Segeln - Nach Lutz/Beucke und Heil/Plößel: Kohlhoff/Stuhlemmer holen dritte Medaille

SID
Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer fuhren zu Bronze.
© getty

Einmal Silber, zweimal Bronze - die deutschen Segler räumten vor Enoshima richtig ab. Die Bilanz des DSV ist so gut wie seit Sydney 2000 nicht mehr.

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Susann Beucke wusste kaum, wie ihr geschah. "Alter Vadder, ey", platzte es aus der Vorschoterin heraus, als der sensationelle Silbercoup der 49erFX-Crew vor der Küste von Enoshima perfekt war. Ihre Steuerfrau Tina Lutz verkündete sogar im Überschwang der Gefühle: "Mein erstes Kind wird Susann heißen." Später einigten sich beide auf "Sanni". "Susann mag sie gar nicht", sagte Beucke unter großem Gelächter, zugleich versicherte sie: "Meine Tochter muss Tina heißen."

Die Stimmung im Team des Deutschen Segler-Verbandes (DSV) war prächtig. Kein Wunder: so erfolgreich wie in Tokio war der DSV zuletzt 2000 in Sydney. Zum Silber von Beucke/Lutz (Holzhausen/Strande) kamen noch zwei Bronzemedaillen für die 49er Erik Heil/Thomas Plößel (Berlin/Kiel) und Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer (Kiel) nach einem spannenden Finale auf dem Nacra-17-Katamaran. 21 Jahre nach Sydney kehrt der DSV erstmals wieder mit drei Medaillen von Olympia zurück.

Einer der ersten Gratulanten war der dreimalige Olympiasieger Jochen Schümann. "Ein echter Medaillenregen. Ein verdienter Lohn und eine Entschädigung für all den Aufwand mit dem Extrajahr und den eher seltsamen, schwierigen Rahmenbedingungen durch Corona", sagte der 67-Jährige, der zuletzt 1996 vor Savannah Gold geholt hatte und 2003 und 2007 mit dem Schweizer Team Alinghi den America's Cup gewann.

Erik Heil und Thomas Plößel hatten ihren dritten Platz zunächst gar nicht auf dem Schirm. "Wir waren sicher, dass es nicht gereicht hat", sagte Heil nach dem zweiten Platz in der Tageswertung: "Als ein Fotograf uns aufnehmen wollte, habe ich gefragt: Warum?" Plößel freute sich "zehnmal mehr als über Bronze in Rio, weil das hier viel härter erkämpft war".

Segeln: Kohlhoff/Stuhlemmer müssen Strafkringel drehen

Emotional wurde es bei Kohlhoff/Stuhlemmer, die ihre Medaille vor dem Start fast aus der Hand gegeben hätten. Die beiden fielen auf eine Attacke der Australier herein und mussten einen Strafkringel drehen. Nach 250 Metern Rückstand kämpften sie sich zurück und überholten die Australier am Ende sogar. Platz acht reichte für Bronze.

"Ein mental schwerer Moment, ich kann es kaum fassen, absolut überwältigend", sagte Kohlhoff sichtlich bewegt. 2017 hatte er nach einem Blutgerinnsel im Kopf notoperiert werden und sich monatelang zurückkämpfen müssen.

Am Ende eines aus deutscher Sicht überragenden Segeltags waren Kohlhoff und Stuhlemmer dann nicht mehr zu halten. Übermütig sprangen sie mit der deutschen Fahne ins Wasser und ließen sich vom gesamten deutschen Team auf der Slipbahn im Hafenvorfeld von Enoshima lautstark feiern.

Derweil konnten sich Beucke und Lutz gar nicht sattsehen an ihrem Silberschmuck. Seit 14 Jahren segeln die ehemalige Opti-Weltmeisterin Lutz, die am Chiemsee groß wurde, und Nordlicht Beucke schon zusammen, gemeinsam sind sie durch viele Höhen und Tiefen gegangen.

Zweimal hatten Beucke und Lutz die Olympiaqualifikation verpasst, in Japan blieben sie obercool. Auch ein Foul der Spanierinnen, die Lutz beinahe mit ihrem Gennaker von Bord gerissen hätten, brachte das Team nicht aus der Ruhe. Platz fünf reichte hinter den Rio-Siegerinnen Grael/Kunze (Brasilien) für den zweiten Platz.