WM

WM 2022 - Erkenntnisse zum DFB-Team: Nicht nur die letzte Linie hat versagt

Von Constantin Eckner
DFB-Team, Hansi Flick, Bundestrainer, WM 2022, Katar, Japan
© getty

Deutschland droht in Katar nach der Pleite gegen Japan zum zweiten Mal in Folge das Vorrunden-Aus bei einer Weltmeisterschaft. Damit das DFB-Team in den kommenden Tagen das Ruder rumreißen kann, braucht es deutliche Verbesserungen im Spiel mit und ohne Ball.

Cookie-Einstellungen

Ilkay Gündogan fand nach der Auftaktniederlage deutliche Worte, kritisierte unter anderem die teils fehlende Bereitschaft, Bälle zu fordern. Hier kommen die Erkenntnisse aus dem Spiel gegen Japan. An drei Themen muss Hansi Flick bis zur Partie gegen Spanien am Sonntag arbeiten.

DFB-Team, Deutschland, Nico Schlotterbeck, Antonio Rüdiger, David Raum
© getty

DFB-Team: Die Abstimmung zwischen den Verteidigern fehlt

Schon vor dem Ausgleichstreffer Japans musste Manuel Neuer mit einer Glanzparade den Einschlag verhindern. An der Torchance von Junya Ito wurde noch mehr als am eigentlichen 1:1 deutlich, wie es Japan gelang, die Lücken in der deutschen Abwehr zu nutzen. Die DFB-Elf trat mit einer Viererkette bestehend aus Niklas Süle, Antonio Rüdiger, Nico Schlotterbeck und David Raum an.

Süle sollte als nomineller Rechtsverteidiger vorsichtig vorrücken und zumeist eine tiefe Position halten, weshalb in der Theorie die Schnittstellen zwischen den drei verbleibenden Verteidigern recht klein hätten sein müssen.

Trotzdem kam Japan mit einer offensiven Ausrichtung und viel Präsenz nahe der Abseitslinie immer wieder in diese Lücken hinein. Die Übergaben zwischen Süle, Rüdiger und Schlotterbeck passten in der Rückwärtsbewegung nur selten. Ohnehin wurde in dieser Partie deutlich, dass eigentlich alle drei am besten im Vorwärtsverteidigen sind. Sobald Deutschland aber nicht volle Kontrolle über das Geschehen hat und die Verteidiger mit dem Gesicht zum Tor von Neuer laufen müssen, wirken sie indisponiert.

Ilkay Gündogan, Hansi Flick, DFB-Team, Deutschland, Japan, WM 2022
© getty

DFB-Team: Rotation wäre wohl kontraproduktiv

Selbstverständlich wird nach solch einer Leistung schnell der Ruf nach personellen Veränderungen in der Abwehr laut. Allerdings wären erneute Umstellungen einer besseren Abstimmung nicht zuträglich. Bundestrainer Flick hat schon oft genug an seiner Verteidigung herumgetüftelt und mit der Wahl von Süle als Rechtsverteidiger auch für dieses Spiel einen Schachzug gezeigt, mit dem nicht jeder gerechnet hatte.

Süle nun durch Thilo Kehrer oder Lukas Klostermann zu ersetzen, könnte sich als richtig herausstellen - oder aber es könnte auch zu neuerlichen Abstimmungsproblemen führen. Man betrachte nur die falsche Kommunikation vor dem zweiten japanischen Treffer, als Süle zurückläuft, während Rüdiger und Schlotterbeck auf Abseits spielen. Beide Varianten sind möglich, aber die Restverteidigung muss sich für eine entscheiden.

Wenn Flick daran glaubt, dass Süle, Rüdiger und Schlotterbeck das bestmögliche Trio sind, dann muss er mit ihnen sowie Raum und den davor postierten Mittelfeldakteuren an den Verschiebemechanismen und defensiven Übergaben arbeiten. Zur Wahrheit gehört auch dazu, dass eben nicht nur die letzte Linie in der zweiten Halbzeit gegen Japan versagte, sondern auch die Reihen davor in der Rückwärtsbewegung ihre Probleme hatten. Nicht ohne Grund konnte etwa ein Hiroki Sakai als rechter Flügelverteidiger mehrfach außen durchbrechen.

Deutschland, DFB-Team, Japan, Taktiktafel
© tacticalpad.com

DFB-Team: Der Spielaufbau muss in die nächste Phase kommen

Gerade in der ersten Halbzeit zeigte Deutschland nach leichten Startschwierigkeiten eine dominante Vorstellung und brachte es auch zu Torschüssen. Das Pressing der Japaner, die bewusst Süle ein wenig freiließen, um den deutschen Spielaufbau zu ihm zu leiten, wurde geschickt durch ein Zurückfallen von Thomas Müller im rechten Halbraum sowie eine dadurch erzeugte Gleich- oder sogar Überzahl im Mittelfeld überspielt. Hier hatte Deutschland das richtige Gespür und die passende positionelle Verschiebung parat.

Allerdings kam Deutschland teilweise nur schwerlich geordnet ins letzte Spielfelddrittel. Viel beruhte auf Einzelaktionen oder improvisierten Passsequenzen. Obwohl Deutschland laut Opta auf einen Wert von 3,27 Expected Goals kam und diese Zahl selbst abzüglich des Elfmeters immer noch hoch war, so wurde keiner der acht Torschüsse für sich genommen mit mehr als 0,3 Expected Goals bewertet. Die einzelnen Abschlussaktionen waren qualitativ nicht derart hochwertig.

Bundestrainer Flick muss ernsthaft darüber nachdenken, wie die dritte Spielaufbauphase gestaltet wird. Auffällig war am Mittwoch, dass Jamal Musiala trotz einiger gelungener Aktionen nicht die normale Präsenz im Zwischenlinienraum hatte. Der 19-Jährige musste sich erst immer von der Außenbahn dort hineinarbeiten und war nicht schon als möglicher Passempfänger zur Stelle, um im besten Fall beide gegnerische Sechser aus dem Spiel zu nehmen. Gegen Spanien braucht es aber genau diese besondere Qualität, um den Kampf um die essenziellen Zwischenräume zu gewinnen.

Baustellen existieren defensiv wie offensiv, wobei die Verteidigung auf den ersten Blick mehr Sorgen bereitet, aber die schwankende Spielkontrolle am Ball auch ein Problem darstellt. Gegen Spanien wird Deutschland jedoch ohnehin eine andere Partie erleben, in welcher die Defensive sowohl in der Rückwärtsbewegung als auch im tiefen Endverteidigen gefordert sein wird. Ohne verbesserte Abstimmung könnte das Unterfangen gegen die Iberer übel enden.

WM 2022: Der Spielplan der Gruppe E

DatumBegegnungAnpfiff
23. NovemberDeutschland vs. Japan1:2
23. NovemberSpanien vs. Costa Rica7:0
27. NovemberJapan vs. Costa Rica11 Uhr
27. NovemberSpanien vs. Deutschland20 Uhr
01. DezemberCosta Rica vs. Deutschland20 Uhr
01. DezemberJapan vs. Spanien20 Uhr

 

Artikel und Videos zum Thema