Kommentar zu Rafael Nadals French-Open-Titel: Es gibt keine Herausforderer mehr

Von Stefan Petri
Rafael Nadals Dominanz bei den French Open: Einzigartig in der Geschichte des Sports.
© imago images / Paul Zimmer

Rafael Nadal hat zum 13. Mal die French Open gewonnen. Diesmal hieß sein Opfer im Finale Novak Djokovic. Dem Weltranglistenersten hatte man vor dem Match gute Chancen eingeräumt, am Ende war er chancenlos. Rafa und Roland Garros - eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Und ein Rekord für den Sport-Olymp. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Stefan Petri.

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"Die French Open sind das zweite Tennisturnier der Grand-Slam-Turniere und finden seit 1891 jedes Jahr zwischen Mitte Mai und Anfang Juni im Stade Roland Garros im 16. Arrondissement in Paris statt." So zu lesen bei Wikipedia. Warum dieser Artikel noch nicht - frei nach Gary Lineker - mit dem Zusatz "und am Ende gewinnt bei den Herren immer Rafael Nadal" verschönert wurde? Schwer zu sagen.

Kaum zu glauben, aber Nadal war vor dem Turnier nicht Favorit auf den Titel, und auch vor dem Endspiel am Sonntag setzten nicht wenige auf Djokovic. Schließlich fand das Turnier diesmal nicht im Frühjahr statt, sondern im kalten Oktober. Dazu ein geschlossenes Dach. Schwere Bälle. Rafa ohne Turniersieg in der Vorbereitung. Und das letzte Duell gegen den Djoker auf dem Philippe Chatrier, das hatte er 2015 glatt verloren.

Fast schon lächerlich muten diese Zweifel im Nachhinein an.

"Ich war körperlich vollkommen auf der Höhe und bereit für das Match. Ich wurde besiegt von jemandem, der heute einfach perfekt gespielt hat, vor allem in den ersten beiden Sätzen", musste Djokovic zugeben. "Ich dachte, die Bedingungen wären ein Vorteil für mich, aber er hat allen das Gegenteil bewiesen." Ein fitter Djokovic, einer in Topform, der eigentlich gar nicht mehr weiß, wie man verliert - er schien der perfekte Herausforderer für Nadal zu sein. Nach einer zwei Stunden und 41 Minuten langen Lektion namens "Wie spielt man perfektes Sandplatztennis" bleibt festzuhalten: Es gibt keinen.

Nadal und die French Open: Fast schon überirdische Leistungen

So sehr hat man sich in den vergangenen 15 Jahren an Nadals Vorherrschaft gewöhnt, dass es schwerfällt, den Coupe des Mousquetaires in seinen Armen noch gebührend zu würdigen. Wie heißt es so schön: "The same procedure as every year, James." Das darf den Blick auf seine fast schon überirdischen Leistungen jahrein jahraus aber nicht trüben.

13 Siege bei 15 Teilnahmen. Eine Bilanz von 100-2 (!). Serien von vier, fünf und vier Titeln in Folge. Mit 19 so unschlagbar wie mit 34. Niemand konnte Nadal in seinen 13 Endspielen auch nur in einen fünften Satz zwingen. Und das in der Ära der Big Three, mit immer ähnlicher werdenden Belägen, die zum Aussterben der Gattung "Sandplatzspezialist" geführt haben.

Viermal hat Nadal Roger Federer im Endspiel besiegt, dreimal Djokovic. Die Niederlage 2009 gegen Robin Söderling? Gerächt im Endspiel ein Jahr später. Stan Wawrinka, Champion von 2015? Zwei Jahre darauf chancenlos. Und Dominic Thiem, bester Sandplatzspieler der "neuen Generation"? Er gewann in zwei Finals immerhin einen Satz. Es gibt keine Sternchen, keine Fußnoten, keine Fragezeichen, keine offenen Rechnungen: Nadal hat sie alle gehabt - und alle besiegt.

Rafael Nadal bei den French Open: Alle 13 gewonnenen Endspiele

JahrGegnerErgebnis
2005Mariano Puerta (ARG)6:7, 6:3, 6:1, 7:5
2006Roger Federer (SUI)1:6, 6:1, 6:4, 7:6
2007Roger Federer (SUI)6:3, 4:6, 6:3, 6:4
2008Roger Federer (SUI)6:1, 6:3, 6:0
2010Robin Söderling (SWE)6:4, 6:2, 6:4
2011Roger Federer (SUI)7:5, 7:6, 5:7, 6:1
2012Novak Djokovic (SRB)6:4, 6:3, 2:6, 7:5
2013David Ferrer (ESP)6:3, 6:2, 6:3
2014Novak Djokovic (SRB)3:6, 7:5, 6:2, 6:4
2017Stan Wawrinka (SUI)6:2, 6:3, 6:1
2018Dominic Thiem (AUT)6:4, 6:3, 6:2
2019Dominic Thiem (AUT)6:3, 5:7, 6:1, 6:1
2020Novak Djokovic (SRB)6:0; 6:2, 7:5

Rafael Nadal: In einer Reihe mit Usain Bolt und Michael Phelps

Rafa und Roland Garros, das ist nicht nur die unantastbarste Bestmarke der Tennisgeschichte, sondern eine der größten Serien im Sport überhaupt. Was Usain Bolt die Tartanbahn und Michael Phelps der Pool war, das ist ihm die rote Asche der French Open. Es gibt Rekorde, die sind für die Ewigkeit. Nadal könnte morgen abtreten, niemand käme wohl auch nur in die Nähe seiner Dominanz.

Noch eine letzte Statistik, und dann ist es auch gut: Federer steht bei acht Wimbledon-Titeln, Djokovic triumphierte seinerseits achtmal Down Under. Nadal könnte, wenn er gesund bleibt, 2023 bei doppelt so vielen (!) French-Open-Triumphen stehen. Einfach nur unfassbar.

Ist ihm der Grand-Slam-Rekord noch zu nehmen, jetzt wo er nach Major-Titeln zu Federer aufgeschlossen hat und in sieben Monaten schon die nächsten French Open anstehen? Auf die Pole Position unter den "Big Three" hatte sich Nadal ja schon im letzten Jahr geschoben. Und: Noch ist unklar, ob in Wimbledon 2021 überhaupt wieder gespielt werden kann.

Auch auf diese Frage hatte Nadal am Sonntag die bestmögliche Antwort: "Ich würde meine Karriere gern als Spieler mit den meisten Grand Slams beenden." Aber: "Man kann nicht auf ewig unglücklich sein, nur weil dein Nachbar ein größeres Haus hat, ein größeres Boot oder ein besseres Smartphone. Ich weiß nicht, was passieren wird. Aber diesen Rekord zu teilen, diese Rivalität über eine so lange Zeit, das ist etwas Wunderschönes."