Beraterin Raquel Rosa im Interview: "In England würde ich nie Jeans und Turnschuhe anziehen"

Von Sebastian Mittag
Raquel Rosa arbeitete vor ihrer Tätigkeit als Beraterin als Dolmetscherin.
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Wie kamen Sie dann an Ihren ersten Job in der Fußballbranche?

Rosa: Das war als Trainerin beim Badischen Fußballverband. Ich habe gleichzeitig Rhetorik- und Didaktikunterricht genommen und hatte später auch die Möglichkeit, das selber zu unterrichten. Und Hans-Dieter Hermann, der Psychologe der deutschen Nationalmannschaft und der TSG Hoffenheim hatte selbst auch Vorlesungen gehalten. Wir haben uns sehr gut verstanden. Irgendwann sagte er: "Hoffenheim ist jetzt in der Dritten Liga und steigt auf in die Zweite Liga. Wir werden Brasilianer und andere Südamerikaner kaufen. Du bist aus Brasilien, du hast einen Trainerschein. Ralf Rangnick braucht jemanden." Und das war für mich: "Wow!" Nach einer Zeit hat mich der damalige Manager Jan Schindelmeiser gefragt, ob ich bei den Verhandlungen dabei sein könnte. Und so ging es für mich weiter: Gute Arbeit gemacht und dann bekam ich den nächsten Job. Dann kamen Luiz Gustavo und Carlos Eduardo. Wir sind immer noch gut befreundet, Luiz werde ich bald besuchen. Meine Aufgabe war es, ihnen nahe zu bringen, was Ralf Rangnick taktisch an Ideen hatte.

Wie war Ihre Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen in Hoffenheim? Ralf Rangnick war ja wahrscheinlich zu dieser Zeit die prägende Figur?

Rosa: Ralf Rangnick war schon derjenige, der mich im Fußball am meisten geprägt hat. Er gibt schon immer 120 Prozent. Er ist sehr fair und sehr menschlich. Er ist aber auch sehr direkt. Wir hatten einmal eine Geschäftsreise und ich kam zwei Minuten zu spät. Da sagte er erstmal: "Du bist zwei Minuten zu spät!" Nicht: "Guten Morgen!" Sondern: "Du bist zwei Minuten zu spät!" Das sind Sachen, die mich geprägt haben, meine Arbeit besser zu machen. Bei ihm ist es immer eine Mischung zwischen Lob und Kritik, da kann man nur wachsen. Eines seiner Ziele ist es, Menschen weiterzuentwickeln. Spieler wie Mitarbeiter.

Ralf Rangnick war von 2006 bis 2011 Trainer der TSG Hoffenheim.
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Ralf Rangnick war von 2006 bis 2011 Trainer der TSG Hoffenheim.

Rosa: "Die WM in Brasilien war mein Traum"

Später arbeiteten Sie für den DFB bei der WM 2014. Wie besonders war für Sie die Arbeit in ihrem Heimatland Brasilien?

Rosa: Das war mein Traum! Die WM in Brasilien, das Finale in Rio, Deutschland gewinnt gegen Argentinien - besser hätte man es nicht schreiben können. Mein Traum als Kind war es immer, den Weltpokal einmal anfassen zu können. Irgendwie hatte ich immer diesen Wunsch. Auch wenn jeder sagte: "Du kannst das nicht, du schaffst das nicht!" Irgendwie bin ich doch dazu gekommen! Ich war im Bereich Projektmanagement tätig, ich stand zwischen den Kulturen. Bei den Pressekonferenzen zu übersetzen, war eine eigentlich eine meiner kleinsten Aufgaben. Aber bei so einer PK schauen Millionen Deutsche zu! Plötzlich war die Kamera in meinem Gesicht. Und ich bin schwerhörig! Hätte ich eine Frage falsch verstanden und gedolmetscht, hätte das jeder mitbekommen. Zwei Jahre später für die EM in Frankreich hatte ich mich nicht beworben, weil ich dachte, mein Französisch sei nicht perfekt genug. Aber der DFB hat mich angerufen und mir wurde gesagt: Sie würden sich freuen, wenn ich komme. Das war eine der schönsten Erfahrungen meiner Karriere: Dass man sieht, ich mache eine gute Arbeit und das kommt zurück.

Bei RB Leipzig waren Sie verantwortlich für die Integration ausländischer Spieler. Was sind für Sie die wichtigsten Erfolgsfaktoren, damit sich ein neuer Spieler wohlfühlt und die optimale Leistung bringen kann? Welche Probleme kann es auch geben?

Rosa: Wichtig ist, dass ein Spieler die Philosophie des Klubs versteht. Wir haben zum Beispiel bei RB Leipzig zusammen mit Ralf Rangnick ein Willkommensbuch zusammengestellt, das ein neuer Spieler in seiner Sprache bekam. Es ist nicht nur wichtig zu rennen, wenn man den Ball verliert. Es ist auch wichtig, die Sprache zu verstehen. Man muss die Taktik im Detail verstehen. Diese Dinge macht RB Leipzig super. Der Alltag in einem neuen Land kann aber auch ein großer Schock für einen Spieler sein. Du bist aus einem anderen Land, du sprichst eine andere Sprache, hast vielleicht andere Gebete. Das in einem Team zusammenzuführen, ist die Herausforderung. Alle Spieler hatten den gleichen Wunsch: Deutscher Meister zu werden, Champions League zu spielen. Wie zieht man am gleichen Strang, um dieses Ziel gemäß der Vereinsphilosophie und der Taktik des Trainers zu erreichen? Dafür haben wir ein Willkommensbuch erschaffen.