DFB-Team - Die "lebende Legende" Toni Kroos: Mehr Chef denn je

Toni Kroos befindet sich in großartiger Form.
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Nach der desaströsen WM in Russland wurde auch über einen Rücktritt von Toni Kroos aus der deutschen Nationalmannschaft spekuliert. Dass der Mittelfeldspieler weitermachte, erwies sich im Laufe der EM-Qualifikation als goldrichtig. Sieben Monate vor seinem möglicherweise sogar letzten großen Turnier ist er mehr Chef denn je.

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In der spanischen Presselandschaft übertreiben sie ja ganz gerne mit ihren Superlativen. "Antonio", wie sie Toni Kroos schon seit ein paar Jahren liebevoll nennen, wird dieser Tage gefeiert wie ein Heiliger. Von "Der beste Deutsche, den Real Madrid je hatte" bis "Die lebende Legende Kroos" darf sich der 29 Jahre alte Mittelfeldspieler allerlei Lobpreisungen erfreuen.

Wenn man ihm seit Saisonbeginn bei seiner Arbeit zusieht, ist das allerdings nicht allzu weit hergeholt. Kroos macht nicht nur bei Real als Denker und Lenker von sich reden - auch in der deutschen Nationalelf präsentiert er sich nach einer eher durchwachsenen Phase im Spätsommer mittlerweile eines Führungsspielers würdig.

Kroos blüht einmal mehr in der Chefrolle auf

So auch am Dienstag in der Frankfurter Commerzbank-Arena beim Länderspieljahresabschluss gegen Nordirland (6:1), als er zwar nicht wie drei Tage zuvor im Duell mit Weißrussland einen Doppelpack erzielte, aber in der Chefrolle aufblühte.

Kroos - zum zweiten Mal in seiner Länderspiellaufbahn von Beginn an Kapitän - spielte mit 150 Pässen die meisten im Team von Joachim Löw. Rund 91 Prozent davon landeten bei seinen Mitspielern. Und dabei handelte es sich keineswegs um Pässe der Marke "Querpasstoni". Der Mann mit der Nummer 8 spielte Pässe, die in Torchancen mündeten. Verlagerte die Seiten mit klugen Diagonalbällen. Mit dem Selbstverständnis eines viermaligen Champions-League-Siegers.

"Toni hat einfach eine überragende Orientierungs-Fähigkeit auf dem Platz, er führt die Mannschaft an", lobte der Bundestrainer seinen Liebling schon nach dem Weißrussland-Spiel und kam auch auf den Menschen Kroos zu sprechen, der "ein riesiges Vorbild" für die neu formierte Mannschaft nach dem Umbruch sei. "Er arbeitet vor und nach dem Training für sich, ist top-professionell. Natürlich erkennen das die jungen Spieler", sagte Löw.

Kroos fühlt sich bei Real wohler denn je

Kroos selbst wollte nicht ausführlich über sich sprechen - auch nach dem Nordirland-Spiel nicht. Man habe ein "sehr gute Leistung" geboten, auf die man "definitiv aufbauen" könne, meinte er. Mit der Erfahrung von 96 Länderspielen verwies er aber auf die Qualität des Gegners und prophezeite: "Die nächsten beiden Testspiele im März werden zeigen, wo wir stehen, weil es gegen stärkere Mannschaften geht."

Eine davon ist Spanien, wie der Verband wenige Minuten nach dem Abpfiff des letzten Länderspiels 2019 bestätigte. Diversen Medienberichten zufolge könnte das Duell im altehrwürdigen Santiago Bernabeu in Madrid ausgetragen werden. Dort, wo sich Kroos besonders wohlfühlt. Wohler fühlt denn je, um genau zu sein.

Nicht grundlos verlängerte er vor der Saison seinen Vertrag in Madrid vorzeitig bis 2023. Es war eine Art Vertrauensbeweis des Vereins und des Trainers Zinedine Zidane, da Kroos im Zuge der zurückliegenden titellosen Spielzeit der Königlichen immer wieder stark in der Kritik gestanden hatte. Stichwort Dieseltraktor.

Zinedine Zidane (r.) ist von Toni Kroos begeistert.
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Zinedine Zidane (r.) ist von Toni Kroos begeistert.

Zidane: "Wir wissen, wie wichtig Toni für uns ist"

"Wir alle wissen, wie wichtig Toni für uns ist", stellte Zidane mehrmals klar und gewährte ihm mit Saisonbeginn sogar eine offensivere Rolle in seinem 4-3-3.

Kroos agiert bei Real nun zwar wie bei der Nationalmannschaft noch immer auf der halblinken Achter-Position, wird von dem brasilianischen Zweikampf-Experte Casemiro und dem uruguayischen Durchstarter Federico Valverde aber so gut abgesichert, dass er bei eigenem Ballbesitz häufiger in Sechzehnernähe auftauchen darf als zuvor. Dank seiner präzisen Schusstechnik gelangen ihm in 14 Partien für den spanischen Rekordmeister bereits drei Treffer, zudem bereitete er drei weitere vor.

"Mein Spiel ist definitiv ein Level höher als letztes Jahr, vom Gefühl her sogar noch besser als vorher, und die Jahre waren ja schon recht erfolgreich", kommentierte Kroos seine Verfassung vor den Länderspielen gegenüber Real Total und gestand ein, er habe während der Sommerpause neue Motivation geschöpft.

Der Titelexperte will es noch einmal wissen. Vielleicht auch deshalb, weil er in sieben Monaten möglicherweise sein letztes großes Turnier mit Deutschland bestreitet. Kroos, Familienmensch durch und durch, ließ nämlich schon mehrfach verlauten, dass er sich einen Abschied nach der EM vorstellen könne, um mehr Zeit mit seiner Frau und seinen Kindern zu verbringen.

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