Mino Raiolas Karriere-Anfänge in Haarlem: Tür, Tisch, Transfermarkt

Mino Raiola war unter anderem als Berater von Erling Haaland tätig.
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Nähe zu den Spielern, Fahrten mit der Stretchlimo

Nach einigen Monaten wechselte Raiola von der Marketingabteilung in die sportliche Leitung, fungierte fortan als Sportdirektor des mittlerweile zweitklassigen Klubs. In seiner neuen Rolle verhandelte er Transfers und war gleichzeitig Ansprechpartner für Trainer und Mannschaft. "Mino konnte die Spieler mit seinem Enthusiasmus sehr schnell anstecken", sagt van Eerden. "Man hat damals schon gesehen, dass ihm die jungen Fußballer bedingungslos vertrauen. Sie haben ihn geliebt."

Es ist eine Gabe, von der Raiola auch bei seiner späteren Tätigkeit als Berater profitierte. Seine Klienten sahen ihn als Vaterfigur, als Problemlöser für alle Fälle. Zum Beispiel für brennende Häuser, wie eine herrliche Anekdote mit Mario Balotelli verdeutlicht. "Eines nachts klingelte mein Telefon", erzählte Raiola mal bei France Football. "Einer meiner Spieler war dran und sagte mir, dass es in seinem Haus brennt. Ich fragte ihn, ob er die Feuerwehr gerufen hat. Er antwortete: 'Nein.' Woraufhin ich gesagt habe: 'Vielleicht solltest du in so einem Fall erst die Feuerwehr anrufen, bevor du mich anrufst.'"

Die Nähe zu den Spielern blieb dem Berater Raiola von seiner Zeit als Sportdirektor in Haarlem erhalten genau wie sein Hang zu auffallenden Auftritten. Während sein ewiger Rivale Jorge Mendes meist in dezentem schwarzem Anzug umherstreift, zeigte sich Raiola auch bei offiziellen Terminen am liebsten in legeren T-Shirts oder Kapuzenpullis. Sonnenbrille trug er eigentlich immer. Im Winter und im Sommer, bei Sonne und bei Regen.

Van Eerden muss schmunzeln, wenn er an Fahrten zu Auswärtsspielen zurückdenkt: "Ich hatte damals eine große Stretchlimo, mit der Mino und ich immer gemeinsam bei den Stadien vorgefahren sind. Als erstes hat Mino das Dach geöffnet und oben rausgeschaut. Damit hat er die Aufmerksamkeit der Leute schon auf sich gezogen. Dann ist er mit seinen schönen Jacken gestenreich ausgestiegen. Er hat sich immer groß inszeniert. Mit unseren Auftritten haben wir die gegnerischen Klubs beeindruckt."

Der Transfer von Arthur Numan als Erweckungserlebnis

Seite an Seite mit van Eerden fuhr Raiola nicht nur zu Auswärtsspielen quer durch die Niederlande, sondern vollbrachte auch seine wohl wichtigste Tat für den Klub: Den Transfer des Abwehrtalents und späteren niederländischen Nationalspielers Arthur Numan 1991 für umgerechnet rund 341.000 Euro an Twente Enschede. Der bis zur Auflösung teuerste Verkauf der Klubgeschichte bescherte Haarlem damals überlebensnotwendige Einnahmen und Raiola ein persönliches Erweckungserlebnis.

Numan ließ sich bei den Verhandlungen nämlich von einem Berater vertreten: dem legendären Rob Jansen, einem Pionier seiner Zunft. Das war für damalige Zeiten durchaus ungewöhnlich, Spielerberater galten im Fußball-Geschäft noch lange nicht als Selbstverständlichkeit. "Bei den Verhandlungen hat Mino gemerkt, dass man als Berater viel Geld verdienen kann. Dieser Transfer war die Basis für seine Karriere", erinnert sich van Eerden.

Artur Numan wechselte 1991 für umgerechnet rund 341.000 Euro zu Twente Enschede - und sicherte dem HFC Haarlem überlebensnotwendige Einnahmen.
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Artur Numan wechselte 1991 für umgerechnet rund 341.000 Euro zu Twente Enschede - und sicherte dem HFC Haarlem überlebensnotwendige Einnahmen.

Die verschiedenen Versionen der Kooperation mit Napoli

Nach dem Numan-Transfer blieb Raiola mit Jansen in Kontakt, gleichzeitig wurden Haarlems Grenzen zu eng für seine großen Ideen. "Er wollte eine Kooperation zwischen Haarlem und Napoli organisieren, die letztlich aber nicht umgesetzt wurde. Das wäre revolutionär gewesen", sagt Hooft.

Nicht umgesetzt? Wäre revolutionär gewesen? Raiola selbst sah das anders, wie er 11Freunde erzählte: "Ich kontaktierte einen italienischen Klub und sagte: 'Hört mal, ich weiß, wie ihr den holländischen Markt kontrollieren könnt, ohne hohe Summen auszugeben.' Der Klub war Neapel, meine Familie stammt von dort. Sie willigten ein und alles begann." In dem betreffenden Zeitraum wechselte aber kein Spieler von Haarlem, ja nicht mal aus den Niederlanden zum SSC Napoli. Erzählte Raiola selbst von früher, klingt vieles nach Überhöhung, nach Mythenbildung.

Keine Zweifel gibt es aber darüber, dass Napoli der Klub seines Herzens war. Der Klub aller Herzen seiner Familie. Zeugnis dessen sind die Wände des Ristorante Napoli, behangen mit allen möglichen SSC-Devotionalien, mit Wimpeln und Fotos.