EM

Leverkusens Medizinchef Karl-Heinrich Dittmar über mutmaßlichen Herzinfarkt bei Christian Eriksen: "Unfälle lassen sich nicht ausschließen"

Von Gabriel Wonn
Christian Eriksen wurde minutenlang behandelt.
© getty

Karl-Heinrich Dittmar, Medizinchef bei Bundesligist Bayer Leverkusen, hat deutlich gemacht, dass ein möglicher Herzinfarkt von Christian Eriksen im EM-Spiel Dänemark vs. Finnland (0:1) als Unfall einzustufen ist. Im Gespräch mit SPOX und Goal sprach er zudem darüber, inwieweit die Bundesliga auf einen solchen Fall vorbereitet ist.

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"Die Spieler werden umfangreich getestet, seit Jahren findet im Rahmen der Lizenzierung eine kardiologische Untersuchung statt. Wenn es also tatsächlich ein Herzinfarkt war, dann war es ein Unfall", betonte Dittmar und führte aus: "Ein Herzinfarkt ist der Verschluss eines Gefäßes durch ein Gerinnsel. Menschen mit Vorerkrankungen oder Herzfehlern haben ein höheres Risiko, aber Thrombosen und Gerinnungsunfälle können auch bei jüngeren Menschen passieren, auch bei Leistungssportlern."

Man versuche, dem durch spezielle Untersuchungen vorzubeugen, doch der Internist weiß: "Das kann man nicht vorhersehen. Ein Restrisiko bleibt, Unfälle lassen sich nicht ausschließen."

In Bezug auf die Bundesliga konnte Dittmar demzufolge ähnliche Fälle ebenfalls nicht ausschließen, betonte aber, dass die medizinische Vorbereitung auf solche Fälle sehr gut sei: "Alle Vereine haben Ärzte vor Ort, die in Wiederbelebungsmaßnahmen ausgebildet sind und es gibt immer Defibrillatoren am Spielfeldrand. Der DFB bietet seit Jahren eine kostenlose Fortbildung an, bei der geschulte Ausbilder in die Vereine kommen und das Team trainieren."

Eriksen-Fall in der Bundesliga? "Sind da relativ sicher"

Man betreibe laut dem Mediziner "in der Bundesliga einen hohen Aufwand dafür, dass solche Situationen nicht auftreten oder zumindest gut ausgehen. Das Thema Herz ist schon lange im Fokus, das machen wir seit vielen Jahren schon sehr gut. Wir sind da relativ sicher."

Dass Eriksen sich mittlerweile zu Wort melden konnte und laut Aussagen von Teamkollegen bereits mit diesen telefonieren und lachen konnte, wertet der Arzt als gute Arbeit seiner dänischen Kollegen. Schließlich hätte der Spielmacher nach der Wiederbelebung auch ein Pflegefall werden können, wenn die Maßnahmen nicht schnell genug erfolgt wären, so Dittmar.

Diskussionen um eine Überstrapazierung der Spieler in Corona-Zeiten als Grund für einen solchen Infarkt weist der Leverkusener Medizinchef zurück: "Bei Kraft- oder Ausdauersportlern, die für Belastungen an der Grenze des menschlich Machbaren trainieren, ist es etwas anderes. Bei Fußballern sind wir da nicht in den Grenzbereichen. So ein Gerinnungsunfall kann jedem passieren, dafür braucht es keine körperliche Anstrengung oder Höchstleistung. Da spielt auch Pech eine Rolle."

Der Kollaps von Eriksen war der bislang größte Schock-Moment der diesjährigen Europameisterschaft. Bereits am zweiten Turniertag brach der Mittelfeldspieler von Inter Mailand während der Partie zwischen Dänemark und Finnland plötzlich zusammen und musste noch auf dem Rasen wiederbelebt werden.