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NBA-Kolumne Above the Break: Anthony Davis gibt den Lakers die Hoffnung zurück

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© getty

Die Los Angeles Lakers witterten schon die nächste desaströse Saison, stattdessen konnten sie das Bild über die vergangenen Wochen korrigieren. Das liegt an Anthony Davis - der endlich die Fackel als ihr bester Spieler übernommen hat. Der Schlüssel für seine Dominanz ist dabei ein anderer als in der Vergangenheit.

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Wir können die Lakers noch nicht begraben. Ja, der Spielplan war zuletzt nicht knüppelhart (der zu Beginn der Saison schon eher), trotzdem stehen am Ende acht Siege aus zehn Spielen, L.A. ist nah an einer ausgeglichenen Bilanz (10-12) und einem neutralen Net-Rating (-1). Der Pfeil zeigt nach oben, aus mehreren Gründen.

LeBron James kehrte nach seiner Verletzungspause mit starken Leistungen zurück, Russell Westbrook hat seine "Degradierung" auf die Bank akzeptiert und sich seither verbessert. Als Team treffen die Lakers von draußen immer noch schlecht, aber nicht mehr wie das schlechteste Team der NBA-Geschichte. Die Rollenspieler finden sich etwas besser.

Vor allem aber tritt der eine Superstar in seiner Prime, den die Lakers haben, endlich wieder wie ein solcher auf: Anthony Davis war über die vergangenen Wochen nicht nur der beste Laker, sondern einer der besten Spieler der NBA (der beste, wenn man Dennis Schröder fragt). Davis trägt sein Team mit dem besten Stretch seiner Lakers-Karriere, Non-Bubble-Edition. Und das vielleicht Beste daran: Er tut das alles auf ganz andere Weise als damals in Disney World.

Anthony Davis übernimmt die Kontrolle bei den Lakers.
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Anthony Davis: Es ist nicht der Wurf

Zur Erinnerung: Davis avancierte damals für einige magische Wochen zu einem elitären Schützen, traf fast die Hälfte seiner langen Zweier und 38 Prozent seiner Dreier. Werte, die ihn zu einem echten Three-Level-Scorer, dem perfekten Zielspieler neben LeBron, machten. Werte, die er aber auch weder davor noch danach je wieder bestätigen konnte.

Über die vergangenen Jahre wurde Davis sogar zu einem der schwächsten Sprungwerfer der NBA, gerade von draußen, wo er nacheinander 27 und 19 Prozent traf - neben den zahlreichen Verletzungen einer der Hauptgründe dafür, warum er mit seinen 29 Jahren von vielen schon fast abgeschrieben wurde. Zumindest als ein Top-10-Spieler, was vor einigen Jahren für ihn ja noch ein konservatives Label war.

Auch in dieser Spielzeit war sein Start offensiv nicht dominant. Davis trifft über die Saison 36 Prozent seiner langen Zweier und 33 Prozent von draußen, was okay ist, aber nicht wirklich mehr. Zuletzt wurde es besser, aber Davis wird bei seinen derzeitigen Monster-Leistungen nicht wie in der Bubble vom Jumper getragen. Stattdessen hat sich über die vergangenen Wochen etwas grundlegend verändert. Die Wurfauswahl, in Kürze. Und damit irgendwie auch die Saison der Lakers.

Anthony Davis: Seine Quoten seit der Bubble

SpielePunkteFG% am RingFG% Mid-Range3FG%Entfernung in Fuß
Bubble-Playoffs2127,780493811,7
Saison 20/213621,875432711,7
Saison 21/224023,27739199,6
Saison 22/232028,67643337,2

Anthony Davis lebt (endlich) in der Zone

Über 35 Punkte hat Davis über seine vergangenen neun Spiele im Schnitt aufgelegt, kulminierend in 99 Punkten über zwei Spiele gegen Milwaukee und zuletzt Washington. Wie er an diese Punkte kommt, ist eigentlich recht simpel: Er attackiert den Korb, mehr als je zuvor in seiner Zeit bei den Lakers. Und eigentlich sogar mehr als je zuvor in seiner NBA-Karriere.

53 Prozent von Davis' Abschlüssen kommen direkt am Ring, die höchste Zahl seit seinem Rookie-Jahr (damals 55 Prozent). Nimmt man noch die Abschlüsse aus der Floater-Range hinzu, kommen stolze 80 Prozent seiner Würfe nah am Korb - Career-High, laut Cleaning the Glass. Basketball-Reference ergänzt: Die durchschnittliche Entfernung seiner Würfe zum Korb war noch nie in seiner Karriere niedriger.

Vereinfacht ausgedrückt macht Davis das, was Oldschool-Bigs von jedem aktuellen Star fordern: Er nutzt die körperliche Überlegenheit, die er in fast jedem Matchup hat. Abgesehen von Giannis Antetokounmpo vereint kein großer Spieler die Kraft, Geschwindigkeit und Athletik, aber auch den Touch, den AD sein Eigen nennt. Er ist ein wandelnder Matchup-Albtraum, und erstmals in seiner Lakers-Zeit nutzen diese das wirklich konsequent.

Anthony Davis: Meisterklasse gegen die Bucks

Das Spiel gegen die Bucks war ein gutes Beispiel dafür, wie Davis derzeit eingesetzt wird. Statt hohe Pick'n'Rolls an oder oberhalb der Dreierlinie zu laufen, lassen sie ihren ballführenden Spieler derzeit gerne innerhalb der Dreierlinie operieren - entweder LeBron oder Westbrook - und nutzen Davis als Screener.

Das bringt diesen näher zum Korb, das erschwert es dem gegnerischen Team auch, im Notfall Hilfe zu schicken. Vor allem dann, wenn durch vorherige Screens wie hier von Austin Reaves schon weitere Aufgaben für die Defense kreiert werden und die restlichen Spieler auf der ballfernen Seite warten. Die Lakers werden immer besser darin, solche Aktionen regelmäßig gut vorzubereiten.

Hat Davis so tief Position bezogen, kann auch Lopez nicht mehr viel machen.
© nba.com/stats

Natürlich haben sie zudem auch gute Playmaker. LeBron ist die Nummer eins, aber auch Westbrook hat mittlerweile eine gute Chemie mit Davis und verschafft ihm in diesem Setup immer wieder gute Abschlüsse. Dennis Schröder ist erst seit kurzem zurück, kann Davis aber auch füttern. Hier noch ein weiteres Beispiel aus der Partie gegen die Wizards.

Davis und LeBron? Könnte funktionieren!
© nba.com/stats

Anthony Davis: Die beste Waffe der Lakers

Die Resultate sind offenkundig: Von allen Spielern, die derzeit mindestens drei Pick'n'Rolls als Roll-Man abschließen, ist Davis laut nba.com/stats der effizienteste mit 1,33 Punkten pro Play. Das ist elitär und eine der besten Waffen der Lakers, die als Team bisher eigentlich ja keineswegs eine gute Offense aufs Parkett bringen (momentan Platz 20).

Davis wird gleichzeitig besser und konsequenter darin, sich nicht vom Ziel abbringen zu lassen. Er rollt häufiger hart zum Korb, er erarbeitet sich aber oft auch mit dem Ball in der Hand eine tiefe Position, wenn er vom Verteidiger zuvor "rausgeschoben" wurde.

Solche Possessions wären in der Vergangenheit oft in einem schweren Jumper geendet, das tun sie jetzt seltener. Was auch dazu führt, dass die Freiwurf-Frequenz die höchste seit drei Jahren ist, Tendenz steigend.

Es geht auch ohne Fallaway-Jumper. Manchmal.
© nba.com/stats

Anthony Davis trägt die Los Angeles Lakers

Davis ist aggressiver, und er sucht und findet mehr leichte Punkte denn je. Er ist sehr erfolgreich als Cutter (1,52 PPP!), macht 4 Punkte pro Spiel nach eigenem Offensiv-Rebound und führt die Liga damit mit Abstand an. All das ist auch eine Folge davon, dass er erstmals in seiner Karriere wirklich all seine Minuten auf der Fünf verbringt, ohne zweiten Big Man, der ebenfalls in Korbnähe unterwegs ist.

Davis betreibt dabei einen enormen körperlichen Aufwand, zumal er auch die Defensive zusammenhalten muss. Ob in der Drop Defense oder "oben" am Screen, Davis spielt bisher überwiegend eine sehr gute Defensivsaison und ist auch in Korbnähe der gewohnte Einschüchterungsfaktor.

Automatisch führt das zur Frage nach der Haltbarkeit. Verletzungen sind bei Davis schon immer ein Thema, insbesondere aber in den vergangenen Jahren - der Spitzname "Street Clothes" ist zwar übertrieben und unfair, tatsächlich absolvierte AD seit der Bubble aber nur 76 von 154 möglichen Spielen. Auch in dieser Spielzeit lief Davis bisher nicht immer rund, auch wenn er erst zwei Spiele verpasste.

Lakers: Ist die Saison doch noch zu retten?

Eine gewisse Angst spielt daher immer mit. Idealerweise würde sein Team einen solchen Workload von Davis erst in den Playoffs verlangen, wenn es wirklich darauf ankommt - aber der Begriff "idealerweise" vereint sich nicht mit den Lakers des Jahres 2022. Sie müssen sich ja erst aus einem Loch graben, um überhaupt um die Playoffs mitzuspielen. Sie haben dafür immer noch jede Menge Arbeit vor sich und Fragen zu klären.

Ganz vorne steht dabei die Frage nach der Kader-Balance. Dass Trades kommen werden, um das schwache Spacing zu adressieren, scheint nahezu sicher, nur die Tragweite ist fraglich. Soll ein Westbrook-plus-2-Picks-Trade einen Star bringen? Soll eine kleinere Lösung her, etwa mit dem extrem enttäuschenden Patrick Beverley sowie einem Pick für zumindest einen wurfstarken Flügelspieler?

Die Lakers sind Berichten zufolge auch intern gespalten, gerade beim Thema Westbrook, der nach wie vor fast 50 Millionen Dollar verdient und nicht wirklich gut neben Davis und LeBron passt (gemeinsames Net-Rating: -2,8). Man stelle sich vor, wie viel "leichter" das Two-Man-Game von Davis und LeBron aussehen könnte, wenn die drei Mitspieler neben ihnen werfen könnten. Andererseits müsste man im Zweifel Picks draufzahlen für einen Spieler, der momentan gut funktioniert und als Sixth Man seinen Beitrag leistet ...

Es ist noch immer eine komplizierte Situation, in der sich die Lakers befinden. Sie wirkt aber ein ganzes Stück weniger katastrophal als noch vor wenigen Wochen, und das ist schon viel wert. Die Lakers sind auf dem Weg, wieder ein ernstzunehmendes NBA-Team zu werden. Das ist, mehr als alles andere, das Verdienst von Anthony Davis.

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