Rangers FC, Religion und Mo Johnston: Schottischer Mauerfall

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Mo Johnstons vermeintliche Rückkehr zum Celtic FC

Mo Johnston hatte Celtic 1987 im Guten verlassen: Der Klub konnte und wollte die andernorts gebotenen Gehälter nicht bezahlen, weshalb die Fans Verständnis zeigten für den lukrativen Wechsel des damals 24-Jährigen nach Nantes. Als Johnston zwei Jahre später als Stammstürmer der schottischen Nationalmannschaft eine Rückkehr in die Heimat anstrebte, konnte es für ihn aber nur ein Ziel geben.

Am 12. Mai 1989 kündigte Celtic fast schon erwartungsgemäß eine Verpflichtung Johnstons an. Die beiden Klubs hätten sich auf eine Ablöse von 1,2 Millionen Pfund geeinigt, 400.000 davon seien schon an Nantes überwiesen worden. Angesprochen auf Gerüchte über ein angebliches Interesse von Manchester United, sagte Johnston: "Es gibt keinen anderen britischen Klub für den ich spielen könnte außer Celtic."

Tags darauf reiste Johnston mit seinen vermeintlich künftigen Kollegen im Mannschaftsbus zum abschließenden Ligaspiel. Eine Woche später verfolgte er auch das Pokalfinale im Stadion. Celtic besiegte den großen Rivalen, der sich in jener Saison aber schon den Ligapokal und Meistertitel gesichert hatte. In Glasgow verschoben sich gerade die Kräfteverhältnisse: Der Titel von 1989 war der Auftakt eines neun Jahre andauernden Meister-Abonnements der Rangers.

Von 1984 bis 1987 spielte Mo Johnston für seinen Lieblingsklub Celtic.
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Von 1984 bis 1987 spielte Mo Johnston für seinen Lieblingsklub Celtic.

Graeme Souness machte das Undenkbare möglich

Celtic stand nicht nur sportlich schlechter da als der Stadtrivale, sondern auch finanziell. So schlimm war es, dass der Klub offenbar Schwierigkeiten hatte, die ausstehende Summe für den Johnston-Transfer aufzubringen. Als Rangers-Trainer Graeme Souness von den Komplikationen erfuhr, kam ihm die Idee zum Undenkbaren. Er selbst konnte mit dem ungeschriebenen Rangers-Gesetz ohnehin nichts anfangen: seine Frau Katholikin, seine Kinder katholisch getauft. "Vielleicht war ich naiv, aber Religion war für mich nie ein Thema", sagte Souness.

Mit Verweis auf bessere sportliche Aussichten und ein höheres Gehalt überzeugte er Johnston von einem Meinungsumschwung, die beiden kannten sich von gemeinsamen Spielen für die schottische Nationalmannschaft. Trotz anfänglicher Skepsis stimmten letztlich auch die Rangers-Bosse dem Plan zu. "Es gab Widerstand im Klub und einige Direktoren befürchteten, dass uns scharenweise Fans verlassen würden", schrieb Souness in seiner Biografie. "Aber ich habe argumentiert, dass er die korrekt eingestellte Mehrzahl der Fans mit seinen Toren für sich gewinnen wird."

Tatsächlich hatte Souness dafür gesorgt, dass Johnston bereit war, seinen Lieblingsklub zu verraten. Und dass die Rangers-Bosse bereit dazu waren, ihr jahrzehntelang gültiges ungeschriebenes Gesetz zu brechen. Ein Problem gab es aber noch: Celtic und deren Vertrag mit Nantes. Die FIFA schaltete sich ein und entschied, dass Johnston ein Celtic-Spieler sei - sofern die ausstehende Summe überwiesen wird.

Celtic-Trainer Billy McNeill soll auf eine Zahlung gedrängt haben, nur um Johnston als Strafe für seinen unerhörten Verrat nie mehr einzusetzen. Der Klub aber entschied sich dagegen, bekam die bereits überwiesenen 400.000 Pfund zurück und ermöglichte somit Johnstons Wechsel zu den Rangers. Der Spieler durfte sich über ein höheres Gehalt freuen, Nantes über eine höhere Ablösesumme von nun 1,5 Millionen Pfund.

Mo Johnston bejubelt den Meistertitel mit den Rangers 1990.
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Mo Johnston bejubelt den Meistertitel mit den Rangers 1990.

Mo Johnstons Transfer löste einen Ausnahmezustand aus

Die breite Öffentlichkeit hatte von all den erstaunlichen Vorgängen nichts mitbekommen: Dass Johnston in der darauffolgenden Saison für Celtic spielen würde, stand bis zum 10. Juli 1989 gemeinhin außer Frage. Ziemlich genau zwei Monate nach seiner angekündigten Rückkehr zu Celtic stellten ihn die Rangers an jenem geschichtsträchtigen Tag als Neuzugang vor.

"Ich bin hocherfreut, mich den Rangers anzuschließen. Ich bewundere Graeme Souness und habe das Gefühl, zu einem der größten, vielleicht sogar dem größten Klub Europas zu wechseln", sagte Johnston und grinste aus seiner blau-weiß-roten Rangers-Krawatte heraus. Souness erklärte: "Ich wäre ein völliger Trottel gewesen, hätte ich mich nicht um Mo bemüht. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich mit Sektarismus nichts zu tun habe."

Kaum waren die Worte gesprochen, brach in Glasgow der Ausnahmezustand aus. Vor dem Rangers-Stadion Ibrox Park legten Fans Kränze nieder mit der Aufschrift "Das Ende von 116 Jahren Tradition", andere verbrannten in Tränen ihre Dauerkarten und Schals. Der Generalsekretär der Fanvereinigung David Miller sprach von "einem traurigen Tag für die Rangers" und sagte: "Ich will keine römisch-katholische Person im Ibrox sehen." Celtic Fans ließen auf der anderen Seite der Stadt unterdessen kurzerhand den "We Hate Mo Johnston Celtic Supporters Club" offiziell registrieren.