Handball, EHF-Cup-Finale – THW Kiel gegen Füchse Berlin: Petkos Rache oder Gislasons Sause?

Velimir Petkovic gewann 2018 mit den Füchsen Berlin den EHF-Cup.
© imago

Am Samstag kommt es beim Final Four in Kiel zum Traumfinale im EHF-Cup zwischen dem THW Kiel und den Füchsen Berlin (20.45 Uhr LIVE auf DAZN). Während sich die ganze Stadt auf eine wilde Feier einstellt, will Velimir Petkovic mit einem Psycho-Trick den Partycrasher spielen.

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Bob Hanning spazierte in die Mixed Zone der Sparkassen-Arena und hatte nach nur einem Satz die Lacher auf seiner Seite. "Endlich haben wir mal gezeigt, dass wir in Kiel gewinnen können", sagte der Geschäftsführer der Füchse nach dem 24:20 gegen den FC Porto.

Hanning spielte mit seiner Aussage mit einem Augenzwinkern auf die grauenhafte Bilanz der Berliner an. Alle bisherigen 13 Partien an der Förde haben die Füchse verloren. Nur drei davon mit weniger als fünf Toren Differenz.

"Das wird extrem schwierig", erklärte Hanning weiter: "Aber in so einem Finale geht alles. Ich glaube nicht, dass wir chancenlos sind."

Füchse Berlin spielen eine maue Saison

Die grundsätzliche Ausgangslage sagt etwas anderes. Zwar standen die Berliner im DHB-Pokal-Halbfinale und stehen jetzt im EHF-Cup-Endspiel, doch insgesamt läuft die Saison bescheiden. In der HBL belegt das Team von Trainer Velimir Petkovic lediglich Rang fünf. 13 HBL-Pleiten setzte es in dieser Spielzeit bereits und damit eine mehr als in den beiden Vorsaisons zusammen.

Zumindest die jüngsten Auftritte der Hauptstädter gegen den THW machen Hoffnung - auch wenn diese Duelle nicht in Kiel stattfanden. Die Berliner unterlagen im April im Pokal in Hamburg mit 22:24 gegen die "Zebras", 12 Tage später war es in der Liga in eigener Halle beim 29:30 sogar noch enger.

"In Hamburg waren wir nach einem großen Rückstand kurz davor, die Überraschung zu schaffen. Und auch zu Hause haben wir gut gespielt. In der Schlussphase waren wir mit manchen Entscheidungen der Schiedsrichter nicht einverstanden. Jetzt habe ich die große Hoffnung, dass wir hier in Kiel gewinnen und damit die kleine Sensation schaffen", sagte Coach Petkovic.

"Petko" winkt am Samstag ein Rekord. Der 62-Jährige könnte als erster Trainer überhaupt den EHF-Cup zum vierten Mal gewinnen. Vor dem Sieg im vergangenen Jahr mit den Füchsen hatte er bereits 2011 und 2012 mit Frisch Auf Göppingen triumphiert.

Petkovic will es den THW-Fans heimzahlen

Daran dachte der Bosnier am Freitagabend allerdings nicht. Viel mehr grübelte er darüber nach, wie er seiner Mannschaft für das Endspiel noch einen Extraschub an Motivation verabreichen kann. Dafür kam ihm das Verhalten der THW-Fans gerade recht.

"Ich bin stolz und glücklich, dass wir im Finale stehen und diese Chance bekommen - besonders vor diesem Publikum, das schon heute gezeigt hat, dass es nicht auf unserer Seite steht. Die haben die letzten 20 Minuten immer ‚Porto, Porto' gerufen. Das erinnert mich an das Finale in Magdeburg", sagte Petkovic.

Der Trainer-Fuchs meinte damit das letztjährige EHF-Cup-Finale in der Bördelandhalle. Nachdem der heimische SCM gegen St. Raphael im Halbfinale verloren hatte, feuerten die Fans der Magdeburger im Endspiel gegen Berlin die Gäste aus Frankreich an und pfiffen die Füchse gnadenlos aus. Am Ende setzten sich die Hauptstädter dennoch mit 28:25 durch.

"Das hat meine Mannschaft damals nur noch zusätzlich motiviert. Ich werde den Jungs die Szenen von Kiel und von Magdeburg nochmal in der Vorbereitung auf das Spiel gegen den THW zeigen, um sie noch heißer zu machen", kündigte Petkovic an.

Kiel stellt sich auf eine lange Party-Nacht ein

Sollte "Petkos" Rache-Plan tatsächlich aufgehen, wäre das für die Kieler, die sich im Halbfinale problemlos gegen den dänischen Vertreter TTH Holstebro durchsetzten, ein schwerer Schlag. In der Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein ist nämlich so ziemlich jeder auf eine lange Partynacht eingestellt.

Viele Fans, die nicht in unmittelbarer Umgebung wohnen, haben in der ausgebuchten Stadt noch irgendwo ein Zimmerchen aufgetrieben, um das Auto stehenlassen zu können, nicht auf irgendwelche Fahrpläne angewiesen zu sein und sich stattdessen im Freudentaumel Bier, Schnaps und Wein hinzugeben.

Der letzte Titel für Alfred Gislason?

Für den THW, der in der HBL Rang zwei belegt und in dieser Saison bereits den DHB-Pokal gewonnen hat, wäre es der vierte EHF-Cup-Sieg nach 1998, 2002 und 2004 sowie die erste internationale Trophäe seit dem Champions-League-Triumph 2012. Noch viel wichtiger aber: Es wäre der 20. und womöglich letzte Titel für den THW unter Trainer Alfred Gislason, der die "Zebras" am Saisonende nach elf Jahren verlassen und in den vorläufigen Ruhestand gehen wird.

"Die ganze Mannschaft ist noch motivierter als sonst, weil wir Alfred unbedingt als EHF-Cup-Champion in der eigenen Halle verabschieden möchten", sagte Kiels Linksaußen Rune Dahmke.

Allerdings wissen die Norddeutschen um die Schwierigkeit der Aufgabe. "Die Füchse müssen den EHF-Cup gewinnen, um in der kommenden Saison sicher im internationalen Geschäft dabei zu sein. Das macht sie sehr gefährlich. Sie hatten eine schwierige Saison - auch durch viele Verletzungen. Momentan sind sie aber nahezu komplett und damit eine sehr starke Mannschaft", warnte Gislason im Interview mit SPOX und DAZN.

Heinevetter: "Der THW ist der klare Favorit"

Gislason schielte bereits während der Partie gegen Holstebro immer mit einem Auge in Richtung Finale - und schonte seine Stars so gut es ging. So saßen mit Domagoj Duvnjak und Steffen Weinhold beispielsweise zwei der wichtigsten Rückraumspieler der Kieler im Halbfinale lange Zeit auf der Bank.

Auch deshalb stellte Berlins Torhüter Silvio Heinevetter, der gegen Porto eine starke Vorstellung zeigte, zum Abschluss des ersten Final-Four-Tages klar: "Kiel spielt seit Wochen bestechenden Handball. Ohne uns kleinreden zu wollen, kann man eine Voraussage tätigen, für die man wahrlich kein Prophet sein muss: Der THW ist der klare Favorit."

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