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NBA - Oscar da Silva auf dem Weg in den Draft? "Hätte mich gerne angemeldet"

Oscar da Silva hat in seinem dritten Jahr an der Stanford University Karrierebestwerte aufgelegt.
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Die Coronavirus-Pandemie hat sich auch auf die Draft-Pläne von Oscar da Silva negativ ausgewirkt. Der deutsche Forward hatte sich in seinem dritten Jahr an der Stanford University trotz eines Schock-Moments zum Topspieler seines Teams entwickelt, nun will er noch einmal am College angreifen - mit einem neuen Top-Rekrut an seiner Seite und gegen einen alten Bekannten.

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"In erster Linie schätze ich mich glücklich, dass ich nach dieser Saison überhaupt in der Lage war, vom Thema NBA Draft zu sprechen", erklärte da Silva im Interview mit Omnisport. "Meine Trainer haben mir sehr viele Freiheiten gelassen und viel Vertrauen in mich gesetzt, dafür bin ich sehr dankbar."

Vor drei Jahren startete der gebürtige Münchner sein Abenteuer am College in Stanford, seitdem erspielte er sich von Jahr zu Jahr eine größere Rolle im Team von Coach Jerod Haase. Eigentlich hatte er nun geplant, in diesem Sommer erstmals einen Zeh ins kalte Draft-Wasser zu halten.

"Ich hätte mich für dieses Jahr gerne angemeldet, um einfach mal an diesem Prozess teilzunehmen", bestätigte da Silva. "Das machen viele junge Spieler, die sich noch nicht sicher sind - dass man sich anmeldet, um zu schauen, wie die NBA-Teams über einen denken und wie die persönlichen Chancen stehen, ausgewählt zu werden."

Hätte ihm die Draft-Range, in der die Teams ihn anvisiert hätten, nicht gefallen, hätte der 21-Jährige seinen Namen aus dem Draft zurückziehen und für sein Senior-Jahr ans College zurückkehren können. Doch die Corona-Krise machte ihm einen Strich durch diese Pläne.

Oscar da Silva hat in seinem dritten Jahr an der Stanford University Karrierebestwerte aufgelegt.
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Oscar da Silva hat in seinem dritten Jahr an der Stanford University Karrierebestwerte aufgelegt.

Draft 2020? "Ein lachendes und ein weinendes Auge"

Wie Adrian Wojnarwoski von ESPN bereits Anfang April berichtete, hat die NBA in einem Memo an die 30 Teams strikte Richtlinien für den Pre-Draft-Prozess festgelegt. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie dürfen die Teams vorerst keinerlei persönliche Workouts oder Interviews mit den jungen Talenten organisieren, der Kontakt mit den Spielern ist nur auf virtuellem Wege erlaubt.

"Es ist ja normalerweise so, dass die Teams vor dem Draft Spieler, die ihnen gefallen, einladen, um sie nochmal persönlich zu evaluieren. Wie eine Art Probetraining", erklärte da Silva. Diese Möglichkeiten fällt in diesem Jahr allerdings weg. Deshalb hat er sich dazu entschlossen, mit der Anmeldung zum Draft noch ein Jahr zu warten.

"Ich sehe dem mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen", so der Sohn eines Brasilianers und einer Deutschen. "Auf der einen Seite ist es natürlich schade, dass ich die Erfahrung dieses Jahr nicht machen kann, auf der anderen Seite gehe ich nochmal für ein Jahr zurück an eine Universität, die zu den Top-Unis der Welt gehört, die in den vergangenen drei Jahren mein Zuhause geworden ist. Dort kann ich mein Abschluss machen und bin nächstes Jahr hoffentlich wieder in derselben Situation."

Oscar da Silva: Career-Year ohne Krönung

Die Stanford Cardinals sieht der Biologie-Student gut gerüstet, auch in der kommenden Saison für Furore zu sorgen. Mit 20 Siegen bei 12 Niederlagen sicherte sich die Elite-Uni die beste Bilanz seit fünf Jahren. Vor allem dank da Silva. Der Forward führte sein Team sowohl bei den Punkten (15,7), den Rebounds (6,4) als auch bei der Feldwurfquote (57,0 Prozent) an - und stellte damit Karrierebestwerte auf.

Stanford durfte sich berechtigte Hoffnungen machen, erstmals seit 2014 wieder bei der March Madness vertreten zu sein. Doch auch in dieser Hinsicht machte das Coronavirus alle Träume und Hoffnungen des 2,06-Meter-Forwards und seiner Teamkollegen zunichte.

"Wir waren in Las Vegas und hatten unser erstes Spiel von unserem Conference-Turnier", beschrieb da Silva die damalige Situation. "Nach dem Spiel in der Umkleide haben wir erfahren, dass die NBA ihren Spielbetrieb einstellt. Da haben wir uns schon gedacht, dass die NCAA bestimmt nachzieht."

So kam es schließlich auch. Sowohl die Conference-Turniere als auch die March Madness wurden für das Jahr 2020 komplett abgesagt. Zunächst blieb da Silva in Kalifornien, in der Hoffnung, dort weiterhin trainieren zu können. Als jedoch auch an der US-amerikanischen Westküste die Hallen und Geschäfte schließen mussten, kehrte er Mitte März nach München zu seiner Familie zurück.

Oscar da Silvas Statistiken am College

SaisonSpieleMinutenPunkteReboundsAssistsFG%3FG%
2017/183524,16,24,71,151,755,8
2018/193128,39,56,01,846,725,7
2019/203128,615,76,41,557,031,7

High-School-Phänomen wechselt nach Stanford

"Die Enttäuschung war natürlich groß", berichtete da Silva. "Stanford war das letzte Mal 2014 beim NCAA-Turnier dabei und ist da ins Sweet Sixteen gekommen. Wir haben uns darauf gefreut, nochmal ähnlichen Schaden anzurichten."

Nun will da Silva 2021 nochmal angreifen. Für die kommende Spielzeit bleibt den Cardinals der Kern der Mannschaft aus der Vorsaison erhalten, zusätzlich konnte sich Stanford die Dienste von Ziaire Williams sichern. Der 18-Jährige spielte vergangene Saison an der Sierra Canyon High School an der Seite von Bronny James und Zaire Wade, den Sprösslingen von LeBron James und Dwyane Wade.

Der Fünf-Sterne-Rekrut Williams gilt als bester Small Forward der Klasse von 2020 und entschied sich trotz zahlreicher Angebote von unter anderem Arizona, UCLA, USC oder North Carolina für ein Stipendium an der Stanford University.

"Wir werden auf jeden Fall eine starke Mannschaft haben", ist sich da Silva sicher. "Ich sehe unsere Chancen sehr gut. Es steht aber noch eine Menge Arbeit vor uns. Der Erfolg in der NCAA wird einem nicht geschenkt aufgrund von Namen oder aufgrund der Saison, die man vorher gespielt hat."

Ein Schock-Moment mit "coolem" Ausgang

Auf ein besonderes Duell in der kommenden Spielzeit freut sich da Silva jetzt schon. Tristan, sein jüngerer Brüder, wird ebenfalls ans College wechseln und künftig für die University of Colorado Boulder auflaufen.

Mit Colorado verbindet da Silva allerdings auch einen der größten Schock-Momente seiner noch jungen Basketball-Karriere. Im Duell mit den Buffaloes Anfang Februar 2020 kollidierte er nach wenigen Minuten in der zweiten Halbzeit bei dem Versuch, einen Fastbreak zu verteidigen, mit seinem Gegenspieler.

"Er hat mich ein bisschen überrannt und ist auf mich drauf gefallen", beschrieb da Silva die Szene. "Ich bin mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen und war ein paar Sekunden ohnmächtig. Ich hatte eine Platzwunde und eine Gehirnerschütterung. Ich musste ein Spiel aussetzen, aber sonst war nichts Schlimmes dabei."

Zunächst war den Teamkollegen, den Kommentatoren und den Fans in der Halle der Schock über die Kollision aber anzumerken. Immerhin konnte da Silva aus eigener Kraft die Halle verlassen, das führte zu einem der "coolen Momente, die im Sport so passieren", wie er es selbst formulierte. "Ich habe Standing Ovations bekommen, als ich aus der Halle gegangen bin. Das habe ich im Nachhinein auf dem Video gesehen, da konnte ich mich nicht mehr wirklich dran erinnern", sagte da Silva.

Oscar da Silva: Nächster Schritt Nationalmannschaft?

Anschließend rief Stanford-Coach Haase die teils in Tränen aufgelösten Spieler beider Teams zusammen, sie stellten sich in einem Kreis auf und umarmten einander. Da Silva zeigte sich beeindruckt von der Reaktion: "Das war ein schockierender Moment, aber es war auch cool zu sehen, wie zwei Programme zusammengekommen sind. Daher weiß ich auch, dass Colorado eine super Adresse ist. Ich war auch mit vielen Spielern in Kontakt, die haben geschaut, dass es mir gut geht. Es war ein surreales, aber irgendwie auch cooles Erlebnis."

Bei seinem nächsten Duell mit Colorado wird nun also sein Bruder gegen ihn antreten. Für da Silva liegt der Fokus in der kommenden Saison aber definitiv in der Vorbereitung auf den Draft. Und vielleicht kommt als Schmankerl die Erfüllung eines weitere Traums noch obendrauf.

Mit Basketball-Bundestrainer Henrik Rödl habe er ein gutes Verhältnis, früher war der 51-Jährige da Silvas Trainer in der Jugendnationalmannschaft. "Nachdem jetzt mehrere meiner alten Teamkollegen in die A-Nationalmannschaft nachrücken, hoffe ich, dass ich in Zukunft vielleicht auch mal mit dem Adler auf der Brust auflaufen darf", so da Silva.

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