Lazar Samardzic von Udinese Calcio im Interview: "Ich weiß, dass es für Julian Nagelsmann sehr schwer war"

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Lazar Samardzic ist deutscher U21-Nationalspieler, spielte in der Jugend für Hertha BSC und in der Bundesliga neben den Berlinern auch für RB Leipzig. Seit 2021 steht er bei Udinese Calcio unter Vertrag und erzielte zuletzt mehrere wichtige Tore. Im Interview mit SPOX und GOAL blickt er auf seinen bisherigen Werdegang zurück.

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Ein Porträt zu Samardzic aus dem August 2020 findet Ihr hier.

Samardzic erklärt, warum sein Ruf als Käfigkicker gerechtfertigt ist, welcher Hertha-Legende er sehr viel zu verdanken hat und wieso er sich nach einem Jahr in Leipzig für den Schritt nach Italien entschieden hat.

Außerdem blickt er auf seine Zeit unter Julian Nagelsmann und dessen Trainingsmethoden zurück, berichtet, wie er sich trotz seines jungen Alters schnell allein in Italien zurechtgefunden hat und wie er seine Zukunft beim DFB sieht.

Herr Samardzic, Sie werden oft als Käfigkicker oder Straßenfußballer bezeichnet. Trifft das zu?

Samardzic: Das passt definitiv. In Berlin habe ich als kleiner Junge in einem der vielen Käfige angefangen. Ich war jeden Tag erst in der Schule und dann im Käfig, oft hat mich auch mein Opa dorthin gefahren. Die älteren Jungs ließen mich mitspielen. Ansonsten habe ich alleine gespielt, wenn nicht gerade ein paar Freunde dazugekommen sind.

Im Alter von sieben Jahren sind Sie vom BSV Grün-Weiß Neukölln in die Jugend von Hertha BSC gewechselt, spätestens als Torschützenkönig der U17 in der Saison 2017/18 (24 Tore in 25 Spielen) hatten Sie sich einen Namen gemacht. War das der Zeitpunkt, an dem Sie gemerkt haben, dass Fußball mehr als ein Hobby werden könnte?

Samardzic: Das deutete sich schon vorher an, etwa mit acht oder neun Jahren. Wir spielten viele Jugendturniere, vor allem in der Halle, und da wurde ich oft zum Spieler des Turniers gewählt. Das hat mich motiviert, immer weiter Gas zu geben. Bei der Hertha wurde dir dann im Nachwuchsleistungszentrum einfach alles angeboten, ich hatte die besten Trainer. Vor allem Andreas "Zecke" Neuendorf ist da zu nennen. Er war ab der U15 mein wichtigster Förderer und hat mich auch früh schon bei den Profis angeboten. Ab der B-Jugend wurde es immer ernster.

Samardzic: "Hertha ist mein Zuhause und meine Liebe"

Auch 2018/2019 spielten Sie eine starke Saison, nachdem Sie aufgrund einer Knieverletzung erst lange ausgefallen waren. Als Belohnung gab es die Fritz-Walter-Medaille in Bronze in der Altersklasse U17 hinter Karim Adeyemi (BVB) und Jordan Meyer (VfB Stuttgart). War diese Auszeichnung für Sie damals bedeutsam?

Samardzic: Ich kannte den Preis natürlich, aber habe mir überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, ihn gewinnen zu können. Vorher hatte ich die Auszeichnung vor allem mit großen Namen wie Kai Havertz oder Kevin-Prince Boateng in Verbindung gebracht. Da dachte ich mir: So gut bin ich dann auch nicht. Als mir Bescheid gesagt wurde, dass ich Bronze gewonnen habe, war ich daher sehr stolz. Das war eine große Ehre.

Am 22. Mai 2020 debütierten Sie im Alter von 18 Jahren in der Bundesliga - ausgerechnet im Stadtderby gegen Union. Wie erinnern Sie sich an diesen Tag zurück?

Samardzic: Aufgeregt war ich sowieso immer, wenn ich bei den Profis auf der Bank saß. Ich hatte mir bereits in den vorherigen Spielen große Hoffnungen auf einen Einsatz gemacht. Dass das gerade gegen Union geklappt hat, war natürlich perfekt. Obwohl das Spiel während der Pandemie ohne Zuschauer stattfand, war es ein riesiges Gefühl.

2020 endete Ihre Zeit in Berlin, in der Sommervorbereitung fehlten Sie offiziell aus "persönlichen Gründen". Es gab Berichte, wonach Sie einen Wechsel erzwingen wollten, weil Ihnen nicht ausreichend Spielzeit in Aussicht gestellt wurde. Wie blicken Sie mit etwas Abstand auf diese Zeit zurück und wären Sie gerne geblieben?

Samardzic: Natürlich wäre ich gerne geblieben. Ich habe ja immer gesagt, dass die Hertha mein Zuhause und meine Liebe ist - bis heute. Ich habe der Hertha sehr viel zu verdanken. Leider hat am Ende nicht alles gepasst. Es gab viele Gründe, über die ich auch schon gesprochen habe. Das will ich abhaken und nicht mehr darüber reden.

Nagelsmann "auf jeden Fall ein Grund" für den Leipzig-Wechsel

Es gab bereits damals Gerüchte über einen Wechsel nach England oder Italien, die Wahl fiel letztlich auf Leipzig. War der damalige RB-Trainer Julian Nagelsmann ein Hauptgrund für die Entscheidung?

Samardzic: Er war auf jeden Fall ein Grund, weil er mich angerufen hat und ich ihn so im Vorfeld bereits besser kennenlernen konnte. Auch die Nähe zu Berlin hat eine Rolle gespielt. Ich war ja erst 18 und wollte damals noch keinen allzu großen Schritt ins Ausland machen. Leipzig ist auch ein großer Verein, Nagelsmann wollte mich und so war das für mich der logische Schritt.

In Leipzig sind Sie in Ihrer einzigen Saison sieben Mal in der Bundesliga zum Einsatz gekommen, zwei Mal in der Startelf. Wie bewerten Sie die Zeit im Rückblick?

Samardzic: Ich habe sehr viel gelernt. Natürlich hätte ich lieber mehr gespielt, der Trainer hatte es mir eigentlich auch so versprochen. Ich weiß allerdings, dass es auch für ihn sehr schwer war, weil wir als Mannschaft sehr gut waren in diesem Jahr und die Spieler auf meiner Position starke Leistungen gebracht haben. Trotzdem durfte ich ein paar Mal von Beginn an spielen, was auch hier in Italien lange gedauert hat. Das weiß ich sehr zu schätzen. Ich bin als Sportler und auch neben dem Platz gereift, musste auf einmal alleine klarkommen. Vor allem Benjamin Henrichs hat mir da außerhalb des Fußballs sehr geholfen, mich optimal einzufinden.

Waren Sie mit Nagelsmann oft im Austausch, um Erklärungen zu bekommen, warum es nur für einen Bankplatz reicht und was noch besser werden muss?

Samardzic: Ein täglicher Austausch war da nicht nötig. Ich wusste, wo ich bin und dass die Konkurrenz riesig ist. Deswegen war es klar, dass ich eher von der Bank komme und war erstaunt, als ich dann doch mal in der Startelf stand. Ich hatte nicht damit gerechnet.

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