Eusebio-Enkel und "Guttmann-Fluch"

SID
Benfica trifft im Viertelfinale der Champions League auf den FC Bayern München
© getty

Sie haben alles versucht bei Benfica Lissabon. 1990 pilgerte der legendäre Eusébio an das Grab von Béla Guttmann in Wien, vor zwei Jahren haben sie ihrem ehemaligen Erfolgscoach am Estádio da Luz sogar eine bronzene Statue errichtet - vergebens: Der "Guttmann-Fluch" lebt, auch vor dem Viertelfinal-Hinspiel der CL beim FCB.

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Guttmann führte Benfica 1961 und 1962 jeweils zum Triumph im Europapokal der Landesmeister, als die Star-Ensembles des FC Barcelona (3:2) und von Real Madrid (5:3) in beeindruckender Manier bezwungen wurden. Nach dem zweiten Coup verwehrte ihm der Klub eine Gehaltserhöhung - und der stolze Ungar schimpfte: "In hundert Jahren wird Benfica keinen weiteren Europacup gewinnen!" "A Maldição de Guttmann", der Guttmann-Fluch, war geboren.

Fünfmal erreichten die "Adler" seit Guttmanns Abschied im Zorn das Endspiel der Königsklasse - und verloren jedes Mal. Wie auch die Finals um den UEFA-Cup 1983 oder die um die Europa League 2013 und 2014, teilweise dramatisch wie im Elfmeterschießen gegen den FC Sevilla vor zwei Jahren. Der damalige Benfica-Coach Jorge Jesus sagte erst im vergangenen Januar: "Es scheint mir noch heute unglaublich, dass wir verloren haben."

Dass in Lissabon so viel über die Vergangenheit gesprochen wird, hat auch mit der nicht ganz so ruhmreichen Gegenwart zu tun. Der Mythos Benfica um Spieler wie den "schwarzen Panther" Eusébio ist verblasst, die "Adler" haben sich nach Jahren im Schatten des FC Porto erst zuletzt wieder erholt. Benfica führt zwar die Liga NOS an und strebt nach der dritten Meisterschaft hintereinander, doch in der Königsklasse stand der Klub zuletzt 1990 unter den Top 4.

Damals erreichte Benfica sogar das Endspiel, und Eusébio besuchte Guttmanns letzte Ruhestätte am Finalort Wien, um seinen früheren Trainer endlich zu befrieden. Doch die Mannschaft von Sven-Göran Eriksson verlor gegen den großen AC Mailand 0:1.

"Schlechtester Torjäger der Welt"

Dass Benfica nach dem Überraschungserfolg über Zenit St. Petersburg (1:0, 2:1) erstmals seit 2012 im Viertelfinale steht, ist trotzdem keine Sensation. Trainer Rui Vitória hat eine defensiv starke Mannschaft beisammen, die mit Spielern wie dem in Duisburg und Mönchengladbach ausgebildeten Griechen Kostas Mitroglou - Doppeltorschütze beim 5:1 in der Generalprobe gegen Sporting Braga - oder Jonas auch offensiv etwas zu bieten hat.

Der Brasilianer Jonas wurde noch 2009 als "schlechtester Torjäger der Welt" (Mundo Deportivo/Spanien) verspottet. Jetzt liefert sich der 32-Jährige (30 Saisontore) ein Wettschießen um den Goldenen Schuh mit Topstars wie Gonzalo Higuaín (30), Cristiano Ronaldo (29) oder Robert Lewandowski (25). In Lissabon wird er als "Pistolas" und "Indiana Jonas" verehrt, gegen große Gegner verliert der kantige Stürmer aber mitunter die Treffsicherheit.

"Wir müssen zwei brillante Spiele machen. Wenn wir gewinnen, werden wir in die Geschichte eingehen", sagt er. Kapitän Luisão kann dabei ebenso wenig helfen wie Stammtorwart Júlio César (beide verletzt), der in Deutschland noch aus dem WM-Halbfinale 2014 bekannt ist (7:1).

Trainer Vitória hofft auch auf Linksaußen Nicolas Gaitán oder Jungstar Renato Sanches. "Wir werden uns nicht freiwillig ergeben", sagt er. Für Benfica zu spielen sei schließlich "kein Drama", es sollte vielmehr "eine Freude sein". Trotz Guttmann.

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