Beraterin Raquel Rosa im Interview: "In England würde ich nie Jeans und Turnschuhe anziehen"

Von Sebastian Mittag
Raquel Rosa arbeitete vor ihrer Tätigkeit als Beraterin als Dolmetscherin.
© getty
Cookie-Einstellungen

Wie ergab sich dann für Sie der Schritt, Spielerberaterin zu werden?

Rosa: Ich war bei einer Verhandlung dabei, in der es mehrere Enttäuschungen gab. Es gibt nämliche sehr gute Berater, aber auch schlechte. Ich habe meinem Vater davon erzählt. Mein Vater sagte mir dann: "Du hast mehrere Möglichkeiten. Du kannst weiter nur für das Sportliche zuständig sein. Oder weiter Informationen von A nach B bringen. Oder du kannst selber Spielerberaterin werden." Ich war noch sehr jung und wusste nicht, wie ich dieses Ziel erreichen sollte. Mein Vater sagte mir: "Wichtig ist, dass du deine Entscheidungen triffst und danach gut schlafen kannst und dich am Morgen im Spiegel anschauen kannst." Dann habe ich mir überlegt: Was braucht man als Spielerberaterin? Mehrere Sprachen. Ich sprach damals vier. Du musst die Regelungen kennen. Ich analysiere jetzt für meine Doktorarbeit die verschiedenen Märkte. Und mir war wichtig, dass ich mir meine Spieler selbst aussuchen kann. Und ich brauche meine Freiheit und einen Markt wie jetzt den französischen, auf dem ich mich sozusagen austoben kann.

Sie hatten in Ihrer Zeit bei RB Leipzig schon mit Dayot Upamecano zu tun. Später waren Sie auch seine Beraterin. Wie besonders war Ihre Beziehung zu ihm?

Rosa: Wir sprachen mit Dayot und seiner Familie. Am Ende des Gesprächs stand er auf und sagte meinen Chefs: "Ich will mit euch zusammenarbeiten, weil ich die Arbeit von Raquel kenne und ihr vertraue." Wichtig ist der Respekt, Vertrauen, die Transparenz der Arbeit und das fußballerische Know-how. Wenn man das bei den Toptalenten heutzutage nicht hat, ist es schwer. Die wollen mehr. Sie wollen einen Berater anrufen und fragen: "Hey, wie war mein Spiel?" Oder: "Ich schlafe zur Zeit irgendwie nicht gut." Wie schon gesagt: Für mich ist es wichtig, die Spieler in- und auswendig zu kennen. Ich will sie schon anrufen, bevor ich weiß: "Vorsicht, da könnte was passieren."

"In England würde ich keine Jeans zu Verhandlungen anziehen"

Sie leiten das neue UEFA Player Agent Programme. Können Sie beschreiben welche Inhalte dort vermittelt werden?

Rosa: Das Problem, das jeder Berater hat, ist: In den verschiedenen Ländern gibt es verschiedene Regelungen. Es wird also natürlich über Regelungen gesprochen werden. Aber auch über das Verhalten den Vereinen, Spielern und deren Familien gegenüber. Wie tritt man zum Beispiel überhaupt in Kontakt? Da wird es verschiedene Übungen geben und danach eine Prüfung. Diese müssen die Berater ablegen, damit sie das Zertifikat bekommen. Mir liegt am Herzen, dass die Berater nach dem Programm sozusagen ein Handbuch haben. Da geht es um Loyalität, Integrität, über Regelungen. Aber auch das Große und Ganze: Was sind denn alles meine Aufgaben als Berater? Man muss sich ja heutzutage um sehr viel kümmern. Zum Beispiel auch um Interviews und Social Media. Es wird aber in dem Programm auch darum gehen, eine Möglichkeit für Berater zu schaffen, sich mit vielen Akteuren der Fußballwelt auszutauschen.

In den verschiedenen Ländern gibt es verschiedene Regelungen für Transfers. Gibt es auch gravierende kulturelle Unterschiede?

Rosa: Ja, zum Beispiel sind überall die Ansprechpartner andere. In Deutschland ist es klipp und klar der Sportdirektor. In England sind es oft die Owner, also die Teambesitzer. In Portugal sind es die Präsidenten. In Frankreich variiert das mehr. Für mich ist das total interessant. Wenn man in ihrer eigenen Sprache mit den Menschen sprechen kann, hat man einen Vorteil. In allen Ländern laufen die Verhandlungen anders. So ein Geschäftsessen mit Wein ist für einen Deutschen eher komisch. Die Kleidung, die man trägt, ist auch ein großer Unterschied. In Deutschland kann man sich eher lockerer anziehen. In England ist man da eher konservativ. In England würde ich keine Jeans und Turnschuhe zu Verhandlungen anziehen. In Deutschland interessiert das keinen. Da geht es eher darum: Kennt sie sich aus? Stimmt der Preis? Das ist einfach in jedem Land anders.