FC Bayern München - Drei Thesen zum Klub-WM-Halbfinale gegen Al Ahly: Der Verlierer heißt Tolisso

Von Kerry Hau und Jonas Rütten
Ist in der MIttelfeld-Hierarchie des FC Bayern München offenbar hinter Marc Roca gerutscht: Corentin Tolisso.
© getty

Der FC Bayern München ist souverän ins Finale der Klub-WM eingezogen, der ägyptische Rekordmeister Al Ahly hatte gegen dominante Bayern nicht den Hauch einer Chance. Auch deshalb blieb vom Berliner Flughafen-Chaos am Wochenende nur heiße Luft. Weil sich ein Reservist im Halbfinale hervortat, ist Corentin Tolisso bis dato der Verlierer des Katar-Trips und Jamal Musialas Standing bei Hansi Flick wirft Fragen auf. Drei Thesen zum Klub-WM-Spiel des FC Bayern.

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FC Bayern - 1. Berliner Flughafen-Chaos? Nur heiße Luft

Was war das für ein Theater am vergangenen Wochenende. Eine verweigerte Starterlaubnis am Berliner Flughafen für den Reisetross des FC Bayern München unterwegs zur Klub-WM nach Katar geriet zum Politikum. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Ehrenpräsident Uli Hoeneß ("Skandal ohne Ende") überschlugen sich gerade vor Empörung.

Ersterer spielte sogar die Karte der Verschwörungstheorien. "Alle gegen die Bayern", so das gesponnene Narrativ, dem Lothar Matthäus gar noch am Montag folgte und von "purer Schikane" in seiner Sky-Kolumne schrieb.

Etwas gelassener nahm die Mannschaft um Trainer Hansi Flick die beschwerliche Reise in Kauf, auch wenn man von einem "geklauten Tag" (Kimmich) sprach, oder "nicht gerade amüsiert" gewesen sei (Flick). Und am Ende des Tages, wie es Rummenigge formulieren würde, war all der durchaus berechtigte, wenngleich völlig falsch formulierte Ärger, nur heiße Luft.

Denn sportliche Auswirkungen hatte die zugegeben strapaziöse Reise der Bayern nach Katar weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick. Die Bayern spielten gegen den ägyptischen Rekordmeister Al Ahly abgeklärt, souverän und dominant, hatten zeitweise 70 Prozent Ballbesitz und das nicht irgendwo, sondern meist im letzten Drittel 20 bis 25 Meter vor dem gegnerischen Tor.

Die anstrengende Anreise war dem deutschen Rekordmeister nicht anzumerken. Müdigkeit? Keine Spur. Sinnbildlich dafür: Ein Sprint von Benjamin Pavard über den halben Platz nach einer verkorksten Münchner Ecke, um einen ägyptischen Konter zu unterbinden.

Von einer Sensation gegen den Favoriten aus München war der afrikanische Kontinentalmeister unterm Strich so weit weg wie Hoeneß und Rummenigge in ihren Reaktionen auf das Flughafen-Ärgernis von einer gewissen Demut, in Zeiten einer Pandemie überhaupt im Auftrag des Fußballs reisen zu dürfen. "Das ganze Spiel war unter Kontrolle", sagte etwa Doppeltorschütze Robert Lewandowski hinterher.

Den einzigen Vorwurf, den sich die Bayern sicherlich selbst nach dem Spiel machen, war die eigene Inkonsequenz vor dem gegnerischen Tor. "Wir wissen, dass wir uns das Leben auch selbst schwermachen", sagte Flick diesbezüglich. Nichtsdestotrotz sei man "mehr als verdient ins Finale eingezogen".

Seine Mannschaft habe es "hervorragend" gemacht, trotz der Anreise, die "nicht ganz optimal" war. Und von der spätestens jetzt niemand mehr redet.

FC Bayern - 2. Marc Roca schiebt sich vor Tolisso

Stehen Joshua Kimmich und Leon Goretzka zur Verfügung, erübrigt sich eine Diskussion um die Besetzung der bayerischen Doppelsechs. Doch was, wenn das kongeniale Duo wie momentan aufgrund der Corona-bedingten Zwangspause von Goretzka mal auseinanderbricht?

Hansi Flick hat mehrere Alternativen. Hieß seine erste in der jüngeren Vergangenheit meist Corentin Tolisso, ließ er gegen Al Ahly Marc Roca von Beginn an ran. Eine goldrichtige Entscheidung, denn der 24 Jahre alte Spanier trug mit seiner Passsicherheit zu einer sauberen Ballzirkulation bei und ergänzte sich gut mit Kimmich.

Allein in Hälfte eins brachte Roca 95 Prozent seiner Pässe an seine Mitspieler, löste viele Situationen klug und präzise. Nach gut 70 Minuten war sein Arbeitstag beendet. Ein Arbeitstag, der sich als weiterer Schritt nach vorne einordnen lässt, hatte der Oktober-Neuzugang doch schon zuletzt in der Bundesliga gegen die TSG Hoffenheim eine mehr als zufriedenstellende Leistung abgeliefert und sich ein Sonderlob von Flick abgeholt.

Der Verlierer in diesem Fall: Tolisso. Der 26-jährige Franzose, der wegen seiner Verletzungsanfälligkeit ohnehin schon seit Jahren einen schweren Stand beim FCB hat, muss sich sputen, wenn er nicht eine weitere Saison als "Mitläufer" erleben möchte. Derzeit ist er nur Sechser Nummer vier - vor Oldie Javi Martinez und dem für die Klub-WM zwar nominierten, aber noch immer nicht bei den Profis eingesetzten Jungspund Tiago Dantas.

FC Bayern - 3. In solchen Spielen muss Musiala mehr spielen

Stichwort Jungspund: Jamal Musiala hatten viele gegen Al Ahly in der Startelf erwartet, nachdem er beim Freitagsspiel in Berlin nicht berücksichtigt worden war.

Doch Flick plante anders und setzte lieber auf Erfahrung statt auf jugendliche Unbekümmertheit, was angesichts der Bedeutung des Wettbewerbs für den FCB auf den ersten Blick durchaus legitim erschien.

Allerdings erwiesen sich die Ägypter in keiner Phase des Spiels als gefährlicher Gegner, zumal Dauerbrenner Thomas Müller im Vergleich zu den vergangenen Wochen ein wenig neben sich stand.

Eine Musiala-Einwechslung zur Pause hätte also wohl mehr den tiefstehenden Ägyptern als den lückensuchenden Münchnern geschadet. Flick brachte den wuseligen Kreativspieler letztlich erst nach 78 Minuten - zu spät für Werbung in eigener Sache.

Generell kam Musiala, abgesehen auf das Pokalspiel in Kiel, zuletzt nur noch zu solchen Kurzeinsätzen. Klar, mit seinen 17 Jahren sollte er behutsam aufgebaut werden, aber er hat ja schon in der Hinrunde (beispielsweise beim 3:3 gegen RB Leipzig) gezeigt, dass er nach früheren Einwechslungen mehr bewirken kann als 15 Minuten vor Schluss.

Klub-WM: Die bisherigen Gewinner im Überblick

JahrSiegerFinalistErgebnis
2005FC Sao PauloFC Liverpool1:0
2006Internacional Porto AlegreFC Barcelona1:0
2007AC MilanBoca Juniors4:2
2008Manchester UnitedLDU Quito1:0
2009FC BarcelonaEstudiantes2:1 n.V.
2010Inter MailandTout Puissant Mazembe3:0
2011FC BarcelonaFC Santos4:0
2012CorinthiansChelsea FC1:0
2013FC BayernRaja Casablanca2:0
2014Real MadridCA San Lorenzo2:0
2015FC BarcelonaRiver Plate3:0
2016Real MadridKashima Antlers4:2 n.V.
2017Real MadridGremio Porto Alegre1:0
2018Real MadridAl-Ain Club4:1
2019FC LiverpoolFlamengo1:0 n.V
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