NBA

Der legendärste NBA-Draft aller Zeiten im Rückblick: Back in the Summer of '84

Von Martin Gödderz
Der NBA-Draft 1984: Mit Hakeem Olajuwon, Michael Jordan, Charles Barkley, John Stockton und vielen mehr...
© SPOX

Es gab viele gute NBA-Jahrgänge, doch bis heute gilt der Draft von 1984 als der legendärste aller Zeiten. Dabei brachte er nicht nur "The Greatest One", fünf Hall of Famer und sieben spätere All-Stars hervor. Er war vor allen Dingen reich an unfassbaren Geschichten, Fehlentscheidungen und irren Wendungen. Wir drehen die Zeit zurück und springen zum Tag des geschichtsträchtigen Drafts.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Marty Blake blickte entschlossen in die Kamera. "Dieser Draft ist extrem gut besetzt. Es passiert nicht oft, dass sechs potenzielle Superstars teilnehmen", klärte der damalige Draft-Guru und schier allwissende Superscout das größtenteils ahnungslose oder desinteressierte Fernsehpublikum auf, als am Nachmittag des 19. Juni 1984 die TV-Übertragung des NBA Drafts begann.

Wenige Tage zuvor hatte die NBA eines der besten Finals der Geschichte erlebt. Über sieben Spiele hatten sich die Celtics um Larry Bird und die Lakers mit Magic Johnson eine wahre Schlacht geliefert. Da passte es nur gut, dass der bevorstehende Draft als einer mit sehr viel Potenzial galt.

David Stern: "Mussten für Übertragung zahlen"

Diese Tatsache bedeutete aber nicht, dass deswegen besonders großes Interesse an der Veranstaltung bestand. In der NBA anno 1984 war der Draft ein unscheinbares Ereignis. "Wir mussten USA Network bezahlen, damit der Draft überhaupt im Fernsehen übertragen wurde. So schwer war es damals, überhaupt Zuschauer für die Veranstaltung zu gewinnen", erklärte David Stern später.

Als der zu dieser Zeit frisch ins Amt gewählte Commissioner nach seinem ersten durchgeführten Draft die Bühne in New York City verließ, wird er höchstens erahnt haben, dass dieser Abend die Geschichte und Struktur der National Basketball Association wohl so sehr beeinflusst hatte wie kaum ein anderes Ereignis in der Historie der Liga.

Mit Hakeem (damals noch Akeem) Olajuwon, Michael Jordan, Charles Barkley und John Stockton hatte er kurz zuvor nicht nur vier zukünftigen Mitgliedern der Basketball Hall of Fame den Weg in die Liga geebnet, sondern auch jene Gesichter entdeckt, welche die NBA im Zuge von Sterns Globalisierungsprozessen auf der ganzen Welt berühmt machen sollten.

Mittlerweile ist die Veranstaltung ein mediales Großereignis, die Top-Picks bereits zuvor landesweit bekannt, die Hoffnungen und Erwartungen riesig. Das alles hat seinen Ursprung in diesem unscheinbaren Juni-Nachmittag vor 36 Jahren. Dabei begann alles mit einem Traum. Back in the summer of '84 ...

With the first pick, the Houston Rockets select Akeem Olajuwon from the Houston University ...

Bereits weit vor diesem Draft-Nachmittag ist völlig klar, wer an erster Stelle direkt gen Texas geschickt wird. Der Nigerianer Akeem "The Dream" Olajuwon hielt erst mit 16 Jahren seinen ersten Basketball in der Hand, ein paar Jahre später nahm der 213 Zentimeter große Afrikaner aber bereits die halbe NCAA auseinander. Der Center vereint Größe und Defense mit riesigem Potenzial und einer nie dagewesenen Fußarbeit. Kurzum: Olajuwon ist der absolute Traum eines jeden Scouts.

Aus diesem Grund begannen die talentierten Houston Rockets, die einen Monat vor Ende der Saison noch weit vor den abgrundtief schwachen San Diego Clippers lagen, plötzlich zu verlieren, so dass sie am Ende auf dem letzten Platz der Western Conference standen. In der Liga spricht man von einem neuen Phänomen, dem sogenannten Tanking, das Houston erst in eine derart luxuriöse Lage gebracht hat.

Geburtsstunde des Tankings

Ein Team regt sich ganz besonders über die Niederlagenserie der Rockets auf: Die Philadelphia 76ers halten die Rechte am Draft-Pick der Clippers und hätten bei normalem Saisonverlauf anstelle der Rockets am Münzwurf teilgenommen, der in diesem Jahr zum letzten Mal durchgeführt werden sollte.

Es kam alles anders, die Rockets entschieden den Coin Flip gegen Portland zum zweiten Mal in Folge für sich. So macht sich Euphorie breit in den Gesichtern der Rockets-Verantwortlichen, als ein kleiner Mann mit Schnauzbart die Bühne emporsteigt und erstmals als Commissioner in Erscheinung tritt.

Dass Olajuwon dann an erster Stelle genannt wird, ist in etwa so überraschend wie ein getroffener Jumper von Larry Bird. Schon als Houston den Münzwurf gewann, riss der anwesende Rockets-Broadcaster Jim Foley sein Jackett auf und präsentierte ein T-Shirt mit der Aufschrift "Akeem". Owner Charles Thomas jedenfalls hatte bereits kurz darauf bestätigt: "Ja, Akeem wird unser Pick".

Rockets verzichten auf Wunder-Trio

Der Center bringt alles mit, um die NBA in den kommenden Jahren zu dominieren. Nun ziehen die Rockets also folgerichtig den Lokalhelden, der bereits für die Houston University brillierte. Stern scheint nicht erstaunt zu sein, als er seinen ersten Handschlag an den Nigerianer verteilt.

Viel interessanter ist aber, was zu dieser Zeit hinter den Kulissen vor sich geht. Die Rockets hatten bereits im Jahr zuvor mit dem ersten Pick Center Ralph Sampson gezogen, der gleich eine starke Rookie-Saison aufs Parkett zauberte. Sowohl die im Draft folgenden Blazers wie auch die Bulls sind scharf auf Sampson. Die Rockets sind zu diesem Zeitpunkt kurz davor, den Rookie of the Year an Portland abzugeben, um im Gegenzug den zweiten Pick und einen gewissen Clyde Drexler von den Blazers zu erhalten.

Der Trade scheitert in letzter Sekunde und die Rockets verpassen die Chance auf ein Trio bestehend aus Olajuwon, Drexler und Michael Jordan. Denn eines ist sicher: Houston hätte an zweiter Stelle Jordan gezogen. So nimmt allerdings alles seinen Lauf...