DFB-Team: Pro und Contra zu Bundestrainer Jogi Löw - "Er zeigt sich kritikresistent und realitätsfremd"

Bundestrainer Jogi Löw steht mehr denn je in der Kritik.
© imago images/Sven Simon
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CONTRA LÖW: Kein Neuanfang unter Löw

Von Martin Volkmar: Seit mehr als 16 Jahren arbeitet Joachim Löw für den DFB. Bis 2018 war das eine Erfolgsgeschichte mit dem WM-Titel Nummer 4 nach 24 Jahren Wartezeit als Höhepunkt.

Doch von da an ging es bergab mit dem Tiefpunkt des WM-Debakels 2018. Danach wuchs die Zahl seiner Kritiker, aber es gab auch genug Fans und Experten, die dem Bundestrainer mit Verweis auf die Jahre zuvor Zeit für einen Neuanfang zugestehen wollten.

Knapp zweieinhalb Jahre später ist die Zahl der Fürsprecher rapide gesunken und Löw tut gerade sehr viel dafür, auch noch die letzten Getreuen zu verlieren. Denn unterm Strich ist fast nichts besser geworden in der Nationalmannschaft, gleichzeitig aber zeigt sich der 60-Jährige kritikresistent und realitätsfremd.

Fußballerisch jedenfalls gab es seit dem Debakel in Russland nur wenige Lichtblicke wie den 3:2-Sieg in den Niederlanden, hingegen zahlreiche weitere Rückschläge. Vor allem aber geht von Löw und seiner DFB-Auswahl keine Aufbruchstimmung mehr aus wie einst vor der WM 2006, das Interesse ist auf einen Tiefstand wie zu Rumpelfußball-Zeiten gesunken.

Das liegt vor allem daran, dass die Mannschaft meist fehlerhaft, uninspiriert sowie beinahe lustlos auftritt und Siege zuletzt in unschöner Regelmäßigkeit in den Schlusssekunden noch herschenkte - selbst das 2:1 gegen die aktuell international zweitklassigen Ukrainer wurde daher zur Zitterpartie.

Sicherlich, Löw kann nichts für die Folgen der Corona-Pandemie, wegen der er auf gemeinsames Training weitgehend verzichten, Spieler schonen und andere ohne viel Erfahrung ins kalte Wasser werfen muss. Aber fragwürdige taktische Maßnahmen und nicht nachvollziehbare Personalentscheidungen machen den Bundestrainer angreifbar. Vor allem aber müsste er öffentlich dem Eindruck vehement entgegentreten, dass ihm diese Negativentwicklung egal ist.

Doch das Gegenteil ist der Fall: Kritik nehme er nicht allzu ernst, sagte er dieser Tage, die fehlende Identifikation mit dem Nationalteam sei momentan "ganz normal" und ohnehin zählt für ihn offenbar nur die EM-Endrunde im nächsten Sommer. Oder mit Löws Worten: "Ich stehe über den Dingen."

Deutlicher hätte er kaum ausdrücken können, wie weit er mittlerweile der Realität entrückt ist. Tatsache ist, dass sich die Mannschaft unter ihm nicht mehr weiterentwickelt. Einsicht wäre da bekanntlich der erste Schritt zur Besserung. Darauf wartet man bislang aber vergeblich und wenig spricht dafür, dass sich das ändern wird.

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