FC Bayern München: "Heute endet eine Ära" - Tapalovic-Aus bedroht Manuel Neuer

Von Justin Kraft
FC Bayern München, Bundesliga, Torwart, Toni Tapalovic, Entlassung, Manuel Neuer, Yann Sommer, Alexander Nübel
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Der FC Bayern München hat Torwarttrainer Toni Tapalovic fristlos entlassen. Grund dafür sollen vor allem Differenzen mit Julian Nagelsmann gewesen sein. Doch was bedeutet der Rausschmiss für den Rekordmeister? SPOX betrachtet die Folgen aus drei Perspektiven.

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Der Abschied von Toni Tapalovic scheint dem FC Bayern München nicht schwer zu fallen. In einer Pressemitteilung hat der Tabellenführer der Bundesliga das Ende der Zusammenarbeit nicht nur in aller Kürze, sondern auch sehr nüchtern und emotionslos verkündet.

Auf ein kleines Dankeschön für die Erfolge der letzten Jahre folgt der entscheidende Satz von Hasan Salihamidzic: "Differenzen über die Art und Weise der Zusammenarbeit haben jetzt dazu geführt, dass wir getrennte Wege gehen."

Laut der Bild bestanden diese Differenzen vor allem mit Julian Nagelsmann. Tapalovic soll sich schwer damit getan haben, Anweisungen des Cheftrainers zu befolgen. Jegliche Vermittlungsversuche von Salihamidzic scheiterten. Das Aus des Torwarttrainers könnte weitreichende Folgen für den FC Bayern haben. Die folgenden drei Perspektiven unterstreichen das.

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FC Bayern München: Das Tapalovic-Aus aus der Perspektive von Manuel Neuer

Für Manuel Neuer war und ist Tapalovic ein enger Vertrauter. Der 42-Jährige war bei seiner Hochzeit im Jahr 2017 sogar Trauzeuge. Dementsprechend wird der mehrfache Welttorhüter eine Vertrauensperson innerhalb des Klubs verlieren, die ihm gerade in schwierigen Zeiten immer den Rücken gestärkt und freigehalten hat. "Heute endet eine Ära beim FC Bayern", kommentierte Neuer die Entlassung auf Instagram: "Nicht zuletzt hast du auch mich und mein Torwartspiel geprägt und auf ein neues Level gehoben. Ich werde dich vermissen."

Für ihn ist das ein weiterer Rückschlag. Zumal der aktuelle Kapitän des FC Bayern viel Wert auf ein ruhiges und für ihn reibungsloses Umfeld legt. Als Alexander Nübel einst vom FC Schalke 04 verpflichtet wurde, soll Neuer verärgert gewesen sein. Nicht aus Angst vor dem Verlust seines Stammplatzes, sondern weil ihm die Kommunikation und die Veränderung an sich nicht gefiel.

Bei den Münchnern bekam der 36-Jährige in den letzten Jahren stets die Freiheit, weitreichende Entscheidungen um sich herum zu treffen oder sie zumindest aktiv zu beeinflussen. Mit Tapalovic geht nun aber jemand, der Teil seiner Machtposition war. Vor allem verliert er aber einen wichtigen Draht zum Trainerteam. Tapalovic soll nach Informationen von Sport1 regelmäßig Interna aus der Trainerkabine an Neuer weitergegeben haben, die kurz darauf auch an das gesamte Team gingen. Vor allem Nagelsmann habe das gestört.

Am grundsätzlichen Vertrauen des FC Bayern wird der Abgang wohl kaum etwas ändern, geschwächt wird Neuer dadurch dennoch. Außerdem deutet derzeit vieles darauf hin, dass sich Neuer nach seiner Rückkehr deutlich mehr strecken muss, um auch in Zukunft Stammtorhüter des Rekordmeisters zu bleiben. Die Verpflichtung von Yann Sommer war bereits ein kleiner Fingerzeig in diese Richtung und auch die mögliche Rückkehr von Alexander Nübel wird das alles etwas befeuern.

Neuer schien beim FC Bayern nie so angreifbar zu sein wie jetzt. Auch wenn sich die Verantwortlichen jüngst dazu bekannt haben, dass er der Kapitän und die klare Nummer eins ist, so vermieden sie bewusst einen Blick in die Zukunft. Denn diese hält viel Ungewissheit bereit - vor allem für Neuer, der in seinem Statement selbst das Ende einer Ära ausrief. Auch wenn er es anders gemeint ist, könnte sich für ihn tatsächlich mehr ändern, als ihm aktuell lieb wäre.

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FC Bayern München: Die Perspektive von Alexander Nübel und Yann Sommer

Denn das Aus von Tapalovic hat auch Folgen für Yann Sommer und Alexander Nübel. In den letzten Wochen gab es mehrfach Meldungen, dass Letzterer sich eine Rückkehr zum FC Bayern wegen des Torwarttrainers nicht vorstellen könne.

Schon während seiner Zeit in München soll er bei Tapalovic außen vor gewesen sein. Laut der Bild sah der Trainer seine Aufgabe vor allem in der Betreuung von Neuer und Sven Ulreich. Nachdem Nübel nach Monaco wechselte, kühlte das Verhältnis weiter ab. Das bestätigte der 26-Jährige im ZDF. "Davor hatten wir ein normales Verhältnis. Jetzt, wo ich in Monaco war, gab es nicht viel Kontakt. Ich glaube schon, dass man sich mehr hätte austauschen können", sagte Nübel jüngst im Sportstudio.

Zwar gab er an, dass ein offenes Klärungsgespräch vorstellbar sei, doch ihm war die Skepsis anzumerken. Eine Verbesserung der Situation schien unwahrscheinlich. Nun aber öffnen sich für Nübel neue Chancen - oder überhaupt erstmals eine faire Chance. Vieles wird selbstredend davon abhängen, ob er sich diesem Konkurrenzkampf stellen möchte.

Wahrscheinlicher ist wohl eine weitere Leihe. Aber auch mittel- und langfristig hat sich seine theoretische Perspektive beim FC Bayern gebessert. Nübel gibt sich sehr selbstbewusst und macht nicht den Eindruck, als hätte er sein großes Ziel, irgendwann Neuer zu beerben, aufgegeben. Nübels Plan sei es, "dass ich irgendwann bei Bayern spiele. Mein Vertrag läuft noch bis 2025, meine Leihe geht bis Sommer." Und weiter: "Ich bin ein ganz anderer Torwart, als ich damals war, als ich zu Bayern gegangen bin. Es wäre deutlich anders, wenn ich zurückgehen würde zu Bayern."

Eine Kampfansage an Neuer und Sommer? Das bleibt abzuwarten. Die Entlassung von Tapalovic dürfte ihm nun aber weiteren Rückenwind geben. Und auf Sommer trifft das zweifellos auch zu. Noch gab sich der Schweizer in seinen ersten Tagen zurückhaltend, aber ein Mann seiner Qualität wird unabhängig von der Konkurrenz auf einen Stammplatz schielen. Umso besser, wenn der Torwarttrainer unvoreingenommen an die Sache herangeht.

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FC Bayern München: Das Tapalovic-Aus aus der Perspektive des FCB

Für den FC Bayern selbst ist die Entlassung ebenfalls mehr Chance als Risiko. Zwar hat Tapalovic großen Anteil an der Entwicklung von Neuer, doch darüber hinaus ließ man in den letzten Jahren wohl viel liegen. Die Kritik, dass Tapalovic sich kaum um die Jugendtorhüter gekümmert habe, ist nicht neu. Immer wieder war in der Vergangenheit aus dem Umfeld des Klubs zu hören, dass er sich für diese nicht zuständig gefühlt habe.

Nun können die Münchner jemanden einsetzen, der übergreifender agiert und für möglichst faire Verhältnisse sorgt. Mit Christian Früchtl hatte man über Jahre hinweg ein Talent am Campus, dem zunächst viel zugetraut wurde. Je länger er beim FC Bayern war, desto weiter gingen Zukunftswünsche und Realität auseinander. Die Verantwortung dafür liegt sicher nicht allein bei Tapalovic, doch der Klub kann dessen Entlassung zum Anlass dafür nehmen, diese Probleme zu analysieren und sich über personelle Besetzungen hinaus zu verbessern.

Auch an Nagelsmann ist die Entlassung aber ein klares Signal. Immerhin sollen die Differenzen zwischen ihm und Tapalovic zur Entlassung geführt haben. Einerseits wird ihm damit ein großes Vertrauen entgegengebracht. Auf der anderen Seite geht mit einer solchen Macht auch ein gewisser Druck einher.

Während Neuer passend vom Ende einer Ära schrieb, kann die neue viel Positives für den FC Bayern hervorbringen. Der Rekordmeister kann von einem fairen Konkurrenzkampf zwischen den Pfosten nur profitieren. Setzt sich Neuer am Ende durch, bedeutet das, dass er seine alte Klasse abermals wiedergefunden hat. Schafft er das nicht, ist man mit Sommer oder gar Nübel bereit für eine neue Zeitrechnung.

Wer diese als neuer Torwarttrainer begleiten wird, ist vorerst geregelt: Tom Starke (Torwartkoordinator am Campus) übernahm bereits am Dienstag beim Anschwitzen vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln Tapalovics Aufgaben und wird auch am Abend auf der Bank sitzen. Wie lange Starke, der seine Arbeit eher im Nachwuchsbereich sieht, den Job interimsweise ausüben wird, teilten die Bayern nicht mit. Eines steht jedenfalls fest: Die kommenden Monate werden an der Säbener Straße hinsichtlich der Torwartdebatte sehr interessant.

FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB

DatumUhrzeitWettbewerbGegner
24. Januar20.30 UhrBundesliga1. FC Köln (H)
28. Januar18.30 UhrBundesligaEintracht Frankfurt (H)
1. Februar20.45 UhrDFB-Pokal, AchtelfinaleFSV Mainz 05 (A)
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