Portsmouth-Vorstand Johnny Ertl im Interview: "Als Mitgliederverein ist die PL nicht möglich“

Von 2012 bis 2015 stand Johnny Ertl für den FC Portsmouth auf dem Platz
© imago

Als der ehemalige österreichische Nationalspieler Johannes Ertl im Sommer 2012 zum FC Portsmouth wechselte, stand der Verein vor dem finanziellen Kollaps. Die Fans retteten den Klub aber und sanierten ihn. Ertl erlebte die Phase des Umbruchs erst als Kapitän auf dem Platz und wurde dann in den Vorstand gewählt. All das erzählt er im Interview und auch, warum er im Klubhaus von Portsmouth gewohnt hat, Investoren mit weitreichenden Mitspracherechten ablehnt und trotzdem kein Fußball-Romantiker ist. Teil 3 der SPOX-Themenwoche "Englands Fußball und seine Fans".

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: 2008 spielte der FC Portsmouth in der Premier League und war amtierender FA-Cup-Sieger, jetzt spielt er in der vierten Liga. Wie konnte es soweit kommen?

Johannes Ertl: Nach dem FA-Cup-Sieg wurde viel zu viel Geld für Transfers und Spielergehälter ausgegeben und dann ist alles wie ein Kartenhaus zusammengebrochen, innerhalb von drei Jahren war der Klub zweimal in Konkurs.

SPOX: Wie ging es weiter?

Ertl: Am meisten zu leiden hatten darunter natürlich die Fans - und die haben sich kurz vor dem beinahe endgültigem Aus 2013 gedacht: Wir retten unseren Verein!

SPOX: Das ist wohl leichter gesagt als getan.

Ertl: Es wurde ein System ausgearbeitet, mit dem Fans Anteile am Verein kaufen konnten. Ein Share kostete 1.000 Pfund, da haben 2.280 Fans zugeschlagen. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit, für eine größere Summe "Präsident" zu werden. 16 Leute haben das gemacht und zusammen drei Millionen Pfund bereitgestellt. So wurden knapp sechs Millionen Pfund zusammengetragen, mit denen die Auflösung des Vereins verhindert werden konnte.

SPOX: Der Stolz darauf war wohl groß.

Ertl: Die Stimmung, die dann entstanden ist, war unglaublich und einfach surreal. Obwohl uns zehn Punkte abgezogen wurden und wir abgestiegen sind, waren am letzten Spieltag 18.000 Fans im Stadion. Wir haben gegen meinen Ex-Klub Sheffield United gespielt und 3:0 gewonnen. Es war der helle Wahnsinn und einer der besten Momente meiner Karriere.

SPOX: Damals standen Sie noch als Kapitän auf dem Platz, nun sind Sie Vorstand. Wie sind Sie dazu gekommen?

Ertl: Ich war drei Jahre lang Kapitän und habe im Sommer 2015 meine aktive Karriere beendet. Die Präsidenten des Supporters Trust haben mich dann als Vorstand vorgeschlagen. Das wollte ich natürlich unbedingt und wurde von den Fans auch gewählt.

SPOX: Das ist sicher eine große Ehre und Bestätigung für Ihre vorherigen Auftritte als Kapitän.

Ertl: Das war schon lässig und ein unfassbarer Vertrauensbeweis. Ich bin seit acht Jahren in England, kenne die Kultur und Mentalität dort und wenn man sich als Spieler reinhaut, dann kriegt man eine super Rückmeldung von den Tribünen.

SPOX: Was sind nun Ihre täglichen Aufgaben?

Ertl: Ich bin "spokesman" des Klubs und kümmere mich als solcher um die Öffentlichkeitsarbeit, die strategische Ausrichtung des Klubs und die Kommunikation mit den Mitgliedern. Als Ex-Spieler lasse ich natürlich auch meine Expertise im sportlichen Bereich einfließen, da ich mit meiner Spieler-Vergangenheit eine Perspektive einbringen kann, die sonst keiner hat. Ich kann mich in diesem Klub total entfalten, auch als Persönlichkeit.

SPOX: Haben Sie für diesen Job eine Ausbildung absolviert?

Ertl: Ich habe mich schon während meiner aktiven Karriere intensiv mit der Zeit danach befasst, eine Schulung der englischen Fußballgewerkschaft PFA zur Unternehmensführung im sportlichen Bereich absolviert und außerdem meinen Master of Business Administration im Jahr 2012 abgeschlossen.

SPOX: Nun wenden Sie das Gelernte an. Was sind die Ziele mit Portsmouth?

Ertl: Wir sind einer von nur zwölf Vereinen der zweiten, dritten und vierten Liga, der schuldenfrei ist. Darauf sind wir stolz und das soll auch so blieben. Sportlich wären mit unserer derzeitigen Struktur zwei Aufstiege bis in die zweitklassige Championship möglich, dort könnten wir uns wohl im unteren Viertel etablieren. Aber dann ist Schluss, das wissen wir und die Fans auch.

SPOX: Warum denn das?

Ertl: Als Mitgliederverein, wie wir es einer sind, ist es nicht möglich, den Sprung in die Premier League zu schaffen. Dazu bräuchte es einen finanzkräftigen Investor, denn ohne einen solchen kann es langfristig keine großen sportlichen Erfolge geben.

SPOX: Und das ist für Portsmouth keine Option?

Ertl: Sicherlich wäre dies eine Option, müsste aber sehr wohl überlegt und vor allem geprüft werden. Der FC Portsmouth hat in seiner Geschichte einige dubiose Eigentümer erlebt. Aus diesen Fehlern muss man lernen. Uns ist es wichtig, einen Konsens zwischen möglichen Investoren und dem Supporters Trust zu schaffen. Wir wollen auf keinen Fall, dass unser Verein statt in den traditionsreichen blauen Dressen plötzlich in grünen auftritt oder der Name des Klubs geändert wird.

SPOX: Ähnliches war zuletzt bei anderen englischen Vereinen zu beobachten.

Ertl: Genau! Was etwa bei Cardiff City oder Hull City passiert ist, wollen wir hier auf keinen Fall. Wir müssen das Denkmal Portsmouth beschützen.