5 Geschichten zu Griechen-Star Stefanos Tsitsipas: Als "Steve the Hawk" fast ertrunken wäre

Stefanos Tsitsipas ist der jüngste Halbfinalist bei den Australian Open seit Andy Roddick 2003.
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Der 20-jährige Stefanos Tsitsipas ist der jüngste Grand-Slam-Halbfinalist seit Novak Djokovic bei den US Open 2007. Am Donnerstagmorgen fordert der Grieche in Melbourne Rafael Nadal heraus (9.30 Uhr im LIVETICKER).

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Tsitsipas ist aber viel mehr als ein Shootingstar, er ist schon jetzt eine der faszinierendsten Persönlichkeiten im Tennis. SPOX stellt den Griechen in fünf kleinen Geschichten vor.

Tsitsipas und das Märchen von Melbourne

Die Art und Weise, wie Tsitsipas im Achtelfinale Roger Federer aus dem Turnier warf, war mehr als beeindruckend. Tsitsipas blieb während der knapp vier Stunden unfassbar stabil und zeigte auch kurz vor der Ziellinie keine Angst vor dem Sieg.

Sein Erfolg wurde danach häufig mit Federers Coming-out-Party 2001 in Wimbledon verglichen. Damals startete Federer auch als Nummer 15 der Welt ins Turnier und traf in der Runde der letzten 16 auf sein Idol. Pete Sampras. Nun traf Tsitsipas auf sein Idol, das während des Matches zu einem Rivalen wurde, und schaffte eine ähnliche Sensation wie Federer an jenem Tag in Wimbledon.

Stefanos Tsitsipas trifft im Halbfinale auf Rafael Nadal.
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Stefanos Tsitsipas trifft im Halbfinale auf Rafael Nadal.

Aber in gewisser Weise hat Tsitsipas Federer sogar schon übertrumpft. Das Match nach einem solchen Erfolg ist immer brandgefährlich, so verlor Federer 2001 das Viertelfinale gegen Tim Henman. Tsitsipas aber setzte sich jetzt in Australien gegen Roberto Bautista Agut durch - diese Leistung ist in mentaler Hinsicht fast noch höher einzuschätzen als der Sieg gegen Federer.

"Das Viertelfinale war eine große Herausforderung, nachdem alle Leute verrückt geworden sind nach dem Sieg gegen Roger. Es fühlt sich fast wie ein Märchen an. Ich lebe meinen Traum und will diese unglaubliche Reise weitergehen", sagt Tsitsipas. Vor Jahresbeginn gab er gegenüber seinem Team das Erreichen eines Halbfinals bei einem Grand Slam als Ziel aus. Er dachte, er sei verrückt.

Aber jetzt kann er hinter dieses Ziel schon einen Haken setzen. Nach den Australian Open wird Tsitsipas mindestens schon die Nummer zwölf der Welt sein. Tendenz natürlich steigend. Klar steigend.

Tsitsipas: Der YouTuber

Es dauert nicht lange, um festzustellen, dass Tsitsipas das gewisse Etwas hat. Und zwar nicht nur auf dem Court, sondern auch mindestens genauso außerhalb. Während viele Tennisspieler in ihrem Tourleben nur Hotels und Anlagen kennenlernen, stellt Tsitsipas den kompletten Gegenentwurf dar.

Seit den US Open 2017 gibt er auf seinem eigenen YouTube-Kanal besondere Einblicke ins Tourleben. In seinem letzten Vlog dreht sich alles um seinen Trip auf Rottnest Island, eine kleine Insel in der Nähe von Perth, und seine Ausschau nach einem Quokka.

In einem anderen Video spricht Tsitsipas beispielsweise philosophisch über eine Welt ohne Umweltverschmutzung und mit fliegenden Autos. Knapp 50.000 Subscriber hat sein Kanal schon. Und es werden mehr, schließlich promotet Tsitsipas seinen Kanal auch gerne in On-Court-Interviews nach seinen Matches. "Leute, wenn ihr ihn noch nicht abonniert habt, macht es bitte."

Das Bemerkenswerte an den Clips: Tsitsipas macht alles selbst. Er filmt. Er schneidet. Er textet. Er wählt die Musik aus. Und alles mit einer unglaublichen Liebe fürs Detail. Und mit dem bestmöglichen Equipment. Aber warum das alles?

"Die Videos zu machen, ist für mich wie ein Plan B. Wenn es in einem Turnier von Anfang an nicht gut läuft, drehe ich in der Stadt ein Video. Wenn ich gewinne, versuche ich, es so gut es geht zu vergessen", erklärte Tsitsipas der New York Times. Bezeichnend: Patrick Mouratoglou, der vor allem als Coach von Serena Williams bekannt ist und in dessen Akademie in Nizza Tsitsipas trainiert, sah den Griechen zum ersten Mal auf YouTube.

Aber der YouTube-Kanal ist längst nicht alles. Tsitsipas hat gleich zwei Instagram-Accounts. Einen als Tennispieler. Aber auch einen unter dem Pseudonym "Steve the Hawk", auf dem er sich der Fotografie widmet.

Weil in der heutigen Medienlandschaft aber auch Podcasts wichtig geworden sind, fehlt Tsitsipas natürlich auch hier nicht. "A Greek Abroad", heißt sein Kanal, auf dem er unter anderem schon sehr ausführlich darüber sprach, wie es ist, anders zu sein.

"In der Schule wurde ich viel gemobbt. Die anderen Kinder haben es nicht akzeptiert, dass ich anders war. Ich habe immer versucht, so ruhig wie möglich zu bleiben, aber die Kinder haben mich verrückt gemacht."

Verrückt gemacht? Das werden bei den Australian Open aktuell nur Tsitsipas' Gegner ... von seinem bärenstarken Spiel.

Tsitsipas: Der stolze Grieche

Ein Grieche, der die Tennis-Welt aufmischt? Wann hat es das denn bitte mal gegeben? Noch nie! Konstantinos Economidis war 2007 mal die 112 der Welt. Ein gewisser Nicholas Kalogeropoulos stand in den 60er Jahren immerhin mal im Achtelfinale von Wimbledon, aber Tsitsipas wird Tennis in Griechenland gemeinsam mit der aufstrebenden Maria Sakkari bei den Damen auf ein völlig neues Niveau heben, so viel ist klar. Die vielen Griechen, die in Melbourne zuhause sind, machen jetzt schon ordentlich Lärm bei seinen Matches, das wird auch gegen Nadal nicht anders sein.

Interessant ist auch Tsitsipas' Background: Sein Vater ist Grieche. Seine Mutter Russin. "Mit zwei verschiedenen Kulturen auzfzuwachsen, war sehr wichtig für mich. Es hat mir eine völlig neue Perspektive gegeben. Von meiner Mutter habe ich wohl die Disziplin, die in der griechischen Kultur nicht so vebreitet ist, würde ich sagen", beschrieb es Tsitsipas, dessen Großvater Sergei Salnikov ein bekannter Fußballspieler war.

Sein Vater Apostolos ist Tennistrainer. Seine Mutter Julia Apostoli-Salnikova war in der damaligen Sowjetunion sogar auf dem Weg zum Tennisstar. Bei den Juniorinnen gab es keine bessere Spielerin im Land. Mehr als Weltranglistenplatz 194 sollte für Apostoli-Salnikova, die ganz ohne Coach alleine auf sich gestellt war, aber nicht herausspringen, weil sie nicht reisen durfte und es zu viel Ärger mit dem Verband gab.

Dass ihr Sohn Stefanos es einmal weiter bringt als sie selbst, war laut Apostoli-Salnikova ziemlich früh klar: "Bei der Geburt sagte mir der Arzt, dass Stefanos herausgekommen ist und die Hand nach oben gehalten hat wie bei einem Schmetterball."

Tsitsipas: Eine Mischung aus Borg, Murray und Federer

Das Spiel von Stefanos Tsitsipas hat Flair. Die Kennzeichen: Ein starker Aufschlag (89 Asse schon bis zum Halbfinale), ein extrem aggressives Spiel von der Grundlinie (im Match gegen Federer schlug er mit 62 Winnern sogar einen mehr als der Maestro), einen guten Riecher, ans Netz nachzurücken und eine wunderbare einhändige Rückhand. Ja, die ist zwar selten geworden, aber sie gibt es zum Glück immer noch.

"Ich spiele selbstbewusstes Tennis. So habe ich schon immer gespielt, so bin ich aufgewachsen, so bin ich als Person", sagt Tsitsipas.

"Stefanos Tsitsipas sieht aus wie Björn Borg, hat das kämpferische Naturell von Andy Murray und die Ruhe von Roger Federer", meinte im vergangenen Jahr der ehemalige Weltklassespieler Greg Rusedski. Trifft es gar nicht mal so schlecht.

Als Tsitsipas fast ertrunken wäre

Es ist 2015, als Tsitsipas ein Future-Turnier in Heraklion spielt und einen freien Tag mit ein paar Freunden genießt. Als sie ins Meer schwimmen gehen, unterschätzen sie die Situation und die Stärke der Wellen komplett.

Schon bald ist Tsitsipas 25 Meter vom Ufer entfernt und hat Probleme, zu atmen. Zum Glück sieht ihn sein Vater, springt ins Wasser und schleppt ihn an Land. Die Rettung. "Ich hatte das Gefühl, dass ich nur ein paar Sekunden davon entfernt bin zu sterben. Ich wäre fast ertrunken. Aber seitdem habe ich absolut keine Angst mehr auf dem Court", so Tsitsipas über das prägende Erlebnis.

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