Real Madrid: Zinedine Zidane erklärt Rücktritt in offenem Brief und übt scharfe Kritik

Von SPOX
Zinedine Zidane hat sich erstmals nach seinem zweiten Rücktritt als Trainer von Real Madrid zu Wort gemeldet
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Zinedine Zidane hat sich erstmals nach seinem zweiten Rücktritt als Trainer von Real Madrid zu Wort gemeldet. In einem offenen Brief, der bei der Zeitung AS veröffentlicht wurde, rechnet er mit dem Verein ab.

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"Ich gehe, weil der Klub mir nicht mehr das Vertrauen gibt, das ich benötige. Er bietet mir nicht die Unterstützung, um mittel- oder langfristig etwas aufzubauen", schreibt Zidane und bestätigt damit die Spannungen zwischen ihm und der Vereinsführung um Präsident Florentino Perez.

"Ich will, dass respektiert wird, was wir zusammen geleistet haben. Mir hätte es gefallen, wenn meine Beziehung zum Klub und Präsidenten in den letzten Monaten eine etwas andere gewesen wäre als bei anderen Trainern", fügte Zidane an.

Der 48-Jährige lehnte daher wohl auch eine öffentliche und gemeinsame Verabschiedung ab. Bei seinem ersten Rücktritt als Trainer von Real Madrid im Mai 2018 hatte es noch eine gemeinsame Pressekonferenz mit Perez gegeben.

Zidane-Abrechnung mit Real Madrid im Wortlaut

"Liebe Madridistas, seit 20 Jahren, seit meinem ersten Tag, an dem ich die Stadt Madrid betreten und ich das weiße Trikot getragen habe, habt ihr mir immer eure Zuneigung geschenkt. Ich habe immer gespürt, dass zwischen uns etwas Besonderes besteht. Ich hatte die große Ehre, Spieler und Trainer des wichtigsten Klubs der Geschichte zu sein, aber in erster Linie bin ich ein weiterer Madridista. Deswegen wollte ich euch diesen Brief schreiben, um mich von euch zu verabschieden und euch die Entscheidung meines Rücktritts zu erklären.

Als ich im März 2019 akzeptiert hatte, Madrid nach etwa acht Monaten Pause wieder zu trainieren, war der Grund dafür, dass Präsident Florentino Pérez mich darum bat. Natürlich. Aber auch, weil ihr es mir jeden Tag gesagt hattet. Als ich einen von euch auf der Straße traf, spürte ich die Unterstützung und den Wunsch, mich wieder bei der Mannschaft zu sehen. Ich teile die Werte des Madridismo, dieser Klub gehört seinen Mitgliedern, seinen Fans, der gesamten Welt. Ich habe versucht, diese Werte auch bei all dem, was ich tat, zu vermitteln. Ich habe versucht, ein Vorbild zu sein. 20 Jahre bei Real Madrid zu verbringen, war das Schönste, was mir je in meinem Leben passiert ist. Und ich weiß, dass ich das exklusiv Florentino Perez zu verdanken habe, der 2001 auf mich gesetzt hat, um mich gekämpft hat, damit ich komme, während viele dagegen waren. Das sage ich aus dem Herzen: Ich werde dem Präsidenten dafür dankbar sein. Für immer.

Jetzt habe ich entschieden zu gehen und ich will euch die Gründe dafür gut erklären. Ich gehe, aber ich verlasse das Boot nicht und bin nicht müde vom Trainieren. Im Mai 2018 ging ich, weil ich nach zweieinhalb Jahren mit so vielen Erfolgen und so vielen Trophäen spürte, dass die Mannschaft eine andere Ansprache benötigt, um ganz oben zu bleiben. Heute sind die Dinge anders. Ich gehe, weil der Klub mir nicht mehr das Vertrauen gibt, das ich benötige.

Er bietet mir nicht die Unterstützung, um mittel- oder langfristig etwas aufzubauen. Ich kenne den Fußball und die Anforderungen bei einem Klub wie Real Madrid. Ich weiß, dass du gehen musst, wenn du nicht gewinnst. Aber hier haben sie eine sehr wichtige Sache vergessen: Sie haben alles vergessen, was ich in der täglichen Arbeit aufgebaut habe, was ich in der Beziehung zu den Spielern geleistet habe, zu den 55 Mitarbeitern rund um die Mannschaft. Ich bin ein geborener Gewinner-Typ und ich war hier, um Trophäen zu gewinnen. Aber noch darüber befinden sich die Menschen, die Emotionen, das Leben, und ich habe das Gefühl, dass diese Dinge nicht geschätzt wurden und nicht verstanden wurde, dass auch damit die Dynamik bei einem großen Klub beibehalten wird. Es wurde mir zusätzlich sogar zum Vorwurf gemacht.

Ich will, dass respektiert wird, was wir zusammen geleistet haben. Mir hätte es gefallen, wenn meine Beziehung zum Klub und Präsidenten in den letzten Monaten eine etwas andere gewesen wäre als bei anderen Trainern. Ich habe nicht um Privilegien gebeten, sondern um etwas mehr Erinnerungsvermögen. Heute dauert das Leben eines Trainers bei einem großen Klub zwei Spielzeiten, nicht länger. Damit es länger dauert, sind die menschlichen Beziehungen essenziell, sie sind wichtiger als das Geld, wichtiger als Ruhm, wichtiger als alles. Man muss sie pflegen.

Deshalb tat es mir sehr weh, als ich nach einer Niederlage in der Presse las, dass man mich entlassen würde, wenn ich das nächste Spiel nicht gewinne. Es tat mir und der gesamten Mannschaft weh. Denn diese nach außen zu den Medien dringenden Botschaften kreierten Störgeräusche innerhalb des Teams, sie brachten Zweifel und Missverständnisse hervor. Gott sei dank hatte ich wunderbare Jungs, die bis zum Tod hinter mir standen. Wenn es hart wurde, retteten sie mich mit grandiosen Siegen. Weil sie an mich glaubten und sie wussten, dass ich an sie glaube.

Natürlich bin ich nicht der beste Trainer der Welt, aber ich bin in der Lage, jedem Kraft und Vertrauen zu geben, was jeder bei seiner Arbeit braucht - ob Spieler, Mitglied des Trainerstabs oder irgendein anderer Mitarbeiter. Ich weiß ganz genau, was eine Mannschaft braucht. Im Laufe dieser 20 Jahre bei Real Madrid habe ich gelernt, dass ihr, die Fans, gewinnen wollt, natürlich. Aber vor allen Dingen wollt ihr, dass wir alles geben - der Trainer, der Stab, die Mitarbeiter und selbstverständlich die Fußballer. Und ich kann versichern, dass wir 100 Prozent für den Klub gegeben haben.

Ich will diesen Brief auch nutzen, um den Journalisten eine Message mitzugeben. Ich hatte hunderte Pressekonferenzen und leider haben wir sehr wenig über Fußball geredet. Ich weiß, dass ihr den Fußball ebenfalls liebt, dass uns dieser Sport verbindet. Ohne dass ich euch kritisieren oder eine Lektion erteilen will, hätte ich es mir gefallen, wenn die Fragen nicht immer Richtung Polemik abgezielt hätten und wir öfter über den Ball und vor allem über die Spieler, die das Wichtigste an diesem Spiel sind und immer sein werden, gesprochen hätten. Vergessen wir nicht den Fußball, passen wir auf den Fußball auf. Liebe Madridistas, ich werde immer einer von euch sein. ¡Hala Madrid! Zinedine Zidane."

Zidane Zidane: Bilanz als Real-Trainer

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