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NBA - Das "Shrug Game" von Michael Jordan in den Finals 1992: Als MJ nicht nur die Blazers, sondern auch sich selbst überraschte

Michael Jordan wollte es in den Finals 1992 seinem Rivalen Clyde Drexler so richtig zeigen.
© getty

Heute vor 28 Jahren sorgte Michael Jordan in Spiel 1 der Finals 1992 für einen weiteren ikonischen Moment seiner Karriere. Mit einem wahren Dreierfeuerwerk und 35 Punkten allein in Halbzeit eins versenkte der Bulls-Star die Portland Trail Blazers und seinen Rivalen Clyde Drexler - gefolgt von einem legendären Schulterzucken.

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In der langen Historie der NBA finden sich zahlreiche ikonische Momente, die ein Spiel, eine Playoff-Serie oder sogar eine ganze Saison geprägt haben. "The Block" von LeBron James in Spiel 7 der Finals 2016 ist so einer, als der King Andre Iguodala per Chasedown abräumte und die Cavs wenig später ihre erste Championship eintüteten. Oder Ray Allens Dreier in den finalen Sekunden von Spiel 6 der Finals 2013 oder der Step-Over von Allen Iverson über Ty Lue 2001, nur um ein paar Beispiele aus diesem Jahrhundert zu nennen.

Es überrascht nicht, dass in den Jahren vor 2000 ein gewisser Michael Jordan gleich eine ganze Reihe solcher Momente für die Ewigkeit ablieferte. Als der GOAT beispielsweise im Dunk Contest 1988 von der Freiwurflinie abhob. Oder "The Shot" gegen die Cavs ein Jahr später. Oder der "spectacular Move" in den Finals 1991. Oder "The Last Shot" zum sechsten Titel 1998.

Es würde an dieser Stelle wohl den Rahmen sprengen, all diese besonderen Jordan-Momente aufzulisten. Einer sticht allerdings besonders hervor: "The Shrug"

Clyde Drexler: Der ewige Zweite hinter MJ

Im Vorfeld der Finals 1992 zwischen den Chicago Bulls und den Portland Trail Blazers steht in erster Linie das Duell MJ vs. Clyde Drexler im Vordergrund der medialen Berichterstattung. Jordans Historie mit den Blazers ist bekannt, die Franchise aus Oregon verzichtet im Draft 1984 an zweiter Stelle auf den 1,98-Meter-Guard aus North Carolina - denn sie haben ja schon Drexler.

Stattdessen kommt Sam Bowie nach Portland, der Center soll Jahre später jedoch auch aufgrund von Verletzungsproblemen als einer der größten Busts aller Zeiten in die NBA-Geschichtsbücher eingehen. 1991/92 ist er bereits nicht mehr im Team, dafür führt Drexler die Blazers zu einer 57-25-Bilanz, in den Playoffs schalten sie die Lakers, Suns und Jazz aus, bevor in den Finals der Titelverteidiger wartet. Und Jordan.

Nicht nur aufgrund der Draft-Entscheidung der Trail Blazers haben die MJ-Drexler-Vergleiche vor den Finals Hochkonjunktur. "Clyde hatte eine spektakuläre Saison, er war ein unglaublicher Spieler", betont sein ehemaliger Mitspieler Danny Ainge im Mai 2020 rückblickend im Podcast von ESPN-Journalist Zach Lowe.

In der regulären Saison legt Clyde the Glide 25 Punkte, 6,6 Rebounds und 6,7 Assists auf, er schafft es zum sechsten von insgesamt zehn Malen ins All-Star Team. Im MVP-Voting landet er auf Platz 2 - hinter Jordan. Wie so oft in seiner Karriere muss er sich MJ geschlagen geben.

Finals 1992: Michael Jordan will Drexler zerstören

Am 3. Juni 1992 will Drexler nun der ganzen Welt beweisen, dass er besser ist als Jordan. Und Spiel 1 der Finals beginnt vielversprechend aus Sicht des Blazers-Stars. Der damals 29-Jährige attackiert früh in Transition, per Korbleger und kurz darauf mit einem Baseline-Jumper verschafft er Portland einen guten Start.

Die Blazers versenken jeden ihrer ersten sieben Feldwurfversuche, bei Jordan und den Bulls läuft es dagegen noch nicht so rund (2/10 FG). Nach wenigen Minuten liegen die Gäste im Chicago Stadium mit 15:7 vorne, für das frühe Highlight der Partie sorgt Drexler mit einem Fastbreak-Dunk über His Airness höchstpersönlich.

Vielleicht ist jedoch genau das der Moment, in dem der Funke überspringt. Ohnehin scheint die Diskussion, Drexler sei auf demselben Niveau wie MJ, bei diesem einen Nerv getroffen zu haben. "Clyde war eine Gefahr. Ich sage nicht, dass er es nicht war. Aber dass ich mit ihm verglichen wurde ... das nahm ich ihm übel", sagt Jordan in der ESPN/Netflix-Doku "The Last Dance". "So wie ich damals gespielt habe, war es nicht einmal eng. Also habe ich ihn jeden Abend attackiert."

Die Statistiken von Michael Jordan und Clyde Drexler 1991/92 im Vergleich

NameSaison 1991/92Spiele / MinutenPunkteReboundsAssistsFG%3FG%
Michael JordanReguläre Saison80 / 38,830,16,46,151,927,0
Playoffs22 / 41,834,56,35,849,938,6
Clyde DrexlerReguläre Saison76 / 36,225,06,66,747,033,7
Playoffs21 / 40,326,37,47,046,623,5

Sechs Dreier - und das legendäre Schulterzucken

Wenige Minuten nach dem Drexler-Dunk flutscht im dritten Anlauf der erste Dreier von Jordan durch die Reuse. Der zweite Triple folgt kurz darauf, nach einem Drive von Scottie Pippen drückt Jordan weit offen aus der rechten Ecke ab. Für seinen dritten Dreier wird er in der Transition auf dem rechten Flügel bedient. Jordan läuft nun so richtig heiß.

Zwischen den Distanzwürfen streut der GOAT Fade-Away-Jumper aus dem Post ein oder zieht nach einem mittlerweile etwas härter gelaufenen Close-Out der Blazers-Defense an seinem Verteidiger vorbei für einen butterweichen Mitteldistanzwurf. Selbst nach einer langen Pause auf der Bank bleibt MJ on fire, erst Mitte des zweiten Viertels schickt Head Coach Phil Jackson seine Nummer 23 zurück auf das Parkett.

Beim Stand von 45:44 aus Bulls-Sicht macht MJ genau dort weiter, wo er zuvor aufgehört hatte. In den letzten 6:34 Minuten der ersten Halbzeit bringt Jordan weitere 17 Zähler aufs Scoreboard - in dieser Phase setzt sich Chicago mit einem 21:7-Lauf ab.

Jordans Dreierregen hört einfach nicht auf. Nummer vier kommt vom linken Flügel, für Nummer fünf drückt er einige Schritte hinter der Linie und früh in der Shotclock ab. Und dann Nummer sechs: Ausgerechnet nach einem Airball von Drexler joggt Jordan scheinbar gemütlich nach vorne, bekommt den Spalding an der Dreierlinie serviert ... swish!

Während das Chicago Stadium um ihn herum ausrastet, schüttelt MJ im Zurücklaufen nur ungläubig mit dem Kopf - und zuckt mit den Schultern. "The Shrug" ist geboren. Es ist sein sechster Dreier in der ersten Halbzeit, noch nie zuvor hatte ein Spieler in einer Halbzeit eines Finals-Spiels mehr Triples durch die Reuse gehämmert. Erst Ray Allen knackt den Rekord in den Finals 2010 (7 Dreier).

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