MLB

MLB-Legende Jackie Robinson: Die Revolution der 42

Von Maximilian Schmeckel
Jackie Robinson im Jersey der Dodgers
© imago images
Cookie-Einstellungen

Robinson unterschrieb am selben Tag. Rickey steckte ihn zunächst ins Farmteam zu den Montreal Royals in Kanada und ließ Robinson vorher noch einmal in sein Büro kommen, wo er versichern musste, sein Temperament zu zügeln, wenn es auf ihn einprasselte und "Nigger" das Netteste war, was er von den Zuschauern zu hören bekommen würde.

Die Saison begann und Robsinon wusste, was auf dem Spiel stand, er wusste, dass ein Ausraster das Aus für alle Schwarzen in der Zukunft bedeuten würde. Denn die hassenden Fans warteten nur auf eine Reaktion. Robinson überragte als Second Baseman mit enormem Fangradius und Reflexen, die ihn in der Lokalpresse schnell die Beschreibung eines "pantherhaften Fängers" einbrachten.

Zwar gab es bei Auswärtsspielen Plakate wie "Verpiss Dich, solange du noch kannst" und Pfiffe, anders als in den Staaten war der Rassismus aber im Norden viel milder. Und wie von Rickey prognostiziert, kamen die Schwarzen in Strömen, um ihn spielen zu sehen. Und das, obwohl er erst in der eigentlich uninteressanten Liga der Minor-League-Teams spielte.

Das erste Training ändert alles

Rickey holte Robinson nach Brooklyn. Es war soweit, im Roster der Dodgers sollte er eine wichtige Rolle einnehmen und der erste schwarze MLB-Spieler werden. Der Coach der Dodgers, Leo Durocher, der als Spielertrainer am Anfang einer später großen Trainer-Karriere stand, stellte sich erst quer, er wollte keine Unruhen während der Vorbereitung. Nach dem ersten Training änderte er seine Meinung sofort.

Er war ein gänzlich unpolitischer Mann, Rassismus war ihm ebenso egal wie das Pochen auf Menschenrechte. Ihm ging es darum, den Platz als Sieger zu verlassen. Genau deshalb bildete er mit Robinson ein fruchtbare Symbiose, die das Team der Dodgers zu einem Spitzenteam modellierte.

Weniger entspannt sahen die Ankunft einige neue Mitspieler. Um den legendären Dixie Walker, einem Mann mit einem "Hit wie ein Grizzly", formierte sich eine Widerstand-Gruppe, vornehmlich bestehend aus Südstaatlern, die ein Manifest gegen Jackie Robinson aufsetzten.

"Wir weigern uns mit ihm in einem Team zu spielen. Seit Jahrzehnten hat es keinen Schwarzen mehr in der Liga gegeben und das soll auch so bleiben", hieß es. Um Shortstop Pee Wee Reese, den späteren besten Freund Robinsons im Team, bildete sich ein Gegenlager, das das Manifest nicht unterzeichnete.

"Noch ein einzelnes verdammtes Wort ..."

Legendär fiel dann die Reaktion von Durocher aus. Er ließ die Spieler spätabends geschlossen in seinem Büro antreten. "Es kümmert mich nicht, ob der Kerl gelb oder schwarz ist oder ob er Streifen hat wie ein verdammtes Zebra. Ich bin der Team-Manager und ich sage, er spielt." Als das Dixie-Lager protestieren wollte, sagte er bedrohlich: "Noch ein einzelnes verdammtes Wort und ihr könnt Euch allesamt einen neuen Verein suchen."

Damit war der Machtkampf der Dodgers entschieden und am 15. April 1947 wurde Sportgeschichte geschrieben. Als erster Schwarzer im 20. Jahrhundert lief Robinson in der MLB auf. Er spielte dabei als First Baseman. Trotz guter Stats wurde die Premierensaison zur emotionalen Folter.

Er wurde bespuckt, "Schimpanse", "Nigger" und "Hurensohn" genannt und mit Münzen oder Flaschen beworfen. Selbst die eigenen Fans buhten ihn aus. Und auch der Hass im eigenen Team gärte weiter. Die Dixie-Jungs sprachen kein Wort mit ihm und schmuggelten ihm sogar eine Rasierklinge in den Schuh, an der er sich den Fuß tief einschnitt und ausfiel.

Der Ku-Klux-Klan kommt vorbei

Gegnerische Spieler machten aus ihrem Hass keinen Hehl und gingen ihn körperlich an, wann immer es ging. Gleich zweimal verletzte er sich, weil ein Kontrahent mit gestrecktem Bein an der Base in ihn hinein rauschte. In Hotels verwehrte man ihm Zimmer, Busfahrer weigerten sich ihn zu befördern und der Ku-Klux-Klan nutzte Spiele der Dodgers zu Aufmärschen, bei denen Robinsons Konterfei mit roter Farbe beschmiert wurde. Sein Haus in Brooklyn wurde mehrmals von einem Mob belagert und unter den Rassisten im ganzen Land zur gehassten Figur.

Es kam noch schlimmer, er und seine Familie - inzwischen war er Vater - erhielten Morddrohungen. "Das wird deine letzte Saison sein" hieß es, oder: "Wenn du das nächste Mal nach Hause kommst, werden deine Lieben tot sein." "Natürlich dachte ich daran, hinzuwerfen. Es gab schlimme Tage, aber wenn ich die Augen von meinen Unterstützern sah oder die einiger Teamkollegen, dann wusste ich, dass es all das wert war", sagte Robinson später.

Und das war es. Seine Fans wurden stetig mehr, Kinder auf der Straße spielten seine besten Spielszenen nach. Schwarze kamen vom anderen Ende des Landes, um ihn spielen zu sehen. Bürgerrechtler sahen plötzlich die Spiele der Dodgers und jubelten ihm zu. Für tausende schwarzer Kinder wurde er zur Ikone.

Robinson wird zum Symbol

Und im Team hatte sich bald ein fester Kern um ihn gebildet, der sich demonstrativ neben ihn stellte, wenn es wieder einmal Gegenstände hagelte. "Man kann einen Mann für vieles hassen, aber nicht für seine Hautfarbe", sagte Freund Reese, und das, obwohl Robinson "der erste Schwarze war, dem ich jemals die Hand geschüttelt habe. Wenn sie ihn bewarfen, dann mussten sie auch uns bewerfen."

Robinson wurde zum Symbol in einer Zeit, in der Martin Luther King und öffentlicher Protest noch weit entfernt war. Er brachte Afroamerikaner zum Träumen. Einer von ihnen spielte Seite an Seite mit den weißen Superstars. Und er hatte eine derart aufrechte Haltung, mit der all den Hass ertrug, dass die stetig steigenden schwarzen Zuschauer umso lauter jubelten und bei Heimspielen die Pöbler bald zum Verstummen brachten.

Legendär auch der Versöhnungs-Fototermin mit Ben Chapman, dem Coach der Philadelphia Phillies, die Robinson während eines Matches fortlaufend als "Nigger", der zurück in den Dschungel solle, beschimpft hatten. Robinson schüttelte Chapman breit lächelnd die Hand und sagte immer wieder ironisch: "Es ist mir solch eine Ehre!"

Ein Rookie in der World Series

Sportlich überragte Robinson sofort. In 151 Spielen legte er einen Batting Average von 0.297 auf und führte die Liga mit 27 Stolen Bases an. Er führte sein Team in die World Series, wo man als National-League-Vertreter den New York Yankees mit 3-4 unterlag.

Die Liga-Kommission um Happy Chandler zeigte Rückgrat und kürte Robinson zum Rookie der Saison 1947 - und das, obwohl Chandler vor der Saison Coach Durocher für die gesamte Spielzeit gesperrt hatte, weil dieser sich des Ehebruchs schuldig gemacht und die Schauspielerin Laraine Day ihrem Mann ausgespannt hatte. Als "schädlich für den Baseball" wurde er gesperrt und operierte die Saison über als Schattentrainer hinter Ersatz-Coach Burt Shotton.

Robinsons Wirken erzielte die von allen Schwarzen erhoffte Wirkung. Plötzlich gaben auch andere Teams nach und schickten ihre Späher in die Negro Leagues. Es folgten weitere MLB-Schwarze wie Satchel Paige, der mit seinen unorthodoxen Wurftechniken sogar zum Vorbild von Joe DiMaggio wurde, oder Robinsons Teamkollege Roy Campanella, der 1947 Rickeys zweite Option gewesen war und 1948 nach dem erfolgreichen Pilotprojekt nachgeholt wurde.

Respekt für den Ausnahme-Sportler

Robinson entwickelte sich zu einem der besten Spieler der Liga. Drei weitere Male (1949, 1952, 1953) erreichte er mit den Dodgers die World Series, 1949 wurde er zum MVP der National League gekürt, 1947 und 1949 gewann er den Pennant, also die Meisterschaft in der National League.

Er arbeitete hart und wurde bald von den meisten als ehrgeiziger Ausnahme-Sportler respektiert, wenngleich die Anfeindungen nie abrissen und er noch 1951 von Teamkollegen um Reese davor bewahrt wurde, von vier Männern auf der Toilette eines Restaurants verprügelt zu werden.

1955 befand Robinson sich bereits auf dem absteigenden Ast, er war inzwischen 36, seine Schnelligkeit und auch seine Reflexe waren nicht mehr so geschärft und herausragend wie in seinen besten Jahren. Zudem war auch sein Fangradius zurückgegangen, da er mit Schulterproblemen kämpfte. 1955 war das erste Jahr, in dem er nach sechs Berufungen ins All-Star-Team in Serie nicht mehr berufen wurde. Trotzdem erreichte er die World Series.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema