WTA setzt alle Turniere in China wegen Peng Shuai - ATP zieht nicht nach

Von Ulli Ludwig / SID
Der Tennis-Frauenverband WTA setzt die Turniere in China aus.
© getty

Die WTA hat nach den Vorfällen um die verschwundene chinesische Tennisspielerin Peng Shuai mit sofortiger Wirkung alle WTA-Turniere in China und Hongkong ausgesetzt. Das gab der Verband am Mittwochabend bekannt.

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"Ich kann nicht mit gutem Gewissen von unseren Athletinnen verlangen, dort anzutreten, wenn Peng Shuai nicht frei kommunizieren darf und offenbar unter Druck gesetzt wurde, ihre Anschuldigungen wegen sexueller Übergriffe zu widerlegen", gab WTA-Chef Steve Simon am Mittwoch in einem Statement bekannt.

Peng Shuai hatte Anfang des Monats in dem Twitter-ähnlichen Medium Weibo geschrieben, vom ehemaligen chinesischen Vizepremier Zhang Gaoli (75) sexuell missbraucht worden zu sein. Der Eintrag wurde ebenso gelöscht wie zahlreiche Interneteinträge über Peng, von der anschließend über mehr als zwei Wochen jede Spur fehlte.

"Nichts von alledem ist akzeptabel, noch kann es akzeptabel werden", stellte Simon klar. Wenn "mächtige Leute die Stimmen von Frauen unterdrücken und Vorwürfe sexueller Übergriffe unter den Teppich kehren können", werde die Grundlage, auf der die gegründet wurde einen immensen Rückschlag erleiden.

Die chinesische Regierung hat mit Unverständnis auf die Absage der Tennisturniere reagiert. "Wir sind entschieden dagegen, dass der Sport politisiert wird", antwortete Außenministeriumssprecher Wang Weibin kurz und knapp auf die entsprechende Frage von Reportern.

IOC gerät unter Druck

IOC-Präsident Thomas Bach hatte nach dem Verschwinden der 35-Jährigen Peng zunächst tagelang geschwiegen, bevor er dann ein Videotelefonat mit der Athletin, der es laut IOC-Angaben gut gehe, führte. Zu den von Peng geäußerten Vorwürfen gab es kein Wort.

Nicht nur die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch reagierte daraufhin empört, auch die Athleten Deutschland kritisieren das Vorgehen des IOC. Der Ringeorden laufe Gefahr, "die systematischen Repressalien gegen unliebsame Personen in China zu legitimieren und damit zum Kollaborateur der chinesischen Staatsführung zu werden", meinte Sprecher Maximilian Klein.

Laut der Sportlervereinigung Global Athlete zeige das IOC keinerlei Aufklärungswillen und sei daher "mitschuldig an der böswilligen Propaganda der chinesischen Behörden". Auch deshalb fordern Politiker der Koalitionsparteien der künftigen Bundesregierung einen diplomatischen Boykott der Winterspiele in Peking.

"Wir sollten die Olympischen Spiele 2022 als das benennen, was sie sind: eine Propagandashow unter Beteiligung des IOC und seiner Sponsoren", sagte Erhard Grundl, sportpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der FAS. Kein deutscher Politiker sollte sich "an dieser Propagandashow beteiligen".

ATP zieht nicht nach

Der Herren-Tennisverband ATP will es der WTA vorerst nicht gleichtun. Das stellte Andrea Gaudenzi (48), Vorsitzender der Spielergemeinschaft der Männer, am Donnerstag klar. "Wir glauben ganz grundsätzlich, dass uns eine globale Präsenz die besten Chancen bietet, etwas zu bewirken", wurde der Italiener in einer Stellungnahme zitiert.

"Wir wissen, dass Sport einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben kann." Pengs Situation sorge allerdings weiterhin für "ernsthafte Bedenken innerhalb und außerhalb unseres Sports". Die Reaktion auf die Bedenken sei "bisher unzureichend".

"Wenn kommende Woche ein Turnier in China wäre, würde sich niemand dabei wohlfühlen", sagte der Weltranglistenzweite Daniil Medwedew aus Russland. Allerdings sei das nächste Event dort erst im Herbst. "Mal sehen, wie es weitergeht."

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