 Prozent aus dem Feld und 43 Prozent von der Dreierlinie auf. Ähnliche Zahlen beziehungsweise Quoten konnten bisher nur Larry Bird (3x), Kevin Durant (2x), Stephen Curry und LeBron James auflegen.

Zach LaVine: Fast 400 Spiele ohne Playoffs

Über die Qualität dieses Kreises muss man nicht viel sagen, dennoch wartet LaVine weiter auf seine erste All-Star-Nominierung. Über die Fans wird er es nicht schaffen, hier liegt er im Voting derzeit nur auf Platz fünf bei den Guards im Osten. Es müssten also die Coaches sein, die LaVine für dessen Saison belohnen. Im Vorjahr machten sie indes einen Bogen um den Bulls-Star, was diesen verärgerte, auch weil das Event in seinem Wohnzimmer Chicago ausgetragen wurde.

Inzwischen ist Gras über die Sache gewachsen, LaVine will sich damit nicht mehr beschäftigen. "Ich glaube, dass ich nun schon seit zwei Jahren wie ein All-Star spiele", sagte der 25-Jährige der Chicago Tribune. "Gewinnen ist mir wichtig, der Rest kommt dann von allein. Ich würde lieber in die Playoffs kommen, als individuelle Auszeichnungen zu erhalten."

Jene Playoffs kennt LaVine bisher nur vom Hörensagen. In sechs Jahren mit Minnesota und Chicago reichte es nicht ein einziges Mal für die Postseason, nur Alex Len (486 Spiele), Elfrid Payton (414) und Julius Randle (402) warten schon länger auf ihr Playoff-Debüt als LaVine (378).

Zach LaVine: Einer der besten Scorer der Liga

Ist dies alleine auf LaVine zurückzuführen? Sicherlich nicht. Sowohl die Wolves als auch die Bulls waren Teams im Neuaufbau, Teams, welche noch auf der Suche nach einer Identität waren und sind. So ist es auch im Moment, mit Billy Donovan ist nach der frustrierenden Boylen-Ära ein frischer Wind in die Kabine gekommen, auch im Front Office sitzen seit der Offseason neue Entscheidungsträger.

Chicago, im Vorjahr noch Platz 28 in Offense, ist inzwischen im Mittelfeld angekommen, dafür zählt die Defense zu den Sorgenkindern. Dass der offensive Motor brummt, ist vornehmlich LaVine zuzuschreiben. Mit seiner Athletik gepaart mit einem inzwischen sehr sicheren Sprungwurf sieht Scoring bei ihm so leicht aus - als könne dies irgendwie jeder schaffen.

Am Ring trifft LaVine fast 70 Prozent, aus der Mitteldistanz versenkt er ebenfalls fast die Hälfte seiner Würfe. So kommt es zu Scoring-Explosionen wie gegen die Clippers, als er dem Contender 45 Zähler einschenkte, oder wie vor einigen Tagen, als er 46 Punkte gegen New Orleans machte und damit einen neuen persönlichen Bestwert bei 17/25 aus dem Feld aufstellte.

Über die Saison macht LaVine 1,3 Punkte pro Abschluss (Wurf oder Freiwurf), ein elitärer Wert, erst recht für einen Guard. Übertreffen tut dies auf den kleinen Positionen übrigens nur ein gewisser Stephen Curry, bei dem es keine Zweifel gibt, ob er bei einem möglichen All-Star Game mit dabei ist.

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Zach Lavine: Kann er seine Mitspieler besser machen?

Noch immer ist LaVine aber den Beweis schuldig geblieben, dass er ein Team besser machen kann - und das auf mehreren Ebenen. Zum einen wird ihm seit Jahren ein gewisser Tunnelblick vorgeworfen. Auch in den vergangenen Jahren legte LaVine zwar über 4 Assists im Schnitt auf, doch in diesem Jahr scheint der 25-Jährige einen weiteren Schritt gemacht zu haben.

In dieser Situation steigt LaVine zwar hoch, wartet aber solange, bis der Gegenspieler sich entscheiden muss, welchen Dreierschützen er decken möchte. LaVine registriert es und bestraft die Defense mit einem einigermaßen simplen, aber doch anspruchsvollem Play.

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Auch die Mitspieler registrieren den Wandel vom Me-First-Spieler zu einem Scorer mit Playmaking. "Seine Einstellung zum Spiel hat sich geändert", sagte Otto Porter Jr. kürzlich dem Chicago Tribune. "Er versteht nun besser, wie er seinen Mitspielern helfen kann. Er kann immer scoren, aber es sind andere Dinge, die dem Team helfen, Spiele zu gewinnen."

Dennoch hat LaVine noch einen weiten Weg vor sich. Auch wenn seine Assist-Zahlen nun so hoch wie noch nie sind, gleiches gilt auch für seine Ballverluste. Natürlich hält er oft den Ball in der Hand, doch fast 4 hergeschenkte Bälle pro Spiel sind dann doch eine Ecke zu viel - auch für den Geschmack von Donovan. "Einige davon waren sehr, sehr schlampig."

Auch dies waren Aussagen aus dem Januar, für den Monat Februar sind es inzwischen nur noch 3 pro Partie. Und trotzdem, ein Großteil davon ist vermeidbar, wie zum Beispiel hier zu sehen. Zu oft versucht LaVine seine Bigs einzusetzen, wenn kein Passfenster offen ist beziehungsweise die Gegenspieler schon darauf lauern.

Zach LaVine: Seine Statistiken bei den Chicago Bulls

SaisonSpieleMinutenPunkteFG%3P%ReboundsAssists
2017/182427,316,738,334,13,93,0
2018/196334,523,746,737,44,74,5
2019/206034,825,545,038,04,84,2
2020/212535,528,151,943,05,45,3

Zach LaVine: Die Defense bleibt ein Problem

Die größte Kritik an LaVines Spiel war und bliebt wiederum die Defense, auch wenn es über die Jahre besser geworden ist. Die Zahlen schmeicheln dem Guard jedoch so gar nicht. Laut Cleaning the Glass kassieren die Bulls 16 Punkte pro 100 Ballbesitze weniger, wenn ihr Star auf der Bank sitzt. Das liegt einerseits daran, dass die Bank der Bulls mit besseren Verteidigern wie Garrett Temple oder Thaddeus Young ausgestattet ist. Eine solche Diskrepanz ist dennoch kein Zufall, erst recht nicht, wenn der Trend seit Jahren anhält.

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Immer wieder gibt es Szenen, in denen LaVine seinen Gegenspieler aus den Augen verliert oder an seinem Gegenspieler kleben bleibt anstatt den Weg für einen Drive abzuschneiden. Sie sind weniger geworden, aber sie sind noch immer da. Es spielt letztlich mit hinein, dass LaVine ein Team noch nie im Alleingang knapp an oder in die Playoffs führen konnte. Leere Kalorien sind seine Zahlen aber nicht, fast 30 Punkte pro Spiel macht man nicht im Vorbeigehen.

Ob es dieses Jahr für das All-Star Game reicht? Es dürfte knapp werden, aber bei der starken Konkurrenz im Osten würde es nicht verwundern, wenn er wieder in die Röhre schaut. LaVine wird es recht sein, wenn er stattdessen Ende Mai noch nicht im Urlaub ist und dafür sein erstes Playoff-Spiel absolvieren würde. Derzeit fehlen den Bulls 0,5 Spiele auf Platz 10 und damit zumindest einen Platz im Play-In-Turnier.

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