Mercedes-AMG-Customer-Racing-Leiter Stefan Wendl im Interview: "Der Unterschied zur Realität ist fast nichtig"

Von Andreas Reiners
Stefan Wendl ist Leiter der Abteilung für Kundensport bei Mercedes-AMG.
© Daimler

Stefan Wendl leitet die Abteilung für Customer Racing bei Mercedes AMG. Dabei ist er für die weltweite Vertretung von Kundensupport bei Mercedes zuständig. Im Interview mit SPOX spricht er über die Auswirkungen der Coronakrise auf den Motorsport sowie die Unterschiede zwischen Werks- und Kundensport.

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Auch erklärt Wendl den Zweck von Sim-Racing, wie der Digitalen Nürburgring Langstrecken-Serie powered by VCO, in der heutigen Zeit.

Wie herausfordernd sind die aktuellen Zeiten für den Leiter von Mercedes-AMG Customer Racing, Stefan Wendl?

Stefan Wendl: Es ist eine sehr große Umstellung. Alle Prozesse mussten geändert werden, die wichtigen sozialen Kontakte mit dem Team wurden zwangsweise reduziert, und trotzdem müssen wir versuchen, mit den ganzen Hürden das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Eines der größten Probleme ist die Unsicherheit in der kurz- und mittelfristigen Planbarkeit.

Wie hart wurde der Kundensport durch die Corona-Krise getroffen?

Wendl: Das lässt sich noch schwer abschätzen. Ich bin positiv überrascht, dass viel Optimismus unter Kunden, Teamchefs und Fahrern vorherrscht. Wir wiederum versuchen, unsere Kunden in dieser Situation maximal zu unterstützen.

Wie groß sind Ihre Zukunftssorgen?

Wendl: Ich habe grundsätzlich keine großen Sorgen, wenn ich an unser Produkt, den Sport und die Show denke und was wir damit erreichen können. Eine Sorge beschäftigt mich jedoch schon, und zwar die Hindernisse mit Reisebeschränkungen, die es unmöglich machen, den Sport so international wie sonst üblich auszuüben.

Wie muss man sich Ihre Rolle im Detail vorstellen?

Wendl: Im Endeffekt ist sie vergleichbar mit der Rolle eines Motorsportchefs. Ich leite in Affalterbach ein kleines Team, das Mercedes-AMG Customer Racing weltweit vertritt. Zusammen mit unserem Entwicklungspartner HWA haben wir den Mercedes-AMG GT3 und GT4 auf die Räder gestellt. Zudem haben wir eine Support-Struktur entwickelt, durch die wir weltweit den Ersatzteilservice und Ingenieurssupport bei wichtigen Veranstaltungen garantieren. Ein Großteil meiner Arbeit soll aber auch Synergien schaffen, an der Spitze eines Netzwerks, um Teamchefs miteinander zu verbinden.

Was ist das Ziel?

Wendl: Wir wollen möglichst nah am Kunden sein, effiziente und effektive Lösungen herbeiführen. Nicht mit dem Anspruch eines Werksprogramms, aber trotzdem mit dem Ziel des sportlichen Erfolgs. Im Kundensport ist der beste Kompromiss aus Mitteleinsatz und sportlichem Ergebnis nötig. Dazu zählen natürlich Gesamtsiege, die nicht nur wichtig für die Teams, sondern auch für uns als Marke sind. Aber auch die Einzelerfolge, zum Beispiel die eines Gentleman-Driver, der in der AMG Driving Academy gemerkt hat, dass er nicht ganz untalentiert ist und sich das Hobby leisten kann, einsteigt und es unter der Führung eines Teams schafft, Siege einzufahren.

Was sind die Unterschiede zwischen Werks- und Kundensport?

Wendl: Werkssport ist der gezielte Einsatz seiner zur Verfügung stehenden Mittel, um den maximalen sportlichen Erfolg als Zielvorgabe umzusetzen - wie in der DTM zum Beispiel. Im Kundensport sind die Mittel wesentlich geringer. Der Kundensport bietet die Möglichkeit, mit effizientem Mitteleinsatz die sportlichen Erfolge und die Markenpräsenz im Motorsport weltweit zu erhöhen. Das wäre mit einem Werksprogramm finanziell gar nicht realisierbar und auch nicht angemessen. Das heißt, wir vertrauen auch auf die professionelle Zusammenarbeit mit den Kunden.

Wie funktioniert die Verbindung von Herstellern und Kunden?

Wendl: Generell werden alle Teams gleichbehandelt, es herrscht komplette Transparenz. Sie haben die gleiche Ausgangsbasis und bekommen die gleiche Unterstützung. Und natürlich arbeiten wir im Hintergrund weiter, um die Autos konkurrenzfähig zu halten.

Wie viel muss man investieren, um das Paket zu erhalten?

Wendl: Der GT3 fängt bei 399.000 Euro an, der GT4 liegt bei 209.000 Euro. Darin enthalten ist das einsatzfähige Auto, aber auch eine Technikschulung für Ingenieure und Mechaniker der jeweiligen Teams ...

Wenn ich als Kunde den Wagen vor die Wand setze, ist das dann aber mein Problem?

Wendl: Das ist das Risiko, das zum Motorsport gehört. Man kann das Auto versichern, aber da wird mit einer hohen Selbstbeteiligung gearbeitet. Wichtig sind ein gutes Coaching und dass man es langsam angehen lässt. Man darf es am Anfang nicht übertreiben.

Warum setzen Sie auf GT-Autos?

Wendl: Weil der Mercedes-AMG GT eine hervorragende Basis für den Motorsport ist. Die GT3- und GT4-Rennautos zeichnen sich durch eine hervorragende Fahrbarkeit, durch ein breites Anwendungsspektrum, einen sehr guten Reifenverschleiß und eine hohe Zuverlässigkeit aus.

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