Rudern: Deutschland-Achter erlebt historisches WM-Aus

SID
Der Deutschland-Achter verpasste erstmals seit 23 Jahren das WM-Finale.
© getty

Völlig enttäuscht sackte Schlagmann Torben Johannesen ins Boot, auch der Rest der geschlagenen Crew des Deutschland-Achters ließ die Köpfe hängen: Erstmals seit 23 Jahren verpasste das erfolgsverwöhnte Flaggschiff das Finale bei einer WM. Im Hoffnungslauf erlebte das stark verjüngte und coronageschwächte Paradeboot des Deutschen Ruderverbandes (DRV) eine bittere Enttäuschung, blieb als Dritter chancenlos und zahlte ordentlich Lehrgeld.

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"Es ist leider bittere Realität. Das ist das, wo wir momentan stehen und was wir abrufen können", sagte Johannesen nach dem schmerzhaften Rückschlag in Racice/Tschechien: "Nach dem Jahr haben wir ordentlich etwas aufzuholen und müssen im Winter enger zusammenrücken." Steuermann Jonas Wiesen betonte, "die junge Truppe" habe alles versucht, "aber leider haben wir im Moment zu wenig PS an Bord".

Klar ist: Nach Jahren auf der Erfolgswelle hat der Achter den Anschluss an die Weltspitze vorerst verloren. Nicht selten fühlte sich lange Zeit alles andere als Platz eins wie eine Niederlage an, doch das Selbstverständnis des Großbootes steht auf der Probe. Im B-Finale geht es nur noch um die Endplatzierung. Die weiteren WM-Aussichten für den DRV? Düster.

Im Rennen um die Medaillen bleiben einzig Titelverteidiger Oliver Zeidler und der Frauen-Doppelzweier. "Jeder wird mit dem Messer im Mund im Boot sitzen", sagte Zeidler, der durch einen souveränen Halbfinalsieg den Endlauf im Einer erreicht hatte. Die EM-Dritte Alexandra Föster (20) verpasste dagegen als Vierte trotz eines beherzten Schlussspurts knapp das Finale.

Der Achter verlor nach ordentlichen 500 m den Anschluss an die Konkurrenz, im Ziel betrug der Rückstand auf die siegreichen Niederländer über sieben Sekunden. Vor dem Rennen hatte es dazu einen Coronafall im Team gegeben, Max John aus dem Vierer ohne Steuermann musste den positiv getesteten Julian Garth kurzfristig ersetzen - ein weiterer Rückschlag, nachdem schon die Olympia-Zweiten Laurits Follert und Olaf Roggensack berufsbedingt gefehlt hatten.

Deutschland-Achter verpasst erstmals seit 1999 WM-Finale

Zuletzt war der deutsche Achter 1999 bei den Titelkämpfen in Kanada im Hoffnungslauf ausgeschieden. Das DRV-Paradeboot, das sich nach Olympia-Silber im Vorjahr im Neuaufbau befindet, wird dazu erstmals seit 2003 keine WM-Medaille holen. Vor den Sommerspielen in Tokio hatte der Achter dreimal in Folge WM-Gold gewonnen.

Zudem kommt der Verband aufgrund des Streits mit einigen Athleten nicht zur Ruhe. Ein "Expertenrat", der zur Aufarbeitung der Probleme nach der EM in München ins Leben gerufen worden war, wurde nach massiver Kritik aus Sportlerkreisen am Donnerstag schon wieder aufgelöst. Johannesen etwa hatte den Rat als "Farce" bezeichnet, "weil dort Leute drinsitzen, die im Fokus der Kritik stehen". Stattdessen soll nun eine externe Beratungsagentur helfen.

Doch bis zu den Olympischen Spielen 2024 bleibt kaum noch Zeit. Schon im kommenden Jahr werden die Tickets bei der WM in Belgrad vergeben - dem DRV droht ein Rumpfaufgebot in Paris. Seit Freitag ist klar: Auch auf den Achter wartet ein schwieriger Weg.

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